Christus Leben
► Christi Versuchung nach der Akasha-Chronik

Ich glaube, daß die Szene von der Versuchung, so wie ich sie nun erzählen werde; durchaus richtig ist. Aber es ist sehr schwierig, solche Dinge in der Akasha-Chronik zu lesen. Deshalb bemerke ich ausdrücklich, daß das eine oder andere unbeträchtlich modifiziert werden könnte bei einer weiteren okkulten Untersuchung. [1] Es ist im allgemeinen leicht möglich, beim Lesen in der Akasha-Chronik die Reihenfolge zu verwechseln. Ich glaube, die Reihenfolge bei der Versuchung Christi ist so (wie angegeben). Es könnte aber sein, daß sie umgekehrt wäre. [2]

Die Christus-Wesenheit wurde zunächst geführt in die Einsamkeit. Zunächst zog es sie zu dem hin, was durch die Eindrücke des Leibes, die wie im Gedächtnis geblieben waren, im Astralleibe am heftigsten sich eingegraben hatte. Zu Ahriman und Luzifer fühlte der Christus sich hingezogen, zunächst hin zum Kampf mit Luzifer und Ahriman in der Wüste. [3] Diese Versuchung verlief gleichsam in drei Etappen. Zuerst stand der Christus Jesus einem Wesen gegenüber, das ihm jetzt nahe war, weil er es gesehen hatte, als der Verzweifelte an ihn herangetreten war, und das er gerade als Luzifer empfinden konnte. [4] Luzifer, wie er waltet und wirkt und an die Menschen versuchend herankommt, wenn sie sich selbst überschätzen, wenn sie zuwenig Selbsterkenntnis und Demut haben. Herantreten an den falschen Stolz, den Hochmut, an die Selbstvergrößerung der Menschen: das will Luzifer ja immer versuchen. Jetzt trat Luzifer dem Christus Jesus entgegen und sagte zu ihm ungefähr die Worte, die ja auch in den anderen Evangelien stehen: Sieh mich an! Die anderen Reiche, in welcher der Mensch versetzt ist, die von den anderen Göttern und Geistern gegründet worden sind, die sind alt. Ich aber will ein neues Reich gründen; ich habe mich losgelöst von der Weltordnung; ich will dir alles geben, was an Schönheit und Herrlichkeit in den alten Reichen ist, wenn du in mein Reich eintrittst. Aber abtrennen sollst du dich von den anderen Göttern und mich anerkennen! [5] Alle Reiche, die du um dich herum siehst – und Luzifer meinte die Reiche der astralen Welt in ihren Weiten –, sollen dir gehören, wenn du mich als deinen Herrn anerkennst. Dieses Frage spricht im richtigen Momente, wenigstens zu einer Menschenwesenheit gestellt, den tiefsten Versuchungsimpuls aus, denn es werden alle Kräfte und Triebe des Hochmutes und der Selbstüberschätzung ausgelöst in der Seele. Man kann sich natürlich nicht gut davon eine Vorstellung machen, wenn man nur mit Abstraktionen an die astrale Welt (siehe: Astralplan) denkt. Aber wenn man in ihr drinnensteht, dann ist die Wirksamkeit der Kräfte dieser astralen Welt, in der dann Luzifer spricht, auf die ganze Konstitution des Menschen so wirksam, daß alle Dämonen des Hochmuts in ihm losgelassen werden mit derselben Notwendigkeit, wie man hungrig wird, wenn man vier bis fünf Tage nichts gegessen hat. Man kann da nicht sprechen in der harmlosen Weise des physischen Planes: Man solle sich nicht vom Hochmut verblenden lassen. – Das ist schön und gut für den physischen Plan, aber es ist nicht mehr von derselben Wertigkeit, wenn die ganze astrale Welt auf die Konstitution des Menschen einstürmt. [6] Aber die Christus-Wesenheit kam eben aus den geistigen Welten; sie wußte, wer Luzifer ist und wie das Verhalten der Seele zu den Göttern ist, die nicht auf Erden von Luzifer verführt werden will. Die Christus-Wesenheit kannte zwar nichts von der luziferischen Verführung in der Welt, aus der sie kam; sie wußte aber, wie man den Göttern dient, und sie war so stark, um Luzifer zurückzuweisen. [7] Dem Hochmute konnte diese Wesenheit nicht verfallen. Er wies Luzifer zurück. [8]

