Biographische Einzelheiten aus der Selbstbiographie (GA 28) nebst eingestreuten biographischen Details aus dem übrigen Gesamtwerk

(Sie können dem tieferen Verständnis der Geisteswissenschaft dienen. Allfällige Zwischenbemerkungen des Herausgebers sind in Klammern gesetzt, wie diese hier!).

Ich habe immer einen Hang gehabt, genau zu denken. Nun, diesen Hang, genau zu denken, den verdanke ich nach meiner Überzeugung dem Umstande, daß mich das Schicksal hat aufwachsen lassen in der Nähe eines Friedhofs. Die Friedhofatmosphäre, die da aufsteigt, die ist verwandt mit demjenigen, was im astralischen Leib im Menschen abbaut, und die unterstützt dann das Abbauen. So daß also der astralische Leib aufgefordert wird in der Nähe des Friedhofes, eigentlich gut zu denken. [1] (Die ersten Keime der künftigen Geistes-wissenschaft sehen wir hier entstehen:) Bald nach meinem Eintreten in die Neudörfler Schule (also ab dem 8. Lebensjahre) entdeckte ich im Zimmer des Hilfslehrers ein Geometriebuch. Mit Enthusiasmus machte ich mich darüber her. Wochenlang war meine Seele ganz erfüllt von der Kongruenz, der Ähnlichkeit von Dreiecken, Vierecken, Vielecken; ich zergrübelte mein Denken mit der Frage, wo sich eigentlich die Parallelen schneiden; der pythagoreische Lehrsatz bezauberte mich. Daß man seelisch in der Ausbildung rein innerlich angeschauter Formen leben könne, ohne Eindrücke der äußeren Sinne, das gereichte mir zur höchsten Befriedigung. Rein im Geiste etwas erfassen zu können, das brachte mir ein inneres Glück. Ich weiß, daß ich an der Geometrie das Glück zuerst kennen gelernt habe. In meinem Verhältnisse zur Geometrie muß ich das erste Aufkeimen einer Anschauung sehen, die sich allmählich bei mir entwickelt hat. Sie lebte schon mehr oder weniger unbewußt in mir während der Kindheit und nahm um das 20. Lebensjahr herum eine bestimmte, vollbewußte Gestalt an. Ich sagte mir: die Gegenstände und Vorgänge, welche die Sinne wahrnehmen, sind im Raume. Aber ebenso wie diese Raum außer dem Menschen ist, so befindet sich im Innern eine Art Seelenraum, der der Schauplatz geistiger Wesenheiten und Vorgänge ist. In den Gedanken konnte ich nicht etwas sehen wie Bilder, die sich der Mensch von den Dingen macht, sondern Offenbarungen einer geistigen Welt auf diesem Seelen-Schauplatz. Als ein Wissen, das scheinbar von dem Menschen selbst erzeugt wird, das aber trotzdem eine von ihm ganz unabhängige Bedeutung hat, erschien mir die Geometrie. Ich sagte mir als Kind natürlich nicht deutlich, aber ich fühlte, so wie Geometrie muß man das Wissen von der geistigen Welt in sich tragen. Denn die Wirklichkeit der geistigen Welt war mir so gewiß wie die der sinnlichen. Ich hatte aber eine Art Rechtfertigung dieser Annahme nötig. Ich wollte sagen können, das Erlebnis von der geistigen Welt ist ebenso wenig eine Täuschung wie das von der Sinnenwelt. Bei der Geometrie sagte ich mir, hier darf man etwas wissen, was nur die Seele selbst durch ihre eigene Kraft erlebt; in diesem Gefühle fand ich die Rechtfertigung, von der geistigen Welt, die ich erlebte, ebenso zu sprechen wie von der sinnlichen. Ich hatte zwei Vorstellungen, die zwar unbestimmt waren, die aber schon vor meinem achten Lebensjahr in meinem Seelenleben eine große Rolle spielten. Ich unterschied Dinge und Wesenheiten, „die man sieht“ und solche, „die man nicht sieht“. [2] (Zum Beispiel:) … Empfindungen, die ich eigentlich nur noch erlebt habe, wenn ich als ganz kleines Kind mit Bergleuten verkehrt habe, nicht mit den Kohlebergbauern, sondern mit den Bergbauern, die nach Metallen gingen. Ja, da waren noch einige darunter, die wußten, wenn man heruntersteigt in die Erde, dann begegnet man Geistern, die man an der Oberfläche nicht findet; da begegnet man den Organen, mit denen die Erde vom Weltenall träumt und denkt. [3]

Seltener in Neudörfl, aber oft in dem benachbarten Orte Sauerbrunn konnte ich den tiefgehenden Eindruck der ungarischen Zigeunermusik hören. [4] (Dort konnten auch erste medizinische Feststellungen gemacht werden). Leute, die sonst Feinschmecker und auch Feinriecher sind, die müssen solche Badeorte aufsuchen. Und warum tun sie das? Diese Leute haben nämlich zuviel Eiweißstoff gegessen und jetzt kommen sie an den Badeort; weil sie mit Haut bedeckt sind und die Sache innerlich ist, so riechen sie selber nicht so, aber wenn man es riechen könnte, so würden sie innerlich furchtbar nach faulen Eiern riechen! Nun kommen also diese Leute, die innerlich nach faulen Eiern riechen, nach den Badeorten, wo es nach faulen Eiern riecht, und was geschieht da? Das eine Mal ist also der Faule-Eier-Geruch drinnen, das andere Mal draußen. Das eine Mal, wenn er drinnen ist, merkt es die Nase nicht; das andere Mal, wenn er draußen ist, merkt es die Nase, und Kopf und Bauch sind Gegensätze. Was der Bauch an Faule-Eier-Geruch erzeugt, wenn es von der Kopfseite her kommt durch das Riechen, so wird es bekämpft. Und so wird in den Badeorten, die nach faulen Eiern riechen, der innerliche Faule-Eier-Geruch bekämpft. Das ist besonders für den sehr stark bemerkbar, der einen Sinn hat, solche Beobachtungen zu machen. Ich hatte zufällig an einen solchen Badeort als Junge zu gehen. Ich mußte jeden zweiten Tag nach Bad Marienquelle gehen. Da stinkt es nach faulen Eiern. Während es äußerlich so unangenehm ist, da es so schrecklich riecht, fängt man plötzlich an, sich sehr wohl im Bauch zu fühlen. Wenn man also nicht krank ist, nicht da Faule-Eier-Geruch hat, so tritt das Gefühl der höheren Lebenslust auf. Der, der sich nicht abstoßen läßt vom Faule-Eier-Geruch, der kann das erleben. Natürlich derjenige, der sich die Nase zuzieht, der hat nicht den Gegensatz, der hat nicht diese „Frühlingswirkung“ im Bauch, die man hat, wenn man sich richtig hingibt dem Faule-Eier-Geruch. Und Faule-Eier-Geruch ist zum Beispiel, auch wenn er künstlich erzeugt wird, ein außerordentlich gutes Heilmittel. Er gibt zum Beispiel dem Körper die Kraft, schwindende Muskeln wiederum fest zu machen, stark zu machen. Nun, die Leute lieben dann solche Kuren nicht, aber sie sind in einer gewissen Beziehung außerordentlich nützlich. Denn sehen Sie, wenn äußerlich an den Menschen der Faule-Eier-Geruch herantritt, dann wird es innerlich im Bauch Frühling. Und im Frühling sprießt und sproßt alles, und der Mensch kann wiederum stark werden dadurch, daß er innerlich im Bauch Frühling bekommt. [5]

