Astrallicht-Einschreibungen im Laufe der Entwickelung

In der urpersischen Epoche da gab es instinktives Hellsehen, da gab es Erkenntnisse über die göttlich-geistige Welt, und sie konnten ins Astrallicht hineingeschrieben werden, so daß der Mensch sie auch schauen konnte, dadurch daß die feste Erde einen Widerstand gab. Und dadurch, daß der Widerstand der Erde in der urpersischen Epoche von den Erkennenden gefühlt werden konnte, dadurch waren in ihnen die Erkenntnisse, die sie aus dem Innern schöpften, auch zu Schauungen geworden.

In der nächsten Epoche, in der ägyptisch-chaldäischen Epoche konnte alles, was an Erkenntnissen von den Eingeweihten aus der Seele heraus geschöpft wurde, durch das flüssige Element in das Astrallicht eingeschrieben werden. Der Eingeweihte der urpersischen Epoche schaute auf die feste Erde hin, und überall, wo Pflanzen waren, wo Steine waren, spiegelte ihm das Astrallicht seine eigene Anschauung zurück. Der Eingeweihte der ägyptisch-chaldäischen Epoche schaute ins Meer, in den Fluß, er schaute auch in den herabströmenden Regen, in den aufsteigenden Nebel. Er sah, wenn er in den Fluß, wenn er in das Meer sah, die dauernden Geheimnisse. Diejenigen Geheimnisse, die sich auf Vergängliches beziehen, auf das Schaffen der Götter im Vergänglichen, die schaute er in dem herabströmenden Regen, in dem aufsteigenden Nebel. [1]

In der griechisch-lateinischen Epoche, da waren die Schauungen wie eine Fata Morgana in der Luft. Der Grieche sah auch seinen Zeus, seine Götter im Astrallichte, aber er hatte das Gefühl, daß das Astrallicht ihm die Götter spiegelte unter den entsprechenden Umständen. Daher versetzte er seine Götter an Orte, an denen eben die Luft in entsprechender Weise einen Widerstand für die Einschreibungen in das Astrallicht bieten konnte. Und so blieb es bis ins 4. Jh. n. Chr. Es waren durchaus sogar unter den ersten Kirchenvätern, namentlich den griechischen Vätern, viele – das kann sogar noch aus ihren Schriften nachgewiesen werden –, welche diese Fata Morgana der eigenen Schauungen durch den Widerstand der Luft im Astrallichte schauten, welche also eine klare Erkenntnis davon hatten, daß aus dem Menschen heraus durch die Natur sich das göttliche Wort, der Logos, offenbarte. Nachklänge waren noch vorhanden bei einigen besonders begnadeten Menschen bis ins 12., 13. Jahrhundert herein.

Heutige Epoche. Als aber die abstrakte Erkenntnis kam, als die Zeit kam, in der die Menschen nur angewiesen waren auf die logische Gedankenfolge und dasjenige,was sich aus der Sinnesbeobachtung ergibt, da boten nicht Erde und nicht Wasser und nicht Luft einen Widerstand für das Astrallicht, sondern einzig und allein das Element des Wärmeäthers. [2]

Dasjenige, was in solcher Weise im Astrallichte enthalten ist, daß die feste Erde die Widerlage bietet, das strahlt weiter, bis zur Mondensphäre. Weiter geht es nicht. Von da strahlt es wieder zurück, so daß es sozusagen bei der Erde bleibt. Man sieht die Geheimnisse sich spiegeln durch die Erde. Sie bleiben, weil die Mondensphäre drückt. Gehen wir nach der ägyptisch-chaldäischen Periode: das Wasser auf der Erde spiegelt; dasjenige, was da gespiegelt wird, geht bis zur Saturnsphäre. Die drückt, dadurch ist die Möglichkeit vorhanden, daß der Mensch mit seinen Schauungen auf der Erde zusammen bleibt.