Da machte Luzifer eine zweite Attacke, aber jetzt holte er sich Ahriman zu seiner Unterstützung heran, und sie sprachen jetzt beide zu Christus. Der eine wollte seinen Hochmut aufstacheln: Luzifer; der andere wollte zu seiner Furcht sprechen: Ahriman. Durch meine Geistigkeit (sprach Luzifer), durch das, was ich dir zu geben vermag, wenn du mich anerkennst, wirst du nicht bedürfen dessen, wessen du bedarfst, weil du als Christus in einen menschlichen Leib getreten bist. Dieser physische Leib unterwirft dich, du mußt in ihm das Gesetz der Schwere anerkennen. Er hindert dich, das Gesetz der Schwere zu übertreten, ich aber werde dich erheben über die Gesetze der Schwere. Wenn du mich anerkennst, werde ich die Folgen des Sturzes aufheben und es wird dir nichts geschehen. Stürze dich hinunter von der Zinne! Es steht ja geschrieben: Ich will den Engeln befehlen, daß sie dich behüten, daß du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest. Ahriman, der wirken wollte auf seine Furcht, sprach: Ich werde dich behüten vor der Furcht! Stürze dich hinunter! [9] Die Frage, des Sich-Herabstürzens war an den Stolz gestellt. Der Christus wies die Frage zurück. Er war nicht zu versuchen, indem man an seinen Stolz herantrat, womit in diesem Falle das Sich-erhaben-Dünken über die Furcht gemeint war. Luzifer mußte jetzt weichen, von ihm ablassen. [10] Da schickte Ahriman den Luzifer weg und machte die letzte Attacke, als er allein war, und er sagte dasjenige, was ja nachklingt im Matthäus-Evangelium.

(Er sagte:) Wenn du dich göttlicher Kräfte rühmen willst, dann mache das Mineralische zu Brot, oder wie es im Evangelium steht: Mache die Steine zu Brot! – Da sagte die Christus-Wesenheit zu Ahriman: Die Menschen leben nicht vom Brot allein, sondern von dem was als Geistiges aus den geistigen Welten kommt. – Das wußte die Christus-Wesenheit am besten, denn sie war ja eben erst herabgestiegen aus den geistigen Welten. Da antwortete Ahriman: Wohl magst du recht haben. Aber daß du recht hast, das kann mich eigentlich nicht hindern, dich doch in einer gewissen Weise zu halten. Du weißt nur, was der Geist tut, der aus den Höhen heruntersteigt. Du warst aber noch nicht in der menschlichen Welt. Da unten in der menschlichen Welt gibt es noch ganz andere Menschen, die haben wahrhaft nötig, Steine zu Brot zu machen, die können unmöglich sich bloß vom Geiste nähren. [11] Dasjenige, was wir im Inneren an Angriffen des Luzifer, an Angriffen von Luzifer und Ahriman zugleich haben, können wir als Mensehen besiegen. Die Kämpfe in der materiellen Außenwelt müssen ausgekämpft werden bis zum Schlusse der Erdenentwickelung. Daher mußte der Christus den Ahriman zwar in Schach halten, aber ihn neben sich bestehen lassen. Daher konnte es geschehen, daß Ahriman auch neben dem Christus auf Erden wirksam blieb während der drei Jahre, die Christus im Leibe des Jesus von Nazareth wirkte, und daß er dann in die Seele des Judas hineinfuhr und tätig war in dieser Seele zum Verrat des Christus. Was durch Judas geschah, hängt zusammen mit dem, was die nicht ganz gelöste Frage der Versuchung ist nach dem Ereignis am Jordan. [12]