Sehen Sie, ich habe keinen Anstoß daran genommen, wohl aber viele andere Menschen: In meinem «Lebensgang» (GA 28) habe ich es genügend angedeutet, daß ich mit fünfzehn Jahren noch nicht orthographisch schreiben konnte. Ich verdanke dem außerordentlich viel. Ich war bewahrt vor mancherlei, vor dem man nicht bewahrt ist, wenn man mit fünfzehn Jahren schon orthographisch schreiben kann. Man wird eben durch mancherlei, das so aus der materialistischen Bildung der Zeit heraus stammt, von dem geistigen Leben geradezu abgeschnitten. (Übrigens: Goethe konnte zeit seines Lebens nie orthographisch schreiben, dafür hatte er seinen Sekretär!). Es ist eine viel ernstere Frage, als man denkt. Ich deute dieses hier an, damit Sie sehen, daß ja der Initiierte von ehemals nur benutzen kann die Erziehung, die sich ihm bietet. Was kann er denn anderes tun, als sich hineinfinden in Körper und Seele seines Zeitalters? Da muß er vieles zurücklassen, was in seiner Seele veranlagt ist. [6]

Das Zeichnen mit Zirkel, Lineal und Dreieck wurde mir zu einer Lieblingsbeschäftigung. Hinter dem, was ich durch den Schuldirektor (der Realschule in Wiener-Neustadt), den Mathematik- und Physiklehrer und den des geometrischen Zeichnens in mich aufnahm, stiegen nun in knabenhafter Auffassung die Rätselfragen des Naturgeschehens in mir auf. Ich empfand: ich müsse an die Natur heran, um eine Stellung zu der Geisteswelt zu gewinnen, die in selbstverständlicher Anschauung vor mir stand. Ich sagte mir, man kann doch nur zurechtkommen mit dem Erleben der geistigen Welt durch die Seele, wenn das Denken in sich zu einer Gestaltung kommt, die an das Wesen der Naturerscheinungen herangelangen kann. [7]

Da ging ich einmal an einer Buchhandlung vorbei. Im Schaufenster sah ich Kants «Kritik der reinen Vernunft» in Reclams Ausgabe. Ich tat alles, um mir dies Buch so schnell als möglich zu kaufen. Als damals Kant in den Bereich meines Denkens eintrat, wußte ich noch nicht das geringste von dessen Stellung in der Geistesgeschichte der Menschheit. Was irgend ein Mensch über ihn gedacht hat, zustimmend oder ablehnend, war mir gänzlich unbekannt. Mein unbegrenztes Interesse an der Kritik der reinen Vernunft wurde aus meinem ganz persönlichen Seelenleben heraus erregt. Ich strebte auf meine knabenhafte Art danach, zu verstehen, was menschliche Vernunft für einen wirklichen Einblick in das Wesen der Dinge zu leisten vermag. (Sogar) in den Ferienzeiten wurde die Kantlektüre eifrig fortgesetzt. Ich las wohl manche Seite mehr als zwanzigmal hintereinander Ich wollte zu einem Urteile darüber kommen wie das menschliche Denken zu dem Schaffen der Natur steht. Die Empfindungen, die ich gegenüber diesen Denkbestrebungen hatte, wurden von zwei Seiten her beeinflußt. Zum ersten wollte ich das Denken in mir selbst so ausbilden, daß jeder Gedanke voll überschaubar wäre, daß kein unbestimmtes Gefühl ihn in irgendeine Richtung brächte. Zum zweiten wollte ich einen Einklang zwischen einem solchen Denken und der Religionslehre in mir herstellen. Denn auch diese nahm mich damals im höchsten Grade in Anspruch. Wir hatten gerade auf diesem Gebiete ganz ausgezeichnete Lehrbücher. Dogmatik und Symbolik, die Beschreibung des Kultus, die Kirchengeschichte nahm ich aus diesen Lehrbüchern mit wirklicher Hingebung auf. Ich lebte ganz stark in diesen Lehren. Aber mein Verhältnis zu ihnen war dadurch bestimmt, daß mir die geistige Welt als ein Inhalt der menschlichen Anschauung galt. Gerade deshalb drangen diese Lehren so tief in meine Seele, weil ich an ihnen empfand, wie der menschliche Geist erkennend den Weg ins Übersinnliche finden kann. Die Ehrfurcht vor dem Geistigen – das weiß ich ganz bestimmt – wurde mir durch dieses Verhältnis zur Erkenntnis nicht im geringsten genommen. Auf der andern Seite beschäftigte mich unaufhörlich die Tragweite der menschlichen Gedankenfähigkeit. Ich empfand, daß das Denken zu einer Kraft ausgebildet werden könne, die die Dinge und Vorgänge der Welt wirklich in sich faßt. Ein «Stoff», der außerhalb des Denkens liegen bleibt, über den bloß «nachgedacht» wird, war mir ein unerträglicher Gedanke. Was in den Dingen ist, das muß in die Gedanken des Menschen herein, das sagte ich mir immer wieder. An dieser Empfindung stieß aber auch immer wieder das an, was ich bei Kant las. [8]

Ein anderes Ereignis beeinflußte tief mein Leben. Die mathematischen Bücher, die Lübsen zum Selbstunterricht geschrieben hat, wurden mir bekannt. Da konnte ich analytische Geometrie, Trigonometrie und auch Differential- und Integralrechnung mir aneignen, lange bevor ich sie schulmäßig lernte. [9]

Ich konnte eigentlich in meinem Leben bis zu meiner Weimarischen Zeit nicht loskommen vom Anblicke des Zisterzienserordens, und doch bin ich wiederum in einer gewissen Weise fortwährend ferngehalten worden vom Zisterzienserorden. Ich wuchs sozusagen im Schatten des Zisterzienserordens auf, der wichtige Niederlassungen um Wiener-Neustadt herum hat. Zisterzienserordenspriester waren diejenigen, die die meisten jungen Leute erzogen in der Gegend, in der ich aufgewachsen war. Alles war eigentlich bei mir darauf veranlagt, nicht jenen Bildungsgang durchzumachen, den ich durchgemacht habe, durch die Wiener Neustädter Realschule hindurch, sondern durch das Gymnasium. Das war aber dazumal noch ein Zisterzienser-Gymnasium. Und es waren die Kräfte merkwürdig, die mich zugleich anzogen und fernhielten. Und wiederum, der ganze Kreis von Mönchen, der an der Wiener Universität Theologie hörte, der um Marie Eugenie delle Grazie herum war, bestand aus Zisterziensern. Die intimsten theologischen Gespräche, die intimsten Gespräche über Christologie hatte ich mit den Zisterziensern. [10]

Als ich am Ende der achtziger Jahre in Wien im «Wiener Goethe-Verein» sprach über das Thema «Goethe als Vater einer neuen Ästhetik», da war unter den Zuhörern ein sehr gelehrter Zisterzienser. Ich setzte auseinander, wie man sich die Vorstellung Goethes über die Kunst zu denken hat, und da tat dazumal der Pater Wilhelm Neumann, ein Zisterzienser, der zugleich Professor an der theologischen Fakultät der Wiener Universität war, den merkwürdigen Ausspruch: Die Keime zu diesem Vortrage, den Sie heute uns gehalten haben, die liegen schon bei Thomas von Aquino! – Es war mir doch ein außerordentlich interessantes Erlebnis, von dem Pater Wilhelm Neumann zu hören, daß er, der natürlich voll eingeschult war, denn es war ja schon nach dem Erscheinen des Neuthomismus innerhalb des katholischen Klerus, der also ganz eingeschult war im Thomismus, daß er empfand, daß im Thomismus etwas liegt wie die Keime zu dem, was da als die Konsequenz der Goetheschen Weltanschauung in bezug auf die Ästhetik gesagt wurde. [11]

Vielleicht, weil hier das Persönliche, Subjektive, einen objektiven Wert haben könnte, darf ich hier (auch noch) einschalten, wie ich vor vielen Jahrzehnten selbst dahin geführt worden bin, zu den ersten elementarsten Schritten geführt worden bin, die dann zur weiteren Geistesforschung mich gebracht haben in bezug auf das Wesen der Erinnerungsfähigkeit. Immer wieder mußte ich während meiner Schulzeit an mir selbst die Wahrnehmung machen, daß ich, obwohl ich eigentlich in allen Fächern, welche zur Mathematik oder Geometrie hinneigten, die allerbesten Fortschritte machte, daß ich (aber) gar kein Talent hatte, mathematische Formeln mir gedächtnismäßig zu merken. Wenn also eine Klausurarbeit, eine Schülerarbeit in diesen Fächern gemacht wurde, so machten die anderen ihre Rechnung algebraisch nach den mathematischen Formeln, die sie sich gemerkt hatten. Ich hatte immer wieder diese mathematischen Formeln im Augenblicke auch zu entwickeln aus dem Grundprinzip heraus, also immer die ganze Ableitung zu machen, und dann rechnete ich mit der Formel. Weil ich nicht verstanden habe, das gedächtnismäßig zu behalten, mußte ich immer suchen, den vorstellungsmäßigen Schluß, der zu der Formel führt, gegenwärtig zu haben, also etwas in den Vorstellungen zu entwickeln, das gewissermaßen nicht appelliert an das Gedächtnis.

