Ätherleib nach dem Tode

Es beginnt gleich nach dem Moment des Todes ein Abglimmen, ein Immer-Schwächer-werden der Eindrücke, die noch von dem Besitz des Ätherleibes herrühren. [1] Aber man kann nicht lange den Ätherleib an sich behalten nach dem Tode, denn dieser Ätherleib hängt ja eigentlich zusammen mit dem ganzen Kosmos; er will sich immer in den Kosmos ausbreiten. Wenn wir im Leben für einen Augenblick unseren physischen Leib verlieren würden, würde sogleich der Ätherleib wie durch eine elastische Kraft die Tendenz bekommen, sich in den ganzen Kosmos aufzulösen. Und nur durch den physischen Leib, in dem dieser Ätherleib immer drinnen bleibt, wird er während des Lebens zusammengehalten. [2]

Indem wir so unseren Ätherleib dem Kosmos übergeben, indem er sich verdünnt, erweitert, ist es, wie wenn wir ergreifen würden nach dem Tode die Geheimnisse der Sterne, wie wenn wir uns hineinleben würden in die Geheimnisse der Sterne. [3] Gleichzeitig mit dem Erinnerungsbilde (des ganzen verflossenen Lebens, siehe: Lebenstableau) empfindet der Mensch, daß er immer größer und größer wird. Die Bilder, die ihn umgeben, welche die Bilder des vergangenen Lebens sind, vergrößern sich ebenfalls. Wenn er einmal in Amerika war zum Beispiel, fühlt er sich hinauswachsen bis nach Amerika. Im Ätherleib empfindet der Mensch das Immer-größer-Werden. Im Astralleib fühlt er sich dagegen aufgestückelt in verschiedene einzelne Teile. [4]

Die wahre Gestalt des Ätherleibes nehmen wir wahr für kurze Zeit, nachdem wir durch des Todes Pforte gegangen sind. Da schauen wir zurück auf eine Bilderwelt, die also eine Welt webender Gedanken ist. Diese Bilderwelt ist die wahre Gestalt des ätherischen Leibes. Im Ätherleib haben wir etwas, was keimhaft ist, was zwar jetzt verschwindet wie der Keim der Pflanze, den wir in die Erde senken, aber der dann als Pflanze, als gestaltete Pflanze aufgeht. So nimmt der Kosmos, gleichsam unseren Ätherleib auflösend bis ins Unendliche, unseren Ätherleib auf. Aber alles das, was so im Kosmos aus menschlichen Ätherleibern gewoben wird, wird in ihm zu Kräften eines zukünftigen Jupiter-Tier-Pflanzenreiches. Wir denken uns, daß in einer Substantialität, die der heutigen Pflanzenwelt ähnlich ist, aber durchsetzt mit Empfindungsfähigkeit, sich ein Pflanzen-Tierreich entwickelt, welches gewissermaßen die zukünftige Erde oder den Jupiterplaneten umweben wird. Die Empfindung wird sein eine kosmische Empfindung, ein Wahrnehmen der den Jupiter umgebenden Vorgänge. [5]

(Solange der Ätherleib noch am Menschen ist, läßt dieser von dem Bewußtsein alles das erleben,) was an Lebensinhalt während des Erdenlebens geblieben ist, doch aber einen unterbewußten Eindruck auf die Seele gemacht hat. Diese Bilder verblassen nach wenigen Tagen bis zum Entschwinden. Wenn sie sich ganz verloren haben, so weiß der Mensch, daß er auch seinen Ätherleib abgelegt hat. [6] (Dann) wenn hingeflutet ist nach einigen Tagen das Tönen, dieses musikalische Wirken, dieses mild phosphoreszierende Leuchten, dieses wärmende Strömen, dasjenige, was zuerst wie ein stummes Tönen ist, das aber für den inneren Menschen wahrnehmbar ist, das wird immer lauter und lauter, indem es sich verbreitet, und es ist dann so, wie wenn man – gerade durch das Lauterwerden, das man nun als geistig-seelisches, aber für die Erde abgestorbenes Wesen nicht mehr vernehmen kann, weil man die physischen Ohren nicht hat, es müssen eben physische Ohren da sein – das immer Lauterwerden eben vernimmt wie ein Verglimmen der inneren ätherischen Musik. [7]