Und der Christus Jesus wußte: bezüglich Ahrimans bleibt ein Rest, der nicht durch einen solchen inneren Vorgang zu überwinden ist, sondern zu dem andere Dinge noch notwendig sind. Ich möchte in einer vielleicht trivialen Weise einmal versuchen, dies auseinanderzusetzen. Ahriman ist eigentlich der Herr der materiellen Gesetze, jener Gesetze, welche in der Tat nur vergeistigt werden können, nachdem die gesamte Erdentwickelung abgelaufen sein wird. Es gilt das, daß der Mensch in seinem Erdenleben an die materiellen Gesetze gebunden ist, und daß er die unmittelbare Vergeistigung dessen, was aus den materiellen Gesetzen kommt, nicht durch einen bloß inneren, seelischen Vorgang erreichen kann, sondern daß dazu Äußeres notwendig ist. Alles, was uns einspinnt in eine soziale Ordnung, so daß wir unter dem Joch von Gesetzen sind, die wir nur im Gesamtverlaufe der Erdentwickelung vergeistigen können, gehört da herein. Und damit hängt zusammen, daß in die soziale Ordnung nach und nach die Herrschaft alles dessen einzieht, was man als Geld bezeichnen kann, die Herrschaft des Geldes, welches unmöglich macht, unmittelbar in geistdurchwirkten Gesetzen zu leben. Aber dadurch, daß die Unmöglichkeit, das Geistige in der Materie unmittelbar zu haben, unabhängig vom Materiellen, dadurch daß diese Unmöglichkeit da ist, und ihr Spiegelbild, die Herrschaft des Geldes da ist, dadurch hat Ahriman die Herrschaft, denn im Gelde lebt ja sozial auch Ahriman. Es mußte aus der Ahriman gegenüber unbeantwortet gebliebenen Frage bei dem Christus Jesus das Ideal entstehen, nun in die Erdentwickelung sich auszugießen und nach und nach langsam in der ganzen weiteren Erdentwickelung zu wirken. Das konnte nicht bloß seelisch abgemacht werden. Es mußte die ganze folgende Erdentwickelung durchchristet werden! Der Christus mußte übergehen in die Erdentwickelung. Ahriman hatte die Gewalt, dem Christus die Notwendigkeit aufzuerlegen, wirklich sich mit der Erde zu verbinden. Daher durchsetzte er später den Judas, und durch den Judas hatte er das Medium, um den Christus wirklich zum Tode zu führen. Und durch den Tod ging die Christus-Wesenheit über in die Erdenwesenheit. Was Judas tat, war die nicht voll beantwortete Frage des Ahriman. [13]

Ahriman ist zunächst durch die Wirksamkeit der höheren Hierarchien für den Rest der Erdenentwickelung bis zum Vulkan hin nicht vollständig aus dem Felde zu schlagen. Es wird niemals unmöglich sein, durch rein geistige Anstrengung die innere Versuchung des Luzifer zu besiegen: die von innen aufsteigenden Wünsche, Begierden, Leidenschaften, was aufsteigt an Stolz, an Hochmut, an Übermut. Luzifer läßt sich, wenn er allein den Menschen angreift, durch Geistiges besiegen. Auch wenn Luzifer und Ahriman, beide zusammen, von innen heraus den Menschen angreifen, so läßt sich durch geistige Mittel der Sieg erringen. Wenn aber Ahriman allein ist, versenkt er seine Wirksamkeit in das materielle Geschehen der Erdenevolution. Da ist er nicht ganz aus dem Felde zu schlagen. Ahriman, Mephistopheles, Mammon – es decken sich ja diese Begriffe –, sie stecken im Gelde, in alledem, was mit dem äußeren natürlichen Egoismus zusammenhängt. Der Christus muß(te) sich herbeilassen, bis zum Ende der Erdentwickelung mit Ahriman zu kämpfen. Daher mußte der Christus den Ahriman zwar in Schach halten, aber ihn neben sich bestehen lassen. [14] Ahrimans Art ist so, daß er überwunden wird in der ganzen folgenden geschichtlichen Menschheits­entwickelung, indem sich die Menschen immer mehr und mehr durchdringen und identifizieren mit der Christus-Wesenheit. [15]

Was mußte also die Errungenschaft dessen sein, was die Christus-Wesenheit sozusagen vorgelebt hat in einer äußeren historischen Form, was sich sonst nur hinter dem Schleier der Mysterien abgespielt hat? Das mußte sein die Predigt von dem Reiche. Nachdem uns die Versuchungsgeschichte im Matthäus-Evangelium gezeigt worden ist, setzen jene Kapitel ein, die mit der Bergpredigt beginnen und damit die Darstellung dessen, was der Christus gab als die Anschauung von dem Reich, von Malchuth. Das Geheimnis von diesem Ich, das nach dem Muster, wie man lebt im äußeren Reich, hinaufsteigt in die geistige Welt, dieses Geheimnis sollte nun in der äußeren Welt durch die Christus-Wesenheit enthüllt werden. Wie das Ich in sich selbst die geistige Welt erleben kann und nicht erst dazu aus sich herauszuschreiten braucht. [16]