Das war für mich persönlich der Ausgangspunkt auf jenem Wege, der jeden Geistesforscher dazu führen muß, solche innere Seelenarbeit zu kultivieren, die dann wirklich zu einem veränderten Bewußtseinszustand führt, die man nennen könnte: kontemplatives Meditieren, Verweilen im inneren vorstellungsmäßigen Seelenleben. Aber dieses Vorstellungsarbeiten muß so eingerichtet sein, daß es, wenn dasselbe wieder auftreten soll, gewissermaßen aus demselben Impulse herauskommt, nicht eine wiederholte, erinnerungsmäßige Arbeit im Vorstellen ist.

Darf ich vom Heutigen sprechen, so muß ich wiederum sagen: Niemals wäre ich imstande, einen Vortrag wiederum in derselben Weise zu halten über dasselbe Thema. Jeder ist anders, weil ich es eigentlich nicht so durchmachen will, daß ich mir etwas merke (außer Anfang und Schluß), sondern daß in dem Momente, wo ich die Dinge ausspreche, sie sich wirklich auch gegenwärtig erzeugen. Also auch da kein Reflektieren auf dasjenige, was gedächtnismäßig bleiben kann.

Mißverstehen Sie mich nicht; es fällt mir nicht ein, etwa zu behaupten, daß Geistesforschung darinnen bestünde, das Gedächtnismäßige auszuschalten. Man würde den Menschen selbstverständlich unbrauchbar für das Leben machen, wenn man ihm das Gedächtnis nehmen würde. Es wird ihm ja auch nicht genommen, wenn er in dieser Weise sein Denken ausbildet, daß er in das gewöhnliche Seelenleben hinein solch eine Seelenbetätigung führt, die nötig macht, immer wieder und wiederum neu erzeugt zu werden, und die nicht auf das Erinnerungsvermögen reflektiert. [12] Es tritt nach und nach im Üben solcher nicht an die Erinnerung appellierender Vorstellungen eine Lebendigkeit auf, eine Erkraftung des Vorstellens, die, ohne daß man im Vorstellen Sinneswahrnehmungen hat, doch so lebendig ist, wie sonst nur das Seelenleben ist, wenn wir Sinneswahrnehmungen haben. Man kommt zu einem Vorstellen, zu einem bloßen Vorstellen, welches so kraftvoll, so gesättigt ist, so lebendig ist, wie sonst nur das Seelenleben ist, wenn es der ganzen vollsaftigen äußeren Sinneswelt gegenübersteht. [13]

Von meinem fünfzehnten Lebensjahre an gab ich Nachhilfestunden, entweder an Mitschüler desselben Jahrganges oder an Schüler, die in einem niedrigeren Jahrgange waren als ich selbst. Man vermittelte mir von Seite des Lehrerkollegiums gerne diesen Nachhilfeunterricht, denn ich galt ja als «guter Schüler». Und mir war dadurch die Möglichkeit geboten, wenigstens ein Geringes zu dem beizusteuern, was meine Eltern von ihrem kärglichen Einkommen für meine Ausbildung aufwenden mußten. Ich verdanke diesem Nachhilfeunterricht sehr viel. Indem ich den aufgenommenen Unterrichtsstoff an Andere weiterzugeben hatte, erwachte ich gewissermaßen für ihn. Denn ich kann nicht anders sagen, als daß ich die Kenntnisse, die mir selbst von der Schule übermittelt wurden, wie in einem Lebenstraume aufnahm. Wach war ich in dem, was ich mir selbst errang oder was ich von einem geistigen Wohltäter, wie dem erwähnten Wiener Neustädter Arzt, erhielt. Von dem, was ich so in einen vollbewußten Seelenzustand hereinnahm, unterschied sich beträchtlich (von dem), was wie traumbildhaft als Schulunterricht an mir vorüberging. Für die Umbildung dieses halbwach Aufgenommenen sorgte nun die Tatsache, daß ich meine Kenntnisse in den Nachhilfestunden beleben mußte. Andererseits war ich dadurch genötigt, mich in einem frühen Lebensalter mit praktischer Seelenkunde zu beschäftigen. Ich lernte die Schwierigkeiten der menschlichen Seelenentwickelung an meinen Schülern kennen. [14]

Ich habe ja, da ich von meinem 14., 15. Lebensjahre an, um überhaupt leben zu können, unterrichten mußte, immer Einzelunterricht geben mußte, mir diese (spätere Waldorf) -Pädagogik in der unmittelbaren Unterrichts- und Erziehungspraxis erwerben müssen. Ich bekam zum Beispiel, als ich ein ganz junger Mensch von 21 Jahren war, durch eine Familie die Erziehung von vier Buben übertragen. Unter denen war einer – er war dazumal 11 Jahre alt, als ich in die Familie als Hauslehrer kam –, der im höchsten Grade Hydrozephale war. Er hatte ganz merkwürdige Eigentümlichkeiten. Er aß nicht gern am Tische mit, sondern ging vom Tische weg in die Küche, wo jene Gefäße waren, in die man die Abfälle hineinwarf; dort aß er die Kartoffelschalen, aber auch mit dem Schmutz, der in diese Gefäße hineinkam. Er wußte mit 11 Jahren eigentlich noch gar nichts Besonderes. Man hatte probiert, ob er auf Grundlage des früheren Unterrichtes, den er bekommen hatte, die Aufnahmeprüfung in irgendeine Volksschulklasse machen könnte. Aber als er die Ergebnisse seiner Examenarbeit abgab, da war nur ein Heft da mit einem großen Loch drinnen, wo er etwas ausradiert hatte. Ich kam in die Familie, aber es verstand eigentlich niemand, daß ich die Absicht aussprach: Wenn man mir unter voller Verantwortung jetzt den Jungen gibt, dann verspreche ich nichts, sondern nur alles herauszuholen, was in dem Jungen ist. – Das verstand niemand, nur die Mutter, wie mit einem selbstverständlichen Blick, und der ausgezeichnete Hausarzt. Es war das jener Arzt, (Josef Breuer), der dann später mit Sigmund Freud zusammen die Psychoanalyse begründete. Und das führte dazu, daß dann der Junge von mir erzogen und unterrichtet wurde. In eineinhalb Jahren war der Kopf wesentlich kleiner geworden, und der Knabe war nun so weit, daß er ins Gymnasium gebracht werden konnte. Ich begleitete ihn dann in seiner Schulzeit noch weiter, er brauchte Nachhilfe, aber er konnte doch nach eineinhalb Jahren ins Gymnasium aufgenommen werden. Allerdings mußte seine Erziehung so ausgeführt werden, daß ich zuweilen anderthalb Stunden brauchte, um das vorzubereiten, was ich dem Knaben in einer Viertelstunde beibringen wollte. Denn es handelte sich eben darum, mit der größten Ökonomie an den Unterricht dieses Knaben heranzutreten, nie für irgend etwas mehr Zeit in Anspruch zu nehmen, als dazu nötig war. Es handelte sich auch darum, daß die Tageseinteilung mit aller Exaktheit gemacht wurde. Ich ordnete an: soviel muß der Knabe musizieren, soviel muß er turnen, soviel spazierengehen und so weiter. Dann aber, sagte ich mir, kann dasjenige mit dem Knaben durchgeführt werden, was aus ihm das herausbringt, was in ihm liegt. Der Knabe ging durch das Gymnasium, machte sein Studium, wurde Arzt, und er ist nur deshalb früh gestorben, weil er während des Weltkrieges als Arzt, der während des Krieges einberufen wurde, mit einer Krankheit infiziert wurde, an deren Folgen er starb. Aber er hat seinen ärztlichen Beruf recht gut auszuüben verstanden. [15]