Gehen wir in die griechisch-lateinische Periode, also noch bis ins 12., 13. Jahrhundert, so waren die Schauungen im Astrallicht durch die Luft eingetragen. Das geht eigentlich bis zum Ende der Weltensphäre, dann kehrt es um. Es ist am flüchtigsten, es ist am undichtesten, aber es ist doch so, daß der Mensch vereinigt bleibt mit seinen Schauungen. Als aber jetzt die neueste Zeit kam, da war nur das Element des Wärmeäthers noch das Widerstehende. Aber das Element des Wärmeäthers trägt alles das, was in es eingeschrieben wird, in die Weltenweiten hinaus, aus dem Raume hinaus in die geistige Welt hinein. Es ist nicht mehr da. Nichts reflektierte sich für das unmittelbare wache Anschauen. Da kam es denn, daß Christian Rosenkreutz auf die Eingebung eines höheren Geistes den Weg fand, doch nun die Rückstrahlung wahrzunehmen, trotzdem es sich handelte um Rückstrahlung durch den Wärmeäther. Das geschah dadurch, daß andere dumpfe, unterbewußte, schlafähnliche Zustände des Bewußtseins zu Hilfe genommen wurden, Zustände, in denen der Mensch auch normalerweise außer seinem Leibe ist. Da konnte man wahrnehmen, daß zwar nicht im Raume, aber doch in der geistigen Welt das eingeschrieben ist, was mit den modernen abstrakten Ideen über die Dinge erkundet wird. Und so stellte sich für die Rosenkreuzerei das Merkwürdige heraus, daß wie in einem Übergangsstadium diese Rosenkreuzer sich bekannt machten mit allem, was über die Natur in der Zeitepoche erforscht werden konnte. Das nahmen sie in sich auf, verarbeiteten es. Sie hatten wirklich dasjenige, was die anderen nur zur Wissenschaft machten, bis zur Weisheit getrieben. Dann bewahrten sie es in ihrer Seele und versuchten, in einer möglichsten Reinheit nach intimen Meditationen hinüberzuschlafen. Und dann geschah es, daß ihnen die geistig-göttlichen Welten – nicht das Weltenende, aber die geistig-göttlichen Welten zurückbrachten dasjenige, was in abstrakten Ideen erfaßt wurde, in einer geistig konkreten Sprache. In Rosenkreuzerschulen wurde schon das Kopernikanische Weltensystem gelehrt; aber in besonderen Bewußtseinszuständen kamen die Ideen desselben zurück. So daß in der Tat gerade von den Rosenkreuzern eingesehen wurde, daß dasjenige, was man zunächst in der modernen Erkenntnis erhält, erst gewissermaßen den Göttern entgegengetragen werden muß, damit sie es in ihre Sprache umsetzen und es den Menschen wiedergeben. Daß das sein kann, ist ja bis in die Gegenwart geblieben. Studieren Sie heute, indem Sie von dem hier gemeinten rosenkreuzerischen Initiationsprinzip berührt worden sind, den Haeckelismus mit all seinem Materialismus, lernen Sie alles dasjenige darüber, was man durch äußere Naturwissenschaft lernen kann, und tragen Sie das dann den Göttern entgegen, und sie bekommen dasjenige, was in meinem Buche «Geheimwissenschaft» über die Evolution erzählt ist. [3]

Das ist das Eigentümliche der Rosenkreuzerei, daß sie in einer Übergangszeit dabei stehen bleiben mußte, in gewisse traumhafte Zustände hineinzukommen und gewissermaßen die höhere Wahrheit desjenigen zu träumen, was die Wissenschaft nüchtern hier in der Natur findet. [4]

Die Eingeweihten der urpersischen Epoche haben ja vieles in das Astrallicht mit Hilfe des Widerstandes der Erde hineingeschrieben. So war denn, als der erste Eingeweihte der urpersischen Epoche auftrat, eigentlich das ganze für die Menschen bestimmte Astrallicht wie eine unbeschriebene Tafel. Nun schrieben die Eingeweihten der urpersischen Epoche so viel auf diese Tafel, als man schreiben kann durch den Widerstand der Erde. Da waren zunächst die von den Göttern an die Menschen kommen sollenden Geheimnisse in das Astrallicht hineingeschrieben. Die Tafel war bis zu einem gewissen Maße beschrieben, zu einem anderen Maße noch leer. Es konnten die Eingeweihten der ägyptisch-chaldäischen Epoche kommen und konnten auf ihre Art weiterschreiben, indem sie ihre Schauungen durch den Widerstand des Wassers erlangten. Ein anderer Teil der Tafel wurde beschrieben. Es kamen die griechischen Eingeweihten. Sie beschrieben den dritten Teil der Tafel. Nun ist die Naturtafel voll geschrieben. Sie war mit dem 13., 14. Jahrhundert ganz voll geschrieben. [5]

Aber jetzt ist die Zeit, wo die Menschen einsehen müssen: nicht aus sich heraus im alten Sinne können sie die Geheimnisse der Welt finden, sondern dadurch, daß sie ihr Gemüt so vorbereiten, daß sie nun das, was schon ganz vollgeschrieben ist auf der Tafel, nun lesen können. Dann wirkt inspirierend gerade dasjenige, was man aus dem Wärmeäther heraus bekommt. Und so ist heute die Naturwissenschaft die Grundlage für das Schauen. Lernt man erst durch Naturwissenschaft die Eigentümlichkeiten von Luft, Wasser, Erde kennen und erlangt man die inneren Fähigkeiten, dann strömt heraus, indem man schaut in das Luftige, in das Wäßrige, indem man schaut in das Erdige, es strömt heraus das Astrallicht. Aber es strömt nicht heraus wie ein unbestimmter Nebel, es strömt so heraus, daß man die Geheimnisse des Weltendaseins und des Menschenlebens drinnen lesen kann. Wir lesen heute dasjenige, was wir selber hineingeschrieben haben in unseren früheren Erdenleben. [6]

Zitate:

[1]  GA 233a, Seite 85f   (Ausgabe 1980, 176 Seiten)
[2]  GA 233a, Seite 86f   (Ausgabe 1980, 176 Seiten)
[3]  GA 233a, Seite 87uf   (Ausgabe 1980, 176 Seiten)
[4]  GA 233a, Seite 93   (Ausgabe 1980, 176 Seiten)
[5]  GA 233a, Seite 90f   (Ausgabe 1980, 176 Seiten)
[6]  GA 233a, Seite 91f   (Ausgabe 1980, 176 Seiten)

Quellen:

GA 233a:  Mysterienstätten des Mittelalters. Rosenkreuzertum und modernes Einweihungsprinzip - Das Osterfest als ein Stück Mysteriengeschichte der Menschheit (1924)