Angeloi

(Andere Bezeichnungen: Geister des Zwielichtes: Engel, Lunar Pitris). [1] Die Angeloi haben kein Eigenleben, ihr Eigenleben ist Offenbarung, ist da für alle Welt, und sobald sie nicht sich selber offenbaren, ist in ihrem Inneren das in sie hineinleuchtende Leben der höheren Hierarchien. [2] Wir können unsere eigenen Fortschritte, die wir machen dadurch, daß wir Mystik nennen, denn diese Fortschritte sind zunächst innere Fortschritte der Seele. In dem Augenblick, in dem man sich entwickelt hat zum Wahrnehmen der aus der geistigen Welt herabschauenden Milde, in diesem Augenblick ist man objektiv in der Welt der Angeloi drinnen, es offenbart sich die Welt der Angeloi. [3] Diese Wesenheiten kann man in ihrer Geistigkeit erkennen, und man muß wissen, wenn man ihnen als Maler und dergleichen Gestall gibt, daß sie diese sinnliche Gestalt nur dadurch haben, daß sie in die seelisch-geistigen Elemente eingewoben sind, in die Wesenheit der höheren Hierarchien. Wir müssen wissen, wenn wir ihnen zum Beispiel Flügel malen, daß diese Flügel von den Wesenheiten der zweiten Hierarchie sind, die ihnen ihre Substantialität leihen, daß sie aber ein Haupt von der ersten Hierarchie erhalten, die ihnen diese Gestaltung und deren Inhalt leihen. Wir müssen uns nur durchaus bewußt sein, daß wir das, was innerhalb der dritten Hierarchie ist – Angeloi, Archangeloi, Archai –, nur im Geiste erblicken können. Das hat eine ungeheuer große historische Bedeutung, weil Sie, wenn Sie Schriften aus alter Zeit übernehmen, die sozusagen intim von diesen geistigen Welten handeln, diese überhaupt nicht lesen können, ohne sich des Umstandes bewußt zu sein, daß durch das Hineinleben in die geistige Welt wir zunächst gewissermaßen die niedrigste Hierarchie auf geistige Art wahrnehmen, während wir die höheren Hierarchien noch mit den Ingredienzien der Sinneswelt wahrnehmen. [4]

Für denjenigen, der mit hellseherischem Blick die Welt betrachtet, ist das, was man als flüssiges Element kennt, besonders das Wasser, nicht etwa nur von den Wesenheiten belebt und durchsetzt, die wir als Wasserwesen, Fische und so weiter kennen; sondern ein solcher weiß, daß trotz der sozusagen verfließenden Gestalt des Flüssigen, trotzdem keine feste Form in diesem wässerigen Element festgehalten wird, daß trotzdem geistige Wesenheiten darin wohnen. Und zwar wohnen sie darin richtig verkörpert in dem wäßrigen Element, in verfließender, fortwährend sich verändernder Gestalt, die man deshalb auch mit dem äußeren Auge nicht unterscheiden kann. Da leben sie die Angeloi. Sie haben wirklich ihren «physischen Leib» so, daß er nicht eine festumrissene Körperlichkeit darstellt. [5] Die Angeloi, die eine Stufe höher stehen als die Menschen, unterscheiden sich von den Menschen dadurch, daß für ihre Wahrnehmung das Mineralreich nicht vorhanden ist. Ihr Wahrnehmungsvermögen beginnt beim Pflanzenreich und umfaßt dann weiter das Tier-, Menschen- und Angeloireich, ihr eigenes Reich. Innerhalb dieser 4 Reiche spielt sich das Leben der Angeloi ab. Das, was der Mensch als Mineral wahrnimmt als eine Raumausfüllung, ist für diese Wesenheiten ein leerer Raum, ein ausgesparter Raum. [6] Die Sinnesorgane sind da zum Wahrnehmen, nehmen sich selbst aber nicht wahr. So geht es den Angeloi mit der mineralischen Welt. Die Sinnesorgane der Angeloi sind unsere Edelsteine. Wie der Mensch seinen Gefühlssinn, seinen Tastsinn hat, so haben auch diese Wesenheiten ihren Gefühlssinn, und der drückt sich aus im Karneol, ihr Gesichtssinn im Chrysolith. Sie nehmen eben in der mineralischen Welt nicht wahr, weil ihre Sinnesorgane darin sind. Selbst davon finden wir bei den alten Völkern ein dunkles Bewußtsein; sie schreiben den Edelsteinen eine bestimmte Wirkung zu. Diese kommt daher, weil die Angeloi in ihnen anwesend sind. [7]