Als ich 14 Jahre alt war, mußte ich damit beginnen, Privatunterricht zu geben; 15 Jahre lang, bis zum Beginne meines zweiten in Weimar verbrachten Lebensabschnittes, hielt mich das Schicksal in dieser Betätigung fest. Die Entfaltung der Seelen vieler Menschen im kindlichen und Jugendalter verband sich da mit meiner eigenen Entwickelung. [16]

Ich muß dem Schicksal dafür dankbar sein, daß es mich in ein solches Lebensverhältnis gebracht hat. Denn ich erwarb mir dadurch auf lebendige Art eine Erkenntnis der Menschenwesenheit, von der ich glaube, daß sie so lebendig auf einem andern Wege von mir nicht hätte erworben werden können. Ich hatte in meinem Leben, bevor ich in diese Familie eintrat, wenig Gelegenheit, an kindlichen Spielen teilzunehmen. Und so kam es, daß meine «Spielzeit» erst in meine zwanziger Jahre fiel. Ich mußte da auch lernen, wie man spielt. Denn ich mußte das Spielen leiten. Und ich tat es mit großer Befriedigung. Ich glaube sogar, ich habe im Leben nicht weniger gespielt als andere Menschen. Nur habe ich eben dasjenige, was man sonst vor dem zehnten Lebensjahre nach dieser Richtung vollbringt, vom drei- bis achtund-zwanzigsten Jahre nachgeholt. [17]

(Sogar solche Beobachtungen konnten bei diesem Unterricht gemacht werden:) Man kann sagen, daß die Ansteckungsgefahr doch eine außerordentlich starke ist bei der Pockenerkrankung. Nur sollte man nicht so leichtsinnig sein, just immer gleich an physische Vermittlung zu denken bei der Übertragung, sondern es sind sogar bei der Pockenerkrankung besonders stark vorliegend die psychischen Anlagen. Dafür könnte ein Beweis der sein, daß man sich sehr gut schützen kann, wenn man in der Lage ist, sich in rechter Art abzuschließen. Ich darf darüber deshalb sprechen, weil ich einmal als zweiundzwanzigjähriger Mensch einen Schüler unterrichtet habe, dessen Mutter mit schwarzen Pocken unmittelbar daneben lag, nur durch eine spanische Wand getrennt von der Stube, in der ich meinen Unterricht gab. Ich habe nichts dagegen gemacht, habe den Unterricht die ganze Zeit fortsetzt, bis die Mutter wieder gesund geworden ist. Aber ich habe es ganz gern getan, namentlich auch, um zu sehen, wie man sich schützen kann, wenn man absolut den Pockenkranken, also auch den an schwarzen Pocken Erkrankten, nimmt ganz objektiv wie ein anderes Objekt, wie einen Stein oder einen Strauch, dem gegenüber man gar keine weiteren Furchtgefühle noch sonst psychische Regungen hat, sondern ihn nimmt als eine objektive Tatsache. Da ist in der Tat der Ansteckungsgefahr in hohem Maße zu begegnen. Daher kann schließlich der psychische Faktor auch bei der Ansteckung stark mitspielen. [18]

Ich hielt mich damals für verpflichtet, durch die Philosophie die Wahrheit zu suchen. Ich sollte Mathematik und Naturwissenschaft studieren. Ich war überzeugt davon, daß ich dazu kein Verhältnis finden werde, wenn ich deren Ergebnisse nicht auf einen sicheren philosophischen Boden stellen könnte. Aber ich schaute doch eine geistige Welt als Wirklichkeit. Mit aller Anschaulichkeit offenbarte sich mir an jedem Menschen seine geistige Individualität. Diese hatte in der physischen Leiblichkeit und in dem Tun in der physischen Welt nur ihre Offenbarung. Sie vereinte sich mit dem, was als physischer Keim von den Eltern herrührte. Den gestorbenen Menschen verfolgte ich weiter auf seinem Wege in die geistige Welt hinein. [19]

Meine Bemühungen um naturwissenschaftliche Begriffe hatten mich schließlich dazu gebracht, in der Tätigkeit des menschlichen «Ich» den möglichen Ausgangspunkt für eine wahre Erkenntnis zu sehen. Wenn das Ich tätig ist und diese Tätigkeit selbst anschaut, so hat man ein Geistiges in aller Unmittelbarkeit im Bewußtsein, so sagte ich mir. Ich meinte, man müsse nun nur, was man so anschaut, in klaren, überschaubaren Begriffen ausdrücken. Um dazu den Weg zu finden, hielt ich mich an Fichtes «Wissenschaftslehre». Aber ich hatte doch meine eigenen Ansichten. Und so nahm ich denn die «Wissenschaftslehre» Seite für Seite vor und schrieb sie um. Es entstand ein langes Manuskript. Vorher hatte ich mich damit geplagt, für die Naturerscheinungen Begriffe zu finden, von denen aus man einen solchen für das «Ich» finden könne. Jetzt wollte ich umgekehrt von dem Ich aus in das Werden der Natur einbrechen. Geist und Natur standen damals in ihrem vollen Gegensatz vor meiner Seele. Eine Welt der geistigen Wesen gab es für mich. Daß das «Ich», das selbst Geist ist, in einer Welt von Geistern lebt, war für mich unmittelbare Anschauung. Die Natur wollte aber in die erlebte Geisteswelt nicht herein. Von der «Wissenschaftslehre» ausgehend bekam ich ein besonderes Interesse für die Fichte’schen Abhandlungen «Über die Bestimmung des Gelehrten» und «Über das Wesen des Gelehrten». In diesen Schriften fand ich eine Art Ideal, dem ich selbst nachstreben wollte. [20]

Ich habe in meinem Leben, als ich jung war, furchtbar langweilige Vorlesungen gehört. Ja, ich muß sagen, bevor die Vorlesung angefangen hat, da habe ich mich sogar gefreut auf die langweilige Vorlesung, weil das einen ebenso herausgebracht hat (aus dem physischen Körper) wie sonst im Leben das Schlafen. Also ich habe rechte Freude gehabt: Jetzt kannst du wieder einmal ein paar Stunden langweilige Vorlesungen hören. – Aber wenn die Vorlesung angefangen hatte und der Professor sprach, dann hatte ich fortwährend den Eindruck: Der redet ja fortwährend. Der stört einem die Langeweile noch! – Aber hinterher, da habe ich immer tief über alles Einzelne nachgedacht, was er gesagt hat. Es hat mich nicht im geringsten interessiert, aber ich habe jede Stunde von Anfang wiederum durchgemacht, ganz richtig durchgemacht, und manchmal eine Stunde so durchgemacht, daß es zwei Stunden gedauert hat, also diese natürliche Langeweile künstlich erzeugt. Da machen Sie eine sonderbare Entdeckung. Gerade am Ende des neunzehnten Jahrhunderts konnten Sie eine sonderbare Entdeckung machen. Denken Sie sich, Sie kommen gerade aus der Vorlesung eines riesigen Rhinozerosses – und die gibt es ja – und Sie haben sich fürchterlich gelangweilt. Jetzt konnten Sie – und das ist gerade am Ende des neunzehnten Jahrhunderts der Fall gewesen –, wie man sagt, meditieren über diese langweiligen Vorlesungen. Also alles, was Sie furchtbar gelangweilt hat, das rufen Sie sich wiederum in die Seele herein. Dann plötzlich erscheint einem da hinter dem Menschen, der einem wie ein Rhinozeros die größten Langweiligkeiten vorgetragen hat, nach und nach etwas wie ein höherer Mensch, wie ein ganz geistiger Mensch. Und die Lehrsäle verwandeln sich Ihnen – das ist so, daß man es in voller Vernünftigkeit begreifen kann – in der folgenden Weise. Und ich kenne viele Professoren vom Ende des neunzehnten Jahrhunderts, bei denen das der Fall war. Hinter denen erschienen immer die geistreichsten geistigen Menschen. Und ich kann Ihnen schon sagen: Wenn man nicht so Naturwissenschaft gelernt hat, wie sie sehr viele im neunzehnten Jahrhundert und bis heute noch gelernt haben, sondern wenn Sie, statt alles nachzuplappern, meditativ denken, immer wieder und wiederum denken, stunden-, stundenlang denken, dann dreht sich es wieder um und es kommt das Geistig-Richtige heraus. Und wenn Sie lange nachdacht haben über Pflanzen und Mineralien und lange dasjenige, was die Leute Ihnen heute in einer so furchtbar materialistischen Weise sagen, einfach durchdenken, dann kommen Sie zuletzt dazu die Bedeutung des Tierkreises, die Bedeutung der Sterne, die ganzen Geheimnisse der Sterne vor sich zu haben. [21]

