Christus Leben
► Einzug des Christus in die Erdenaura

Was da vorging beim Durchpreßtwerden der drei Leiber des Jesus mit der Christus-Wesenheit, das war für die Christus-Wesenheit höchster Schmerz. Es wird nach und nach für die Menschheit notwendig sein zu begreifen, daß in der Tat, um von Golgatha an die Erdentwickelung fortzuführen, diese Christus-Wesenheit durch den Schmerz einziehen mußte in die Erdenaura, und verbunden mit diesem Christus-Schmerz wird die Menschheit ihr Schicksal fühlen müssen. Immer konkreter wird werden müssen die Verbindung der Menschheit mit dem Christus-Schmerz. Dann wird man erst verstehen, wie in der Erdenaura dieser Schmerz in verjüngenden Kräften weiterwirkte für die Erdentwickelung seit dem Mysterium von Golgatha. [1]

Das Blut gehört ja zu den physischen Substanzen des Leibes, und für den gewöhnlichen Menschenleib gehört es zu dem, was sich mit dem Tode physisch auflöst in die Elemente. Das war nicht der Fall, wenigstens nicht bei dem Teile des Blutes des Christus Jesus, der auf Golgatha aus den Wunden zur Erde floß. Dieser Teil des Blutes ätherisierte sich, wurde wirklich aufgenommen von den Ätherkräften der Erde, so daß das Blut, das damals aus den Wunden floß, zur Äthersubstanz wurde. Und diese Äthersubstanz erglänzt, erhellt, erflimmert in dem Ätherleibe und – man empfindet es so nach dem Tode – zeigt sich so, daß der Mensch weiß: Da ist frisch keimendes Leben, welches den Menschen lebensfähig der Zukunft entgegenführt. Noch von einer anderen Seite kommen die Ingredienzien in den Ätherleib hinein, was uns zeigen kann, wie frischkräftiges Leben dadrinnen ist. Ein wellenartiges Erdbeben fand statt mit einer Spaltung der Erde. In diesen Spalt fiel der Leichnam des Christus Jesus hinein. Was da von dem Erdspalt aufgenommen worden ist, das durchdrang dasjenige, was wir das in der Äthersubstanz erflimmernde und erglitzernde Blut genannt haben, und dadurch wird das Blut im Ätherleib sichtbar. Und dieser Anblick gibt die Gewißheit: Die Menschheit geht nicht zugrunde, sondern lebt als geistiger Inhalt der Erde weiter, wenn das Physische der Erde abfällt, wie der einzelne menschliche Leichnam von dem Geistigen des Menschen abfällt. [2]

Was muß seine Bedeutung in diesen engen Grenzen verlieren, wenn sich die ganze Menschheit zum Bruderbund erweitern soll? Das Blut. Nicht mehr kann vom Blute das abhängen, was auf das Ich wirkt, was in dem Ich pulsiert, wenn die ganze Menschheit zum Bruderbunde reif geworden ist. Daher muß durch Christi Wunden das überflüssige Ich-Blut, dasjenige Blut, welches macht, daß die Menschheit nicht ihr Ich zum universellen Ich erweitert, das muß fließen als selbstsüchtiges Blut, als egoistisches Blut. [3]

Durch die Kreuzigung vereinigte sich das Phantom des Jesus von Nazareth mit dem, was in der Erde ätherisch lebte von all den luziferisch infizierten Ätherleibern, die natürlich ausgestreut waren und sich verdünnt und aufgelöst hatten, aber eben in ihren Kräften da waren. [4] Als Christus Jesus ans Kreuz geschlagen worden war, trat eine weit über die Gegend sich ausbreitende Verfinsterung ein. Aus der Akasha-Chronik war bisher noch nicht zu konstatieren, woher sie gekommen ist, ob sie irdischen oder kosmischen Ursprungs war. Für das Stück Erdenaura, wo die Verfinsterung (bei einer Sonnenfinsternis) am größten ist, große Veränderungen vor sich gehen. Und durch ein solcherart beeinflußtes Stück Erdenaura floß der Christus-Impuls damals in die Erdentwickelung ein, als der Christus Jesus am Kreuze starb. [5]

