Bewußtsein
► Bewußtsein höheres

Soll der Mensch eingeweiht werden, soll er hineinschauen in die höheren Welten, dann müssen diese drei Glieder: Denken, Fühlen und Wollen, auseinandergerissen werden. Die Willens- und Gefühlsorgane müssen eine Scheidung erleiden. Der physische Organismus eines Eingeweihten ist daher auch anders als der eines Nichteingeweihten, wenn das die Anatomie auch noch nicht hat nachweisen können. Ein solches höheres Bewußtsein schafft gleichsam eine höhere Substanz, und der Mensch zerfällt in einen Gefühls-, einen Willens- und einen Denkmenschen. Über diesen dreien thront dann erst der höhere, neugeborene Mensch, und von dieser Stufe eines höheren Bewußtseins aus werden dann jene drei in Einklang gebracht. Hier muß dann auch wieder der Tod, die Zerstörung eingreifen. Träte diese Zerstörung so ein, daß nicht zugleich auch ein neues Bewußtsein entsproßte, dann würde Wahnsinn entstehen. Wahnsinn würde also nichts anderes sein als der Zustand, in dem das menschliche Wesen zerschellt ist, ohne daß die höhere, bewußte Instanz geschaffen worden ist. So tritt auch hier ein Doppeltes ein: Eine Art Zerstörungsprozeß des Niederen neben einem Entstehungsprozeß des Höheren. Wie zwischen dem roten und blauen Blut das Bewußtsein im gewöhnlichen Menschen erzeugt wird, so wird in dem initiierten Menschen wieder in dem Zusammenwirken von Leben und Tod das höhere Bewußtsein im Inneren erzeugt, und die Seligkeit entspringt wiederum einer höheren Lust, dem Schaffen, das aus dem Tode hervorgeht. [1]

Zitate:

[1]  GA 55, Seite 85f   (Ausgabe 1959, 278 Seiten)

Quellen:

GA 55:  Die Erkenntnis des Übersinnlichen in unserer Zeit und deren Bedeutung für das heutige Leben (1906/1907)