Wenn der Mensch nun stirbt, dann spaltet sich zunächst der Ätherkörper in zwei Glieder. Das eine Glied ist das, welches herstammt von der oberen Bildung und das nimmt der Mensch mit. Dagegen fällt der ganze übrige Ätherkörper ab, denn darüber kann der Mensch keine Herrschaft ausüben, das ist ihm zugefallen von außen. Darüber kann er erst eine Herrschaft ausüben, wenn er Geheimschüler geworden ist. Der Ätherkörper besteht also aus zwei Gliedern: aus dem Teile der menschlichen Natur, der damals vom Monde herübergekommen ist, und seinem (unteren) Gegenpol. Sie waren zuerst noch nicht miteinander verbunden, nachher näherten sie sich einander und verbanden sich. Das eine ist der Pol des Tierischen, das andere ist der Pol des Geistigen; diesen nennt man auch Mentalkörper. Dieser ist materiell Äther. [8] Wenn der Ätherleib nach dem Tode von dem Menschen losgelöst ist, so bleibt von ihm doch für alle spätere Entwickelung des Menschen noch etwas zurück, was man wie einen Extrakt oder eine Essenz desselben bezeichnen kann. Dieser Extrakt enthält die Früchte des verflossenen Lebens. Und er ist der Träger alles dessen, was während der geistigen Entwickelung des Menschen zwischen dem Tode und einer neuen Geburt sich wie ein Keim zum folgenden Leben entfaltet. [9] Die Zeit die der Ätherleib braucht zur Auflösung, ist sehr verschieden. Wenn ein Mensch uralt geworden ist im physischen Leben, also sozusagen ein normales Alter erreicht hat, dann hat er die Kräfte seines Ätherleibes verbraucht, und es löst sich dann dieser rasch auf. [10] In dem alten, noch nicht (durch das Leben) gejüngerten Ätherleib eines Frühverstorbenen da ist mehr Wille drinnen; direktes Willenselement, schöpferisches Liebeselement ist darinnen. Der Ätherleib eines jung verstorbenen Menschen strömt Liebe aus, warmes Ätherisches der Liebe. Der Ätherleib des altgewordenen Menschen strömt aus weisheitsvolles Aurisches, Lichtvolles. [11]

Zwischen den Ätherleibern von Altverstorbenen und Jungverstorbenen Seelen findet eine Wechselwirkung, ein gegenseitiger Austausch statt. Und die Leiter dieser Betätigung sind in der Region der Hierarchie der Angeloi zu finden. [12] Und wenn wir aufblicken zu besonders genialen Menschen, so ist die Genialität verdankt der Tatsache, daß Menschen auch jung sterben müssen, denn aus den frühen Toden Jungverstorbener entstehen die Keime für die seelischen Anlagen, welche die Menschheit in ihrer Fortentwickelung braucht. [13]