Als der Christus Jesus die Einsamkeit verließ, da fühlte er sich hinausgerückt über all das, was er durchlebt und gelernt hatte von seinem zwölften Jahre. Er fühlte sich eigentlich mit all dem, was alt und dürr geworden war im Menschheitswerden, nicht mehr verbunden. Selbst die Sprache, die in seiner Umgebung gesprochen wurde, war ihm gleichgültig geworden, und zunächst schwieg er auch. Er wanderte um Nazareth herum und noch weiter hinaus, immer weiter und weiter. Er besuchte viele derjenigen Orte, die er schon als Jesus von Nazareth berührt hatte, und da zeigte sich etwas höchst Eigentümliches. In rechter Schweigsamkeit, wie nichts gemein habend mit der Umgebung, wanderte zunächst der Christus Jesus von Herberge zu Herberge, überall bei den Leuten und mit den Leuten arbeitend. Und tiefen Eindruck hatte zurückgelassen auf ihn, was er durchlebt hatte mit dem Spruche des Ahriman vom Brote. Überall fand er die Menschen, die ihn schon kannten, bei denen er schon früher gearbeitet hatte. Die Menschen erkannten ihn wieder, und er fand unter diesen Menschen wirklich das Volk, diejenigen, bei denen Ahriman Zutritt haben muß, weil sie es nötig haben, Steine, Mineralisches zu Brot zu machen, oder was dasselbe ist, Geld, Metall zu Brot zu machen. Bei denjenigen, die Hillels oder anderer Sittensprüche beachteten, brauchte er ja nicht einzukehren. Aber bei denen, welche die Evangelien die Zöllner und Sünder nennen, kehrte er ein. [17]

Solch große Schmerzen, solch tiefes Leid, die er durchlebte seit seinem zwölften Jahre, wandelt sich zuletzt um in die Zauberkraft der Liebe, die in jedem Worte so ausströmt, wie wenn in seinen Worten noch eine geheimnisvolle Kraft waltete, die sich ausgoß über die Umstehenden. Wohin er kam, überall, in jedem Hause, in jeder Herberge, war er tief geliebt. Und diese Liebe blieb zurück, wenn er wiederum die Häuser verlassen hatte und weitergezogen war. Viel sprach man in diesen Häusern von dem lieben Menschen, dem Jesus von Nazareth. Und da geschah es – es war eine Nachwirkung jener Liebe, die da ausströmte –, in manchen dieser Häuser, wenn sie so stundenlang von diesem Gast gesprochen hatten, daß in die Stube hereintrat wie in einer gemeinsamen Vision für alle Familienmitglieder, das Bild dieses Jesus von Nazareth. Ja, er besuchte sie im Geiste, oder auch, sie schufen sich sein geistiges Bild. Früher hatten sie nur seine Liebe, Güte und Milde empfunden, so daß sie nachher die Vision von ihm hatten; jetzt aber ging etwas von ihm aus wie eine Zauberkraft! Hatten sie sich früher nur getröstet gefühlt durch seine Gegenwart, so fühlten sie sich jetzt geheilt durch ihn. Und sie gingen zu ihren Nachbarn, holten sie herbei, wenn sie ebenso bedrückt und von dämonischen Gewalten geplagt waren, und brachten sie dem Jesus Christus. [18]

Zitate:

[1]  GA 148, Seite 86   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[2]  GA 148, Seite 147   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[3]  GA 148, Seite 85f   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[4]  GA 148, Seite 160   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[5]  GA 148, Seite 86f   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[6]  GA 148, Seite 147   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[7]  GA 148, Seite 86f   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[8]  GA 148, Seite 147   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[9]  GA 148, Seite 87   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[10]  GA 148, Seite 148   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[11]  GA 148, Seite 87f   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[12]  GA 148, Seite 320   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[13]  GA 148, Seite 148ff   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[14]  GA 148, Seite 319f   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[15]  GA 148, Seite 150   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[16]  GA 123, Seite 165   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)
[17]  GA 148, Seite 88f   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[18]  GA 148, Seite 89f   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)

Quellen:

GA 123:  Das Matthäus-Evangelium (1910)
GA 148:  Aus der Akasha-Forschung. Das Fünfte Evangelium (1913/1914)