Lebenstableau

Im Ätherleib ist das ganze Leben eingeschrieben; er ist der Träger des Gedächtnisses und nur durch den physischen Leib wird er verhindert, dieses zu zeigen. Aber er zeigt es sogleich, wenn er für einen Augenblick vom physischen Körper befreit ist, dieses Gedächtnis für das verflossene Leben. [1] (14.3.1909)

Wir sind gewohnt, hier auf dem physischen Plan als Menschen gewissermaßen in einer Art Mittelpunkt unseres Welthorizontes zu stehen und im Umkreis die Welt zu sehen, die auf unsere Sinne einen Eindruck macht. Wir überschauen den Horizont, der auf uns einen Eindruck machen kann. Wir schauen nicht in uns hinein in diesem normalen Leben auf dem physischen Plan, sondern wir schauen aus uns heraus. Nun ist es wichtig, daß wir, wenn wir uns einen Begriff aneignen wollen von dem unmittelbar auf den Tod folgenden Leben, gleich darauf aufmerksam werden, daß nun dieser Blick auf das Lebenspanorama sofort anders ist als dasjenige, was wir an Wahrnehmung gewohnt sind für den physischen Plan. Auf dem physischen Plan, da sehen wir aus uns heraus; wir sehen die Welt als unsere Umgebung. Da sind wir, wir schauen aus uns heraus, wir schauen nicht in uns herein. Da haben wir nun unmittelbar nach dem Tode ein paar Tage, wo unser Blickfeld ausgefüllt ist von dem, was wir zwischen Geburt und Tod erlebt haben. Da blicken wir hin von dem Umkreise aus auf das Zentrum. Wir blicken auf unser eigenes Leben, auf den zeitlichen Verlauf unseres eigenen Lebens. Während wir sonst sagen: Da sind wir, und da ist alles übrige, haben wir unmittelbar nach dem Tode gleich das Bewußtsein: Diesen Unterschied zwischen uns und der Welt gibt es nicht, sondern wir schauen vom Umkreis auf unser Leben hin, und das ist für diese paar Tage unsere Welt. So wie man im gewöhnlichen Wahrnehmen auf dem physischen Plane Berge, Häuser, Flüsse, Bäume und so weiter sieht, so sieht man dasjenige, was man durchlebt hat im Leben von einem gewissen persönlichen Gesichtspunkte aus, als seine nun unmittelbare Welt. Und daß man das sieht, das gibt den Ausgangspunkt für die Erhaltung des Ich nun durch das ganze Leben zwischen Tod und neuer Geburt. Das stärkt und kräftigt die Seele so, daß sie zwischen Tod und neuer Geburt immer weiß: Ich bin ein Ich! [2]

Zitate:

[1]  GA 68, Seite 12   (Ausgabe 0, 0 Seiten)
[2]  GA 157a, Seite 42f   (Ausgabe 1981, 192 Seiten)

Quellen:

GA 68:  ??(Öffentliche Vorträge in verschiedenen Städten). ?? (0)
GA 157a:  Schicksalsbildung und Leben nach dem Tode (1915)