Spiritualität mitteleuropäische

Wenn wir heute davon sprechen, wie in einer gewissen rein ideellen Form in der Goethe-, Schelling- und Fichte-Zeit ein tieferes Streben zum Vorschein kam, so muß man sich auch darüber klar sein, daß dieses tiefere Streben wurzelt in mittel-europäischen Okkultismen, in einer mitteleuropäischen okkulten Entwickelung. In diese Strömung der mitteleuropäisch-okkulten Entwickelung kam zunächst auch wirklich durch einen guten Vorgang Helena Petrowna Blavatsky hinein, so daß zunächst dasjenige, was, ich möchte sagen, durch die unterirdischen Kanäle der menschlichen Persönlichkeit heraufkam in das psychische Leben der Blavatsky, durchtränkt wurde von dem, was da lebte durch das spätere Mittelalter hindurch an Okkultismus innerhalb Mitteleuropas.

Für denjenigen, der die Dinge kennt, wie sie sind, ist es ganz klar, wenn er irgend etwas nimmt von Wynn-Westcott, oder von denjenigen englischen Okkultisten, die etwas wissen, sogar wenn er intimer verfolgt die Schriften von Laurence Oliphant, worum es sich beim Produzieren dieser englischen okkulten Literatur handelt: daß man sich anschickt, demjenigen, was in Mitteleuropa erzeugt worden ist und was zunächst zurücktreten mußte in Mitteleuropa, weil eine mehr materielle Entwickelung Platz griff, ein englisches, ein westeuropäisches Gewand zu geben. Es ist ja deshalb, ich möchte sagen, so hoffnungslos betrübend, wenn man immer wieder und wiederum sah, wie gewisse Deutsche sich gar nicht genugtun konnten, darauf hinzuweisen, wie «englisch» eigentlich alles wirkliche okkultistische Streben sein müsse, und daß man da soviel wie möglich herübernehmen müsse. Die Leute wissen eben nicht, daß das, was aus mittelalterlichem Deutschtum gekommen ist, nach dort hinübergetragen worden ist und daß sie es jetzt wiederum im englischen Gewande zurücktragen. Man könnte sogar niedliche Forschungen anstellen: Sehr niedliche Forschungen würden sich zum Beispiel ergeben, wenn man englische okkulte Werke übersetzen und dann neben die Übersetzung dasjenige legen würde, was in einer viel gründlicheren, ernsteren Weise als mittelalterliche deutsche okkultistische Literatur vorhanden ist. Wenn man die zwei Dinge zusammenlegen würde, da würden sich groteske Dinge ergeben! Es würde sich nämlich ergeben, daß sehr spirituelle Dinge innerhalb der mitteleuropäischen Entwickelung nur mit einer Art von Schutt zugedeckt sind, und daß die wiederum zurückgetragen werden, von britischem Materialismus durchtränkt, ohne daß man weiß, daß sie zuerst von Mitteleuropa dort hinüber-getragen worden sind. [1]

Zitate:

[1]  GA 174a, Seite 112ff   (Ausgabe 1982, 308 Seiten)

Quellen:

GA 174a:  Mitteleuropa zwischen Ost und West (1914-1918)