Da geschah es, daß ich mit einem einfachen Manne aus dem Volke bekannt wurde. Er fuhr jede Woche mit demselben Eisenbahnzuge nach Wien, den ich auch benützte. Er sammelte auf dem Lande Heilkräuter und verkaufte sie in Wien an Apotheken. Wir wurden Freunde. Mit ihm konnte man über die geistige Welt sprechen wie mit jemand, der Erfahrung darin hatte. Er war eine innerlich fromme Persönlichkeit. In allem Schulmäßigen war er ungebildet. Er hatte zwar viele mystische Bücher gelesen; aber, was er sprach, war ganz unbeeinflußt von dieser Lektüre. Es war der Ausfluß eines Seelenlebens, das eine ganz elementarische, schöpferische Weisheit in sich trug. Man konnte bald empfinden: er las die Bücher nur, weil er, was er durch sich selbst wußte auch bei andern finden wollte. Ich habe manchen Menschen lächeln gesehen, der zuweilen als Dritter sich angeschlossen hatte, wenn ich mit diesem «Eingeweihten» durch die Wiener Alleegasse ging. Das war kein Wunder. Denn dessen Ausdrucksweise war nicht von vorneherein verständlich. Man mußte gewisser-maßen erst seinen «geistigen Dialekt» lernen. Auch mir war er anfangs nicht verständlich. Aber vom ersten Kennenlernen an hatte ich die tiefste Sympathie für ihn. Und so wurde es mir nach und nach, wie wenn ich mit einer Seele aus ganz alten Zeiten zusammen wäre, die unberührt von der Zivilisation, Wissenschaft und Anschauung der Gegenwart, ein instinktives Wissen der Vorzeit an mich heranbrächte. Mir blieb dieser Mann, auch als das Leben mich wieder von ihm weggeführt hatte, seelennahe. Man findet ihn in meinen Mysteriendramen in der Gestalt des Felix Balde. [22]

Nicht leicht wurde es damals meinem Seelenleben, daß die Philosophie, die ich von Andern vernahm, in ihrem Denken nicht bis an die Anschauung der geistigen Welt heranzubringen war. Aus den Schwierigkeiten , die ich nach dieser Richtung erlebte, fing sich in mir eine Art «Erkenntnistheorie» an zu bilden. Das Leben im Denken erschien mir allmählich als der in den physischen Menschen hereinstrahlende Abglanz dessen, was die Seele in der geistigen Welt erlebt. Gedanken-Erleben war mir das Dasein in einer Wirklichkeit, an die als an einer durch und durch erlebten sich kein Zweifel heranwagen konnte. Die Welt der Sinne erschien mir nicht so erlebbar. Sie ist da; aber man ergreift sie nicht wie den Gedanken. Da entstand die Frage: ist denn diese Welt eine volle Wirklichkeit? Wenn der Mensch an ihr aus seinem Innern die Gedanken webt, die dann Licht in diese Sinnenwelt bringen, bringt er dann auch tatsächlich etwas ihr Fremdes zu ihr hinzu? Das stimmt doch gar nicht zu dem Erlebnis, das man hat, wenn die Sinnenwelt vor dem Menschen steht, und er mit seinen Gedanken in sie einbricht. Dann erweisen sich doch die Gedanken als dasjenige, durch das die Sinnenwelt sich ausspricht. Die weitere Verfolgung dieses Nachsinnens war dazumal ein wichtiger Teil meines inneren Lebens. [23]

Ein ausschlaggebendes Erlebnis kam mir damals geradezu von der mathematischen Seite. Die Vorstellung des Raumes bot mir die größten inneren Schwierigkeiten. Er ließ sich als das allseitig ins Unendliche laufende Leere, als das er den damals herrschenden naturwissenschaftlichen Theorien zugrunde lag, nicht in überschaubarer Art denken. Durch die neuere (synthetische) Geometrie, die ich durch Vorlesungen und im Privatstudium kennen lernte, trat vor meine Seele die Anschauung, daß eine Linie, die nach rechts in das Unendliche verlängert wird, von links wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurückkommt. Der nach rechts liegende unendlich ferne Punkt ist derselbe wie der nach links liegende unendlich ferne. Mir kam vor, daß man mit solchen Vorstellungen der neueren Geometrie den sonst in Leere starrenden Raum begrifflich erfassen könne. Die wie eine Kreislinie in sich selbst zurückkehrende gerade Linie empfand ich wie eine Offenbarung. Ich ging aus der Vorlesung, in der mir das zuerst vor die Seele getreten ist, hinweg, wie wenn eine Zentnerlast von mir gefallen wäre. Ein befreiendes Gefühl kam über mich. Wieder kam mir, wie in meinen ganz jungen Knabenjahren, von der Geometrie etwas Beglückendes. [24]

Mir erschien damals der Darwinismus in seinen höchsten Ideen als eine wissenschaftliche Unmöglichkeit. Ich war nach und nach dazu gekommen, mir ein Bild des Menschen-Innern zu machen. Das war geistiger Art. Und es war als ein Glied einer geistigen Welt gedacht. Es war so vorgestellt, daß es aus der Geisteswelt in das Naturdasein untertaucht, sich dem natürlichen Organismus eingliedert, um durch denselben in der Sinneswelt wahrzunehmen und zu wirken. Von diesem Bilde konnte ich mir auch dadurch nichts abdingen lassen, daß ich vor den Gedankengängen der organischen Entwickelungslehre eine gewisse Achtung hatte. Das Hervorgehen höherer Organismen aus niederen schien mir eine fruchtbare Idee. Ihre Vereinigung mit dem, was ich als Geisteswelt kannte, unermeßlich schwierig. [25]