Vorher zeigt uns der Astralleib der Erde bestimmte Farben, und nachher zeigt er uns andere Farben. Als das Blut aus den Wunden des Christus Jesus floß, veränderte sich der ganze Astralleib der Erde. Seit jener Zeit ist die Erde als planetarischer Körper der Leib des Christus. [6] Die Folge davon war, daß nun die Äther- und Astralsphäre der Erde ganz substantiell durchzogen wurde von der Christus-Wesenheit. Diese Christus-Substanz geht bis zur Äthersphäre der Erde herab und kann in aller Zukunft gefunden werden in der Äthersphäre der Erde; niemals aber bis zur physischen Verdichtung in einem fleischlichen Leibe herabgehen könnte. [7]

Dasjenige, was wir den Logos nennen, das ist die Summe der sechs Elohim, die mit der Sonne vereinigt sind, die also die Erde mit ihren Gaben geistig beschenken, während äußerlich das Sonnenlicht auf die Erde niederfällt. So erschien uns das Licht der Sonne als der äußere physische Leib für Geist und Seele der Elohim oder des Logos. In dem Moment, da das Ereignis von Golgatha geschah, hat die Kraft, der Impuls, der früher nur von der Sonne der Erde zuströmen konnte im Lichte, angefangen, sich mit der Erde selbst zu vereinigen, dadurch ist die Aura der Erde eine andere geworden. [8] Seit dem Ereignis von Golgatha hat die Erde, geistig betrachtet, die Kraft wieder in sich, die sie wieder mit der Sonne zusammenführen wird. [9]

Das Christentum predigen heißt, in dem Christus den Geist sehen, den wir eben charakterisiert haben als den Regenten der Sonne, der in dem Moment, als das Blut floß auf Golgatha, seine Arbeit auf die Erde verlegte und dadurch die Erde miteinbezogen hat in die Arbeit der Sonne. [10]

Was spielt sich im einzelnen Menschen individuell ab, wenn er wirklich die Initiationserfahrung durchmacht? Dasjenige, was mit ihm geboren wird, was die vererbten Eigenschaften trägt, was im gewöhnlichen Sinne des Wortes heranerzogen werden kann durch die gewöhnliche Erziehung, das geht ins Unbewußte hinunter. Das stirbt ab, wird abgelähmt, und aus den Tiefen der Seele heraus aufersteht des Menschen höheres Ich, dasjenige Ich, das nicht angehört dieser physischen Welt, das aber berufen ist, eine Mission auszuüben in dieser physischen Welt. Das, was da im Inneren des Menschen vorgeht, das ist ein individueller Vorgang, ein Auferstehen des besseren, des höheren Selbstes des Menschen. Vorher hat er in seinem Bewußtsein dieses höhere Selbst nicht. Denken wir uns diesen Vorgang ausgedehnt auf die ganze Erde: Denken wir uns die ganze Erde als eine Art von bewußtem Lebewesen, wie es ja auch ist in Wirklichkeit, dann muß man sagen: Bis zu dem Mysterium von Golgatha im Laufe der geschichtlichen Entwickelung der Menschheit hatte diese Erde ihr höheres Selbst nicht, denn dieses höhere Selbst ist eben nicht mit dem, was aus der Erde heraus sich entwickelt hat, in die Erde eingezogen, lebte also auch nicht in der alten heidnischen Weisheit, auch nicht in der jüdischen Weisheit, lebte überhaupt nicht mit der Erde. In dem Menschen Jesus von Nazareth wohnte nun dieses höhere Selbst der Erde, zog ein durch die Johannes-Taufe im Jordan und ist seit dem Vollzuge des Mysteriums von Golgatha wirksamer Impuls im Erdenleben. Das Erdenleben hat dadurch sein höheres Selbst bekommen. Man kann also sagen: Mikrokosmisch spielt sich ein gewisser innerer spezieller Vorgang in denjenigen Menschen ab, die ihn anstreben und haben wollen; makrokosmisch ist derselbe Vorgang durch das Mysterium von Golgatha für die Erde gegeben. Damit ist aber noch etwas anderes gegeben. Zum Begreifen des Mysteriums von Golgatha gehört ein anderes Wissen, eine andere Erkenntnis, als diejenige ist, welche der Mensch durch die Anschauung der äußeren Natur gewinnt, welche der Mensch erhält, indem er sich im gewöhnlichen Leben umschaut. Es ist eine Umwandelung des Menschen nötig. Und der umgewandelte Mensch kann dann eine Art von Wissen erlangen, durch das er das Mysterium von Golgatha begreift. [11]

