Clemens von Alexandria

Wenn wir zunächst auf Clemens von Alexandrien hinsehen, welcher der Katechetenschule von Alexandrien vorstand, wo diejenigen ausgebildet wurden, die zu christlichen Lehrern gehalten und gemacht werden sollten, wenn wir hinsehen auf diese bedeutsame Persönlichkeit, so finden wir unter dem, was diese Persönlichkeit lehrt, etwa das Folgende. Clemens von Alexandrien sagte sich: Der Christus gehört unter diejenigen Kräfte, die schon bei der Schöpfung der Erde tätig waren, selbstverständlich, er gehört der geistigen Welt an. Er ist durch den Leib des Jesus von Nazareth in die Erdentwickelung eingetreten. – So also richtete Clemens von Alexandrien seinen Blick zunächst auf den Christus als das Geistwesen, suchte ihn zu begreifen in Geistregionen. Er wußte, daß in den alten Mysterien von dem Christus als dem Kommenden, der noch nicht mit der Erdentwickelung vereinigt ist, gesprochen worden ist. Das drückte er so aus: Gewiß, die Menschen wurden dazu inspiriert, den Christus zu erwarten. Und er ging so weit, daß er sagte: Namentlich an zwei Punkten der geistigen Menschheitsentwickelung wurde das gepflegt, was vorbereiten konnte für das Herabkommen des Christus. Clemens von Alexandrien sagte: Auf der einen Seite wurde es gepflegt durch Moses und die Propheten. Als ein Zweites, was vorbereiten sollte neben Moses und den Propheten, führte Clemens von Alexandrien die griechische Philosophie an: Plato und Aristoteles – die griechische Philosophie. Clemens von Alexandrien sagte sich weiter: Wodurch sind denn diese alten Mysterienleute inspiriert worden, daß der Christus auch auf sie gewirkt hat, aber überirdisch, wenn sie aus sich herausgekommen sind. Das geschah dadurch, wie Clemens von Alexandrien es ganz deutlich ausspricht, daß er ihnen die Engel (Angeloi) geschickt hat. So daß Clemens von Alexandrien es geradezu aussprach: Wenn im Alten Testament von dem Erscheinen eines Engels geredet ist, so bedeutete das: der Christus schickt diesen Engel. Ja, Clemens von Alexandrien läßt es ausdrücklich durchmerken: Wenn Jahve im brennenden Dornbusch dem Moses erscheint, so ist es auch eigentlich der Christus, der da erscheint, der erscheint durch die irdisch-seelisch-geistige Erscheinung. So daß Clemens von Alexandrien das ausdrücklich ausspricht: Im Altertum, vor dem Mysterium von Golgatha, ist der Christus durch die Engel den Menschen erschienen. Wenn sie sich fähig machen konnten, die Botschaft der Engel zu vernehmen, dann standen sie eigentlich dem Christus selbst als Entkörperte, initiierte Entkörperte der höheren Welt gegenüber. Also so weit ging noch Clemens von Alexandrien. Und dann sagte er: – das ist wiederum bei ihm noch enthalten – Im Fortschritt der Zeitentwickelung ist der Christus übergegangen von der Engelnatur zur Sohnnatur. Er ist Sohn geworden. Er konnte sich früher manifestieren, offenbaren durch die Engel oder als Engel, als eine Fülle von Engeln, als viele Engel. Dann erschien er durch die eine Gestalt: der Sohn. Da tritt ein sehr wichtiges Element auf. Beachten Sie das wohl, das ist außerordentlich wichtig! Clemens von Alexandrien steht noch auf dem Standpunkt, daß er sagt: Der Christus war schon da vor dem Mysterium von Golgatha in den Geistregionen. Er war so weit, daß er sich durch Engel, durch Boten kundgeben konnte. Aber er kam weiter, er kam dazu, sich als Sohn ausleben zu können. [1]

Wenn man an die Gnosis herantritt, ist immer eins darin: es spielt darin wenig der Zeitbegriff. Man kann durch Raumesschemen das Gnostische ausdrücken. Der Zeitbegriff spielt keine besondere Rolle, wenigstens durchdringt man ihn nicht verständnisvoll. Und insoferne ist nun ein Fortschritt von der Gnosis zu Clemens von Alexandrien. Wenn auch die ganze umfassende Fülle der Geistesweisheit verloren gegangen ist, war dennoch ein Fortschritt zu Clemens, indem er den Zeitbegriff in die Entwickelung des Christus hineinbrachte und sagte: Der Christus konnte sich früher kundgeben durch Angeloi, dann als Sohn, indem er fortgeschritten war. Entwickelung kam hinein, das ist das Bedeutsame. Dazu war die abendländische Kulturentwickelung da, den Zeitbegriff in die Weltanschauung in der richtigen Weise hineinzubringen, den Entwickelungsgedanken in der richtigen Weise zu verstehen. [2]

Zitate:

[1]  GA 165, Seite 62uf   (Ausgabe 1981, 240 Seiten)
[2]  GA 165, Seite 66   (Ausgabe 1981, 240 Seiten)

Quellen:

GA 165:  Die geistige Vereinigung der Menschheit durch den Christus-Impuls (1915/1916)