Eine starke Anregung erhielt ich durch das Lesen von Schillers «Briefen über ästhetische Erziehung des Menschen». Der Hinweis darauf, daß das menschliche Bewußtsein zwischen verschiedenen Zuständen gleichsam hin und her schwinge, bot eine Anknüpfung an das Bild, das ich mir von dem inneren Wirken und Weben der menschlichen Seele gemacht hatte. Schiller unterscheidet zwei Bewußtseinszustände, in denen der Mensch sein Verhältnis zur Welt entwickelt. Überläßt er sich dem, was in ihm sinnlich wirkt, so lebt er unter der Nötigung der Natur. Die Sinne und die Triebe bestimmen sein Leben. Stellt er sich unter die logische Gesetzmäßigkeit der Vernunft, so lebt er in einer geistigen Notwendigkeit. Aber er kann einen mittleren Bewußtseinszustand in sich entwickeln. Er kann die «ästhetische Stimmung» ausbilden die weder einseitig an die Naturnötigung, noch an die Vernunftnotwendigkeit hingegeben ist. In dieser ästhetischen Stimmung lebt die Seele durch die Sinne; sie trägt in die sinnliche Anschauung und in das von Sinnlichkeit angeregte Handeln ein Geistiges hinein. Man nimmt mit den Sinnen wahr, aber so, als ob das Geistige in die Sinne eingeströmt wäre. Man überläßt sich im Handeln dem Wohlgefallen des unmittelbaren Begehrens, aber man hat dieses Begehren so veredelt, daß ihm das Gute gefällt, das Schlechte mißfällt. Die Vernunft ist da eine innige Verbindung mit der Sinnlichkeit eingegangen. Das Gute wird zum Instinkt; der Instinkt darf sich selbst die Richtung geben, weil er in sich den Charakter der Geistigkeit angenommen hat. Schiller sieht in diesem Bewußtseinszustand diejenige Seelenverfassung, durch die der Mensch die Werke der Schönheit erleben und hervorbringen kann. In der Entwickelung dieses Zustandes findet er das Aufleben des wahren Menschenwesens im Menschen. Mich zogen diese Schiller’schen Gedankengänge an. Sie sprachen davon, daß man das Bewußtsein erst in einer bestimmten Verfassung haben müsse, um ein Verhältnis zu den Erscheinungen der Welt zu gewinnen, das der Wesenheit des Menschen entspricht. Mir war damit etwas gegeben, das die Fragen, die sich für mich aus Naturbetrachtung und Geist-Erleben stellten, zu einer größeren Deutlichkeit brachte. Schiller hat von dem Bewußtseinszustand gesprochen, der da sein muß, im die Schönheit der Welt zu erleben. Konnte man nicht auch an einen solchen Bewußtseinszustand denken, der die Wahrheit im Wesen der Dinge vermittelt? Wenn das berechtigt ist, dann kann man nicht in Kantscher Art das zunächst gegebene menschliche Bewußtsein betrachten und untersuchen, ob dieses an das wahre Wesen der Dinge herankommen könne. Sondern man mußte erst den Bewußtseinszustand erforschen, durch den der Mensch sich in ein solches Verhältnis zur Welt setzt, daß ihm die Dinge und Tatsachen ihr Wesen enthüllen.

Und ich glaubte, zu erkennen, daß ein solcher Bewußtseinszustand bis zu einem gewissen Grade erreicht sei, wenn der Mensch nicht nur Gedanken habe, die äußere Dinge und Vorgänge abbilden, sondern solche, die er als Gedanken selbst erlebt. Dieses Leben in Gedanken offenbarte sich mir als ein ganz anderes als das ist, in dem man das gewöhnliche Dasein und auch die gewöhnliche wissenschaftliche Forschung verbringt. Geht man immer weiter in dem Gedanken-Erleben, so findet man, daß diesem Erleben die geistige Wirklichkeit entgegenkommt. Man nimmt den Seelenweg zu dem Geiste hin. Aber man gelangt auf diesem inneren Seelenwege zu einer geistigen Wirklichkeit, die man dann auch im Innern der Natur wiederfindet. Man erringt eine tiefere Naturerkenntnis, indem man sich der Natur dann gegenüberstellt, wenn man im lebendigen Gedanken die Wirklichkeit des Geistes geschaut hat. [26]

Mir wurde immer klarer, wie durch das Hinwegschreiten über die gewöhnlichen abstrakten Gedanken zu denjenigen geistigen Schauungen, die aber doch die Besonnenheit und Helligkeit des Gedankens sich bewahren, der Mensch sich in eine Wirklichkeit einlebt, von der ihn das gewöhnliche Bewußtsein entfernt. Dieses hat die Lebendigkeit der Sinneswahrnehmung auf der einen Seite, die Abstraktheit des Gedanken-Bildens auf der andern. Die geistige Schauung nimmt den Geist wahr wie die Sinne die Natur; aber sie steht mit dem Denken der geistigen Wahrnehmung nicht ferne wie das gewöhnliche Bewußtsein mit seinem Denken der Sinneswahrnehmung, sondern sie denkt, indem sie das Geistige erlebt, und sie erlebt, indem sie die erwachte Geistigkeit im Menschen zum Denken bringt.

Eine geistige Schauung stellte sich mir vor die Seele hin, die nicht auf einem dunklen mystischen Gefühle beruhte. Sie verlief vielmehr in einer geistigen Betätigung, die an Durchsichtigkeit dem mathematischen Denken sich voll vergleichen ließ. Ich näherte mich der Seelenverfassung, in der ich glauben konnte, ich dürfe die Anschauung von der Geisteswelt, die ich in mir trug, auch vor dem Forum des natur-wissenschaftlichen Denkens für gerechtfertigt halten. Ich stand, als diese Erlebnisse durch meine Seele zogen, in meinem zweiundzwanzigsten Lebensjahre. [27]

Für die Form des Geist-Erlebens, die ich damals in mir auf eine sichere Grundlage bringen wollte, wurde das Musikalische von einer krisenhaften Bedeutung. Es lebte sich zu dieser Zeit in der geistigen Umgebung, in der ich mich befand, der «Streit um Wagner» in der heftigsten Art aus. Ich hatte während meines Knaben- und Jugendlebens jede Gelegenheit benützt, um mein Musikverständnis zu fördern. Die Stellung, die ich zum Denken hatte, brachte das mit sich. Für mich hatte das Denken Inhalt durch sich selbst. Es bekam ihn nicht bloß durch die Wahrnehmung, die es ausdrückt. Das aber führte wie mit Selbstverständlichkeit in das Erleben des reinen musikalischen Tongebildes als solchen hinüber. Die Welt der Töne an sich war mir die Offenbarung einer wesentlichen Seite der Wirklichkeit. Daß das Musikalische über die Töne-Formung hinaus noch etwas «ausdrücken» sollte, wie es von den Anhängern Wagners damals in allen möglichen Arten behauptet wurde, schien mir ganz «unmusikalisch». [28]

Meine Liebe zur «reinen Musik» wuchs durch mehrere Jahre; mein Abscheu gegen die «Barbarei» einer «Musik als Ausdruck» wurde immer größer. Und dabei hatte ich das Schicksal, daß ich in menschliche Umgebungen kam, in denen fast ausschließlich Wagner-Verehrer waren. Das alles trug viel dazu bei, daß es mir – viel – später recht sauer wurde, mich bis zu dem Wagner-Verständnis durchzuringen, das ja das menschlich Selbstverständliche gegenüber einer so bedeutenden Kulturerscheinung ist. Doch dieses Ringen gehört einer späteren Zeit meines Lebens an. In der hier geschilderten war mir z. B. eine Tristanaufführung, in die ich einen Schüler von mir begleiten mußte, «ertötend langweilig». [29]

Von besonderer Bedeutung aber wurden für mich die Vorlesungen, die Karl Julius Schröer damals über die deutsche Literatur an der technischen Hochschule hielt. Er las im ersten Jahre meines Hochschulstudiums über «Deutsche Literatur seit Goethe» und über «Schillers Leben und Werke». Schon von seiner ersten Vorlesung an war ich gefesselt. [30]

Schröer war Idealist; und die Ideenwelt als solche war für ihn das, was in Natur- und Menschenschöpfung als treibende Kraft wirkte. Mir war die Idee der Schatten einer volllebendigen Geisteswelt. Ich fand es damals sogar schwierig, für mich selbst den Unterschied zwischen Schröers und meiner Denkungsart in Worte zu bringen. Er redete von Ideen als von den treibenden Mächten in der Geschichte. Er fühlte Leben in dem Dasein der Ideen. Für mich war das Leben des Geistes hinter den Ideen, und diese nur dessen Erscheinung in der Menschenseele. Ich konnte damals kein anderes Wort für meine Denkungsart finden als «objektiver Idealismus». Ich wollte damit sagen, daß für mich das Wesentliche an der Idee nicht ist, daß sie im menschlichen Subjekt erscheint, sondern daß sie wie etwa die Farbe am Sinneswesen an dem geistigen Objekte erscheint, und daß die menschliche Seele – das Subjekt – sie da wahrnimmt, wie das Auge die Farbe an einem Lebewesen. [31]