Dadurch daß wir ätherische Wesen sind, stehen wir in der elementarischen Welt, und ein bestimmtes System (siehe: Ätherleib-Gegenbild) steht in näherer Beziehung zu uns selber. Dieses System, das heißt diejenigen Ätherwesenheiten, die uns ja begleiten, sind auch diejenigen, die durch ihre Kräfte, weil sie in einer bestimmten Weise angeordnet sind, wenn wir durch die Pforte des Todes treten, unseren ätherischen Leib aus unserem physischen Leib zunächst herausziehen und ihn, also damit den Menschen selber, nunmehr in die elementarische Welt hineinversetzen. Der Mensch hat ihn abgelegt, diesen Leib, aber er steht in fortwährender Verbindung mit diesem abgelegten ätherischen Leib. Diese Beziehung, die der Mensch hat zu seinem elementarischen, zu seinem ätherischen Leibe, die kann sich auch fortsetzen bis in die physische Welt herunter. (Vergleiche: Tote – Hereinwirken der Toten in unsere Sphäre) [14] Es arbeiten an unserem Ätherleibe die Wesenheiten aus der Hierarchie der Angeloi, der Archangeloi und der Archai, und die lassen es nicht dazu kommen, daß das ganze Wesen des Ätherleibes sich in das Tierreich zersplittert. Was für uns Holz und Eisen der Erde ist, wenn wir es zu Maschinen verarbeiten, das sind unsere Ätherleiber für die Angeloi, Archangeloi, Archai. Sie arbeiten aus diesem Ätherleib heraus das, was in der geistigen Welt gebraucht wird. Dem Kosmos wird das Gewebe unseres Ätherleibes (eingefügt), das im wesentlichen zustande gekommen ist durch die Art, wie wir gedacht haben im Leben. Wir leben als Mensch nicht bloß für uns, wir leben als Mensch für den ganzen Kosmos. [15]

Der Ätherleib geht in die Ätherwelt über; aber so, daß er in die Ätherwelt hineinträgt, was er zwischen Geburt und Tod bekommen hat, so daß die Ätherwelt bereichert wird. Die Art und Weise, wie dieser Ätherleib aufgenommen wird in die Ätherwelt, kann am besten bezeichnet werden mit «Inbindung». Das heißt, das, was wir ihm gegeben haben, das wird hineingebunden, verbunden mit der gesamten Ätherwelt. [16] Wenn wir hinsehen auf der Menschen Gräber, so tönt uns zunächst nicht ein Erdenwort der Dankbarkeit entgegen, daß die Erde den Stoff, den sie hat hergeben müssen, um den Menschen zu bilden, wiederum zurückbekommen hat. (Dagegen) die Himmel tönen uns entgegen Dankbarkeit für alles dasjenige, was der Mensch während seines Lebens seinem Ätherleib bereitet hat. [17]

Das allerwenigste, das in unseren Gedanken lebt, kommt uns zum Bewußtsein, denn die Gedanken bedeuten noch viel anderes, als was uns zum Bewußtsein kommt, viel anderes, als was in unseren Seelen lebt. Während wir denken und unsere Gedanken erinnern, arbeiten gleichsam von außen nach ihrer Art, so wie sie unsere Gedanken brauchen können, die genannten Wesenheiten der höheren Hierarchie. Und das, was sie auf diese Art arbeiten, das gehört zu dem dazu, was gebraucht wird, damit aus der Erde einmal Jupiter, Venus, Vulkan hervorgehen können. (Nach dem Tode) wird nicht nur (dem Weltenäther) dasjenige einverwoben, was wir zuletzt sehen, indem wir auf die eine Seite unseres Gedankengewebes hinsehen, sondern da wird einverwoben dem allgemeinen Weltenäther auch das, was die genannten Wesenheiten erarbeitet haben. Während sie gewissermaßen an unserem einzelnen Gedankengewebe während unseres Lebens arbeiten, fügen sie dann die einzelnen Gedankengewebe des einen, des anderen, des dritten Menschen zusammen, so wie sie sie brauchen können, damit Neues entstehe im Fortentwickelungsgange der Welt. Das muß hineinverwoben werden in den allgemeinen Weltenäther, was sie da erwerben können durch das Zusammenfügen der einzelnen Ätherleiber der Menschen, die sie während der Zeit des physischen Lebens bearbeitet haben. Dasjenige, was wir so diesen Wesenheiten, den Angeloi, Archangeloi, Archai zu geben vermögen, das bildet für die ganze Zeit, die wir dann durchleben zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, etwas, das wir anzuschauen haben, auf das wir hinzublicken haben. Und wie wir selber nun wiederum mitzuarbeiten haben an der Herstellung dessen, was sich dann mit der physischen Materie verbindet, um uns eine neue Inkarnation zu geben, so wirkt in diese unsere Arbeit hinein der Anblick dessen, was wir so der großen Welt gegeben haben. Kurz, ob wir auf etwas zu blicken haben, woraus wir neue Antriebe für eine nächste Inkarnation schöpfen können in diesem, dem Weltenäther einverwobenen Gedankengewebe, oder ob wir das nicht können, davon wird vieles abhängen in bezug auf die Art, wie wir imstande sein werden, für unsere neue Inkarnation vorzuarbeiten. [18] Das aber, was die Angeloi, Archangeloi, Archai gewoben haben, geht so weit hinaus, indem es der allgemeinen Ätherwelt einverwoben wird, daß es sich in einer weiten Kugel entfaltet, deren Mittelpunkt die Erde ist. [19]

