Wasser

Wenn man vom Wasser sprach wie etwa Thales von Milet, so meinte man etwas Geistiges. [1] Wasser ist Maya, und es wäre nicht da in der Welt, wenn nicht geistig zugrunde läge Verzicht oder Resignation. Überall, wo Wasser ist in der Welt, ist Götterverzicht, ist Resignation irgendwelcher Wesenheiten auf das, was sie von anderen Wesenheiten erhalten. Wasser entsteht erst auf dem (alten) Monde, auf der Sonne gab es noch kein Wasser. Was wir während der alten Sonnenentwickelung als sich ballende Wolkenmassen sehen, das gerinnt, indem es sich ineinanderdrängt zu einem Dichteren, zum Wasser, das auf dem Monde auftritt, dem Mondenmeere. [2] (Siehe auch: Böse).

Ebenso nun wie des Menschen physisches Dasein innig zusammenhängt mit den Geistern der Erde, so hängt zusammen das Seelische des Menschen, das sich wie natürliches, temperamenthaftes, charakterhaftes seelisches Dasein des Menschen bekundet, mit alledem, was als wässeriges Element, als flüssiges Element auf der Erde lebt. Es müssen also Geister des wässerigen, des flüssigen Elementes hereinwirken in diese Seelen. [3]

Für denjenigen, der mit hellseherischem Blick die Welt betrachtet, ist deshalb das, was man als flüssiges Element kennt, besonders das Wasser, nicht etwa nur von den Wesenheiten belebt und durchsetzt, die wir als Wasserwesen, Fische und so weiter kennen; sondern ein solcher weiß, daß trotz der sozusagen verfließenden Gestalt des Flüssigen, trotzdem keine feste Form in diesem wäßerigen Element festgehalten wird, daß trotzdem geistige Wesenheiten darin wohnen. Und zwar wohnen sie richtig darin verkörpert in dem wäßrigen Element, in verfließender, fortwährend sich verändernder Gestalt, die man deshalb auch mit dem äußeren Auge nicht unterscheiden kann. Da leben sie, diese Wesenheiten, die wir als Angeloi bezeichnet haben. Sie haben wirklich ihren physischen Leib so, daß er nicht eine festumrissene Körperlichkeit darstellt. [4] Wenn Sie einen Angelos aufsuchen wollen, dann müssen Sie berücksichtigen, daß sein Physisches hier unten nur etwas ist, wie ein Spiegelbild seiner geistigen Prinzipien, die auch nur im Geistigen zu schauen sind. Im fließenden und rieselnden Wasser, in dem sich in Dunst auflösenden Wasser, ferner in den Winden der Luft und in den durch die Luft zuckenden Blitzen und dergleichen, da haben Sie den physischen Körper der Angeloi zu suchen. Der Mensch soll alle seine Prinzipien in sich abgeschlossen entwickeln; damit hängt es zusammen, daß er sich nicht vorstellen kann, daß ein physischer Leib verschwimmend, verschwebend sein kann, daß er gar nicht einmal richtig abgeteilt zu sein braucht. Sie müssen sich durchaus denken, daß 80 Angeloi zusammengehören, die in einer einzigen Partie dieser oder jener Wasserfläche den dichtesten Teil ihres physischen Leibes haben. Es braucht auch gar nicht dieser physische Leib der Angeloi so aufgefaßt zu werden, daß er überhaupt begrenzt sein müßte, es kann hier ein Stück Wasser dazu gehören, weit weg ein anderes Stück. Kurz, wir sehen, daß wir uns alles, was uns umgibt als Wasser, Luft und Feuer der Erde, daß wir uns das vorzustellen haben als in sich enthaltend die Körper der nächsten über dem Menschen stehenden Hierarchie. [5] Das Wasser hat ursprünglich, im Anfange, die Wiedererneuerungskraft für dasjenige, was sich dem Untergange neigt. Also es lebt in dem Wasser die Kraft ewiger Erneuerung. [6] (Weiteres dazu siehe: Taufe).

Zitate:

[1]  GA 125, Seite 224   (Ausgabe 1973, 278 Seiten)
[2]  GA 132, Seite 50f   (Ausgabe 1979, 102 Seiten)
[3]  GA 158, Seite 62   (Ausgabe 1993, 234 Seiten)
[4]  GA 105, Seite 65   (Ausgabe 1983, 208 Seiten)
[5]  GA 110, Seite 112f   (Ausgabe 1981, 198 Seiten)
[6]  GA 343, Seite 618   (Ausgabe 1993, 674 Seiten)

Quellen:

GA 105:  Welt, Erde und Mensch, deren Wesen und Entwickelung sowie ihre Spiegelung in dem Zusammenhang zwischen ägyptischem Mythos und gegenwärtiger Kultur (1908)
GA 110:  Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt. Tierkreis, Planeten, Kosmos (1909)
GA 125:  Wege und Ziele des geistigen Menschen. Lebensfragen im Lichte der Geisteswissenschaft (1910)
GA 132:  Die Evolution vom Gesichtspunkte des Wahrhaftigen (1911)
GA 158:  Der Zusammenhang des Menschen mit der elementarischen Welt. Kalewala – Olaf Åsteson – Das russische Volkstum – Die Welt als Ergebnis von Gleichgewichtswirkungen (1912-1914)
GA 343:  Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II. Spirituelles Erkennen – Religiöses Empfinden – Kultisches Handeln (1921)