Mein Verhältnis zur Naturwissenschaft wurde in dieser Zeit meines Lebens, trotzdem ich im Umgange mit Schröer an Goethes Geistesleben nahe herankam, von dieser Seite her nicht beeinflußt. Es bildete sich vielmehr an den Schwierigkeiten aus, die ich hatte, wenn ich die Tatsachen der Optik im Sinne der Physiker nachdenken sollte. Ich fand, daß man das Licht und den Schall in der naturwissenschaftlichen Betrachtung in einer Analogie dachte, die unstatthaft ist. Man sprach von «Schall im Allgemeinen» und «Licht im Allgemeinen». Die Analogie lag im Folgenden: man sieht die einzelnen Töne und Klänge als besonders modifizierte Luftschwingungen an, und das Objektive des Schalles, außer dem menschliche Erlebnis der Schallempfindung, als einen Schwingungszustand der Luft. Ähnlich dachte man für das Licht. Man definierte, was außer dem Menschen sich abspielt, wenn er eine durch das Licht bewirkte Erscheinung wahrnimmt, als Schwingung im Äther. Die Farben sind dann besonders gestaltete Ätherschwingungen. Mir wurde damals diese Analogie zu einem wahren Peiniger meines Seelenlebens. Denn ich vermeinte, völlig im klaren darüber zu sein, daß der Begriff «Schall» nur eine abstrakte Zusammenfassung der einzelnen Vorkommnisse in der tönenden Welt ist, während «Licht» für sich ein Konkretes gegenüber den Erscheinungen in der beleuchteten Welt darstellt. – «Schall» war für mich ein zusammengefaßter abstrakter Begriff, «Licht» eine konkrete Wirklichkeit. Ich sagte mir, das Licht wird gar nicht sinnlich wahrgenommen; es werden «Farben» wahrgenommen durch Licht, das sich in der Farbenwahrnehmung überall offenbart, aber nicht selbst sinnlich wahrgenommen wird. «Weißes» Licht ist nicht Licht, sondern schon eine Farbe.

So wurde mir das Licht eine wirkliche Wesenheit in der Sinneswelt, die aber selbst außersinnlich ist. Es trat nun der Gegensatz des Nominalismus und Realismus vor meiner Seele auf, wie er sich innerhalb der Scholastik ausgebildet hat. Man behauptete bei den Realisten, die Begriffe seien Wesenhaftes, das in den Dingen lebt und nur von der menschlichen Erkenntnis aus ihnen herausgeholt wird. Die Nominalisten faßten dagegen die Begriffe nur als vom Menschen geformte Namen auf, die Mannigfaltiges in den Dingen zusammenfassen, in diesen selbst aber kein Dasein haben. Ich empfand nun, man müsse die Schall-Erlebnisse auf nominalistische und die Erlebnisse, die durch das Licht da sind, auf realistische Art ansehen. Ich trat mit dieser Orientierung an die Optik der Physiker heran. Ich mußte in dieser vieles ablehnen. Da gelangte ich zu Anschauungen, die mir den Weg zu Goethes Farbenlehre bahnten. Von dieser Seite her öffnete ich mir das Tor zu Goethes naturwissenschaftlichen Schriften. Ich brachte zunächst kleine Abhandlungen, die ich aus meinen naturwissenschaftlichen Anschauungen heraus schrieb, zu Schröer. Er konnte damit nicht viel machen. Denn sie waren nicht aus Goethes Anschauungsart heraus gearbeitet, sondern ich hatte am Schlusse nur die kurze Bemerkung angebracht: wenn man dazu kommen werde, über die Natur so zu denken, wie ich es dargestellt habe, dann erst werde Goethes Naturforschung in der Wissenschaft Gerechtigkeit widerfahren.

In den Anschauungen, die ich über die physikalische Optik gewann, schien sich mir die Brücke zu bauen von den Einsichten in die geistige Welt zu denen, die aus der naturwissenschaftlichen Forschung kommen. Ich wurde gewahr, wie alles derartige Experimentieren nur ein Herstellen von Tatsachen «am Lichte» — um einen Goethe’schen Ausdruck zu gebrauchen – sei, nicht ein Experimentieren «mit dem Lichte» selbst. Ich sagte mir: die Farbe wird nicht nach Newton’scher Denkungsweise aus dem Lichte hervorgeholt; sie kommt zur Erscheinung, wenn dem Lichte‚ Hindernisse seiner freien Entfaltung entgegengebracht werden. Mir schien, daß dies aus den Experimenten unmittelbar abzulesen sei. Damit aber war für mich das Licht aus der Reihe der eigentlichen physikalischen Wesenhaftigkeiten ausgeschieden. Es stellte sich als eine Zwischenstufe dar zwischen den für die Sinne faßbaren Wesenhaftigkeiten und den im Geiste anschaubaren. Ich war abgeneigt, über diese Dinge mich bloß in philosophischen Denkvorgängen zu bewegen. Aber ich hielt sehr viel darauf, die Tatsachen der Natur richtig zu lesen. Und da wurde mir immer klarer, wie das Licht selbst in den Bereich des Sinnlich-Anschaubaren nicht eintritt, sondern jenseits desselben bleibt, während die Farben erscheinen, wenn das Sinnlich-Anschaubare in den Bereich des Lichtes gebracht wird. [32]

Und ich meinerseits muß gestehen, daß mir, seit ich in die Naturwissenschaften eindrang, das allerwertvollste an ihnen war diese Denkschulung, diese gewissenhafte Disziplin des Denkens und Forschens. Und mehr als von einzelnen Resultaten der Naturwissenschaft bin ich ausgegangen stets von demjenigen, was das naturwissenschaftliche Forschen in einem als Denkschulung heranerzieht. [33] (Vortrag in Stuttgart vom 25.5.1921)

(Durch die Goethesche Metamorphosenlehre) wurde ich immer mehr gewahr, wie das für die Sinne erfaßbare Naturbild zu dem hindrängt, was mir auf geistige Art anschaubar war. Blickte ich in dieser geistigen Art auf die seelische Regsamkeit des Menschen, auf Denken, Fühlen und Wollen, so gestaltete sich mir der «geistige Mensch» bis zur bildhaften Anschaulichkeit. Ich konnte nicht stehen bleiben bei den Abstraktionen, an die man gewöhnlich denkt, wenn man von Denken, Fühlen und Wollen spricht. Ich sah in diesen inneren Lebensoffenbarungen schaffende Kräfte, die den «Menschen als Geist» im Geiste vor mich hinstellten. Blickte ich dann auf die sinnliche Erscheinung des Menschen, so ergänzte sich mir diese im betrachtenden Blicke durch die Geistgestalt, die im Sinnlich-Anschaubaren waltet. Ich kam auf die sinnlich-übersinnliche Form, von der Goethe spricht, und die sich sowohl für eine wahrhaft naturgemäße wie auch für eine geistgemäße Anschauung zwischen das Sinnlich-Erfaßbare und das Geistig-Anschaubare einschiebt.