Diese Angeloi nehmen Verschiedenes wahr von dem, was wir Menschen vollbringen, gewiß auch von dem, was zugrunde liegt unseren Taten und Handlungen. Wir sind für sie Objekte der Wahrnehmung. Aber unter anderem ist etwas besonders wichtig, was sie an uns wahrnehmen: das ist die ganze Art des Sprechens. [8] Sehen Sie, wenn man als Mensch spricht, so achtet man ja nicht – und das liegt in dem unbewußten Charakter des Sprechens – auf die innere Kraft eines Buchstabens, eines Lautes. Für die Region der Angeloi ist das aber bewußt. Für uns liegt der Laut außerhalb unseres Bewußtseins, ist kein unmittelbares Erleben; für das Bewußtsein der Angeloi ist der Laut aber unmittelbares Erleben. [9] Es ist sehr schwierig, gleich zu durchschauen das Bewußtsein der Angeloi. Sehen Sie, wenn man als Mensch etwas tun will, dann überlegt man, wie das, was man tun will, sein soll. Nicht so bei den Angeloi. Bei den Angeloi liegt alles in der Absicht. Nur beim Künstlerischen, wenn man das Künstlerische aber menschlich nimmt, da kann man sich diesem Bewußtsein angenähert fühlen. Denn Sie werden immer finden, daß, wenn der Künstler also die Sache menschlich nehmen kann, dann kann er unter Umständen dasjenige, was ihm sogar mißlungen ist, für mehr wert halten als das, was ihm in der Weise gelungen ist, daß er es gerade so ausgeführt hat, wie es hätte werden sollen. Da nähert man sich ein wenig dem außerordentlich schwer Denkbaren, daß beim Bewußtsein der Angeloi, beim Wollen der Angeloi alles ankommt auf die Absichten, und daß diese Absichten in der verschiedensten Weise, ja sogar in der entgegengesetztesten Weise sich auf dem physischen Plane realisieren können. Das heißt, wenn sich ein Angelos etwas vornimmt, so nimmt er sich etwas ganz Bestimmtes vor, aber nicht so, daß er sagt: Auf dem physischen Plane muß es so und so aussehen. Das wird er erst wissen, wenn es da ist. Sogar bei den Elohim ist ein solches der Fall. Die Elohim schufen das Licht und sie sahen, daß das Licht gut war. [10] Das Ergründen in dem Sinne, wie es hier auf Erden geschieht, das gibt es für die Angeloi gar nicht; sie schauen an, weil jedem auch zugeteilt ist etwas von der Schaukraft des Michael. [11]

Zitate:

[1]  GA 11, Seite 175   (Ausgabe 1955, 252 Seiten)
[2]  GA 136, Seite 98   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[3]  GA 154, Seite 94   (Ausgabe 1973, 142 Seiten)
[4]  GA 346, Seite 248   (Ausgabe 1995, 343 Seiten)
[5]  GA 105, Seite 65f   (Ausgabe 1983, 208 Seiten)
[6]  GA 98, Seite 222   (Ausgabe 1983, 272 Seiten)
[7]  GA 98, Seite 225   (Ausgabe 1983, 272 Seiten)
[8]  GA 162, Seite 116f   (Ausgabe 1985, 292 Seiten)
[9]  GA 162, Seite 120   (Ausgabe 1985, 292 Seiten)
[10]  GA 166, Seite 96f   (Ausgabe 1982, 142 Seiten)
[11]  GA 272, Seite 204   (Ausgabe 1981, 336 Seiten)

Quellen:

GA 11:  Aus der Akasha-Chronik (1904/1908)
GA 98:  Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt (1907/1908)
GA 105:  Welt, Erde und Mensch, deren Wesen und Entwickelung sowie ihre Spiegelung in dem Zusammenhang zwischen ägyptischem Mythos und gegenwärtiger Kultur (1908)
GA 136:  Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen (1912)
GA 154:  Wie erwirbt man sich Verständnis für die geistige Welt?. Das Einfließen geistiger Impulse aus der Welt der Verstorbenen (1914)
GA 162:  Kunst- und Lebensfragen im Lichte der Geisteswissenschaft (1915)
GA 166:  Notwendigkeit und Freiheit im Weltengeschehen und im menschlichen Handeln (1916)
GA 272:  Geisteswissenschaftliche Erläuterungen zu Goethes «Faust» Band I: Faust, der strebende Mensch (1910-1915)
GA 346:  Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, V. Apokalypse und Priesterwirken (1924)