Zitate:

[1]  GA 159, Seite 34   (Ausgabe 1980, 388 Seiten)
[2]  GA 218, Seite 160   (Ausgabe 1976, 336 Seiten)
[3]  GA 239, Seite 30   (Ausgabe 1963, 276 Seiten)
[4]  GA 96, Seite 181   (Ausgabe 1974, 350 Seiten)
[5]  GA 207, Seite 135f   (Ausgabe 1981, 192 Seiten)
[6]  GA 26, Seite 25   (Ausgabe 1976, 270 Seiten)
[7]  GA 224, Seite 42   (Ausgabe 1966, 232 Seiten)
[8]  GA 93a, Seite 142ff   (Ausgabe 1972, 286 Seiten)
[9]  GA 13, Seite 423   (Ausgabe 1962, 444 Seiten)
[10]  GA 157, Seite 126   (Ausgabe 1981, 320 Seiten)
[11]  GA 163, Seite 116   (Ausgabe 1975, 152 Seiten)
[12]  GA 163, Seite 118f   (Ausgabe 1975, 152 Seiten)
[13]  GA 163, Seite 120   (Ausgabe 1975, 152 Seiten)
[14]  GA 168, Seite 203f   (Ausgabe 1968, 230 Seiten)
[15]  GA 174a, Seite 135ff   (Ausgabe 1982, 308 Seiten)
[16]  GA 163, Seite 126   (Ausgabe 1975, 152 Seiten)
[17]  GA 163, Seite 128   (Ausgabe 1975, 152 Seiten)
[18]  GA 174b, Seite 163ff   (Ausgabe 1974, 398 Seiten)
[19]  GA 174b, Seite 168   (Ausgabe 1974, 398 Seiten)

Quellen:

GA 13:  Die Geheimwissenschaft im Umriß (1910)
GA 26:  Anthroposophische Leitsätze. Der Erkenntnisweg der Anthroposophie – Das Michael-Mysterium (1924/1925)
GA 93a:  Grundelemente der Esoterik (1905)
GA 96:  Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft. Christliche Esoterik im Lichte neuer Geist-Erkenntnis (1906/1907)
GA 157:  Menschenschicksale und Völkerschicksale (1914/1915)
GA 159:  Das Geheimnis des Todes. Wesen und Bedeutung Mitteleuropas und die europäischen Volksgeister (1915)
GA 163:  Zufall, Notwendigkeit und Vorsehung. Imaginative Erkenntnis und Vorgänge nach dem Tode (1915)
GA 168:  Die Verbindung zwischen Lebenden und Toten (1916)
GA 174a:  Mitteleuropa zwischen Ost und West (1914-1918)
GA 174b:  Die geistigen Hintergründe des Ersten Weltkrieges (1914-1921)
GA 207:  Anthroposophie als Kosmosophie – Erster Teil:. Wesenszüge des Menschen im irdischen und kosmischen Bereich (1921)
GA 218:  Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus (1922)
GA 224:  Die menschliche Seele in ihrem Zusammenhang mit göttlich-geistigen Individualitäten.. Die Verinnerlichung der Jahresfeste (1923)
GA 239:  Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge - Fünfter Band (1924)