Wer nicht will das Mysterium von Golgatha ohne historische Dokumente durch geistiges Verständnis unserer Erdentwickelung begreifen, der soll es nicht begreifen. Das ist der Wille, man kann schon sagen, der Wille der Götter. Die Menschheit soll mit Bezug auf die wichtigste Erdenangelegenheit gezwungen sein zur Spiritualität. [12] (Siehe auch: Christus-Impuls).

Dieses Mysterium hat sich hingestellt in die Menschheitsentwickelung als etwas, was übersinnlich ist, so daß für den Menschen ferner die Wahl liegt: Entweder glaubst du an dieses Übersinnliche, näherst dich ihm aber nur erkennend auf übersinnliche Weise, oder du verfällst in alle jene Anschauungen, die sich ergeben müssen, wenn du Tod und vererbte Merkmale als der Sinnenwelt angehörig betrachtest. – Daher sind Ingredienzien einer wahren Anschauung über das Mysterium von Golgatha: die Auferstehung, die nicht gedacht werden kann ohne ihren Zusammenhang mit der Conceptio immaculata, geboren nicht in der Art, wie durch die Geburt eine Tatsache der Menschheit vorgespiegelt wird, sondern auf übersinnliche Weise, und durch den Tod gegangen auf übersinnliche Weise.184.249 Das Ereignis von Golgatha ist eine freie kosmische Tat, die der Welten-Liebe entstammt und nur durch Menschen-Liebe erfasst werden kann. [13]

Zitate:

[1]  GA 148, Seite 278   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[2]  GA 148, Seite 204f   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[3]  GA 96, Seite 268   (Ausgabe 1974, 350 Seiten)
[4]  GA 165, Seite 75   (Ausgabe 1981, 240 Seiten)
[5]  GA 148, Seite 280f   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[6]  GA 98, Seite 125f   (Ausgabe 1983, 272 Seiten)
[7]  GA 129, Seite 88   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[8]  GA 103, Seite 128   (Ausgabe 1962, 224 Seiten)
[9]  GA 103, Seite 130   (Ausgabe 1962, 224 Seiten)
[10]  GA 101, Seite 275   (Ausgabe 1987, 288 Seiten)
[11]  GA 198, Seite 232f   (Ausgabe 1984, 320 Seiten)
[12]  GA 182, Seite 25   (Ausgabe 1976, 190 Seiten)
[13]  GA 26, Seite 176   (Ausgabe 1976, 270 Seiten)

Quellen:

GA 26:  Anthroposophische Leitsätze. Der Erkenntnisweg der Anthroposophie – Das Michael-Mysterium (1924/1925)
GA 96:  Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft. Christliche Esoterik im Lichte neuer Geist-Erkenntnis (1906/1907)
GA 98:  Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt (1907/1908)
GA 101:  Mythen und Sagen. Okkulte Zeichen und Symbole (1907)
GA 103:  Das Johannes-Evangelium (1908)
GA 129:  Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen (1911)
GA 148:  Aus der Akasha-Forschung. Das Fünfte Evangelium (1913/1914)
GA 165:  Die geistige Vereinigung der Menschheit durch den Christus-Impuls (1915/1916)
GA 182:  Der Tod als Lebenswandlung (1917/1918)
GA 198:  Heilfaktoren für den sozialen Organismus (1920)