Anatomie und Physiologie drängten Schritt für Schritt zu dieser sinnlich-übersinnlichen Form. Und in diesem Drängen fiel mein Blick zuerst in einer noch ganz unvollkommenen Art auf die Dreigliederung der menschlichen Wesenheit, von der ich erst, nachdem ich im stillen dreißig Jahre lang die Studien über sie getrieben hatte, öffentlich in meinem Buche «Von Seelenrätseln» (GA 21) zu sprechen begann. [34]

Ich fand damals niemanden, zu dem ich von diesen Anschauungen hätte sprechen können. Deutete ich da oder dort etwas von ihnen an, so sah man sie als das Ergebnis einer philosophischen Idee an, während ich doch gewiß war, daß sie sich mir aus einer vorurteilsfreien anatomischen und physiologischen Erfahrungserkenntnis heraus geoffenbart hatten. [35]

Ich war schon in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts in dem gemütlichen Wien fast jeden Nachmittag nach zwei Uhr eine Stunde zusammen mit allen möglichen gescheiten Leuten. Da ist im Verlaufe einer Stunde die soziale Frage jeden Nachmittag mehrmals gelöst worden! Und derjenige, der unbefangen genug in die Verhältnisse der Gegenwart hineinsieht, weiß schon ganz gut, daß Lösungen, die heute oftmals in dicken Büchern auftreten, auch nicht viel mehr wert sind, als die, welche damals in Wien mit einigen Bleistiftstrichen und vielen fanatischen Worten über einer weißen Tischplatte verhandelt worden sind. [36]

Auf Schröers Empfehlung hin lud mich 1882 Joseph Kürschner ein, innerhalb der von ihm veranstalteten «Deutschen Nationalliteratur» Goethes naturwissenschaftliche Schriften mit Einleitungen und fortlaufenden Erklärungen herauszugeben. Schröer, der selbst für dieses große Sammelwerk die Dramen Goethes übernommen hatte, sollte den ersten der von mir zu besorgenden Bände mit einem einführenden Vorworte versehen. Für mich schloß diese Aufgabe eine Auseinandersetzung mit der Naturwissenschaft auf der einen, mit Goethes ganzer Weltanschauung auf der andern Seite ein. Ich mußte, da ich nun mit einer solchen Auseinandersetzung vor die Öffentlichkeit zu treten hatte, alles, was ich bis dahin als Weltanschauung mir errungen hatte, zu einem gewissen Abschluß bringen.

Ich hatte mich bis dahin nur in wenigen Zeitungsaufsätzen schriftstellerisch betätigt. Mir wurde nicht leicht, was in meiner Seele lebte in einer solchen Art niederzuschreiben, daß ich diese der Veröffentlichung wert halten konnte. Ich hatte immer das Gefühl, daß das im Innern Erarbeitete in einer armseligen Gestalt erschien, wenn ich es in eine fertige Darstellung prägen sollte. So wurden mir alle schriftstellerischen Versuche zu einem fortwährenden Quell innerer Unbefriedigung. [37] Wenn ich meine Bücher schreibe, dann bin ich in einer fortwährenden Unruhe, die Sprache richtig zu gestalten, daß die Menschen auch das verstehen können, was geschrieben wird. Es ist etwas Neues, was man da mit der Sprache schaffen muß. Die heutigen gelehrten Menschen sagen einfach, ich schreibe einen schlechten Stil, ich schreibe kein ordentliches Deutsch, weil die gewohnt sind, die Worte nur so hintereinander zu setzen, wie es der Geh-Mechanismus macht. Sie reden nicht aus der Seele heraus. Daher sind sie nicht gewohnt, daß man seine Sätze etwas anders formt, als sie es tun. [38]

Was Goethe im einzelnen über dieses oder jenes Gebiet der Naturerkenntnis gedacht und erarbeitet hatte, schien mir von geringerer Bedeutung neben der zentralen Entdeckung, die ich ihm zuschreiben mußte. Diese sah ich darin, daß er gefunden hat, wie man über das Organische denken müsse, um ihm erkennend beizukommen.

Ich fand, daß die Mechanik das Erkenntnisbedürfnis aus dem Grunde befriedigt, weil sie auf eine rationelle Art im Menschengeiste Begriffe ausbildet, die sie dann in der Sinnes-Erfahrung des Leblosen verwirklicht findet. Goethe stand als der Begründer einer Organik vor mir, die in der gleichen Art sich zu dem Belebten verhält. Wenn ich in der Geschichte des neueren Geisteslebens auf Galilei sah, so mußte ich bemerken, wie er durch die Ausbildung von Begriffen über das Anorganische der neueren Naturwissenschaft ihre Gestalt gegeben hat. Was er für das Anorganische geleistet hat, das hat Goethe für das Organische angestrebt. Mir wurde Goethe zum Galilei der Organik. Im Erkennen des Anorganischen wird Begriff an Begriff gereiht, um den Zusammenhang von Kräften zu überschauen, die eine Wirkung in der Natur hervorbringen. Dem Organischen gegenüber ist es notwendig, einen Begriff aus dem andern so hervorwachsen zu lassen, daß in der fortschreitenden lebendigen Begriffsverwandlung Bilder dessen entstehen, was in der Natur als gestaltete Wesen erscheint. Das hat Goethe dadurch erstrebt, daß er von dem Pflanzenblatte ein Ideenbild im Geiste festzuhalten versuchte, das nicht ein starrer, lebloser Begriff ist, sondern ein solcher, der sich in den verschiedensten Formen darstellen kann. Läßt man im Geiste diese Formen auseinander hervorgehen, so konstruiert man die ganze Pflanze. Man schafft auf ideelle Art den Vorgang in der Seele nach, durch den die Natur in realer Art die Pflanze gestaltet. Sucht man in dieser Art das Pflanzenwesen zu begreifen, so steht man dem Natürlichen mit dem Geiste viel näher, als bei dem Erfassen des Anorganischen mit den gestaltlosen Begriffen. [39] So angesehen, wird die Goethe’sche Naturbetrachtung eine solche, die, indem sie das natürliche Werden vom Anorganischen zu dem Organischen stufenweise verfolgt, die Naturwissenschaft allmählich in eine Geisteswissenschaft überführt. [40]

Es war am Ende der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts, als mir – wenn ich mich trivial ausdrücken darf – zuerst der Knopf über das Märchen Goethes von der grünen Schlange aufgegangen ist. Niemals habe ich wiederum den Weg verlassen, der immer weiter und weiter führen soll zum Verständnis Goethes an der Hand dieser gewaltigen Imagination, die in dem «Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie» ausgeführt sind. [41] Nicht die Erklärung, wohl aber die Anregungen zu seelischem Erleben, die mir von der Beschäftigung mit dem Märchen kamen, waren mir wichtig. Diese Anregungen wirkten dann in meinem folgenden Seelenleben fort bis in die Gestaltung meiner später geschaffenen Mysteriendramen hinein. Für meine Arbeiten, die sich an Goethe anlehnten, konnte ich aber gerade durch das Märchen nicht viel gewinnen. [42]

Wenn man heute die Goethesche Metamorphosenlehre ansieht, wie sie durch Goethe hat werden können, der ein gescheiter Mensch war. Sie ist ja eine völlige Abstraktion, wie etwas, das überall Ansätze hat das aber überall schon dabei stehenbleiben muß, zu zeigen, wie das Blatt in der Blüte lebt, wie sich ein Blütenblatt umwandelt in ein Staubblatt, also eine ganz elementare Metamorphose ins Auge faßt, beim Tier und Menschen dabei stehen bleibt, die Umwandelung der Wirbelknochen in Schädelknochen scheu anzuführen. Überall ist man über das Elementare nicht hinausgegangen. Ich selber war erschüttert, ich sagte mir: Ist denn nicht Goethe aufgegangen – daran krankte ich in den achtziger Jahren –, daß das ganze Gehirn die Umwandelung eines einzigen Gehirnganglions ist? Geistig konnte ich schauen, daß es ihm aufgegangen war. Dann aber fiel mir erst auf seine Zurückhaltung, das auszusagen, was ihm aufgegangen war. Als ich nach Weimar kam, fand ich in einem mit Bleistift geschriebenen Notizbüchlein die Notiz: Das Gehirn ist ein transformiertes Hauptganglion. – Das ist erst in den neunziger Jahren durch meine Bemühungen gedruckt worden. In den neunziger Jahren ist ja plötzlich ein ganz neuer Schriftsteller aufgetreten: Goethe wurde sozusagen der fruchtbarste Schriftsteller am Ende des neunzehnten Jahrhunderts. [43]

Ich habe das entschiedene Bedürfnis gehabt, zunächst an Goethe heran-zutreten, indem ich von seinen naturwissenschaftlichen Schriften und von der Naturwissenschaft überhaupt mir den Weg zu ihm gebahnt habe. Erst verhältnismäßig spät ist das Bedürfnis entstanden, ihn unmittelbar auch als geistige Individualität in der geistigen Welt gegenüber zu haben. Das war nicht das erste. Das erste war, ihn sozusagen als Sternenmenschen nach seinem Tode im ganzen Weltenzusammenhang, im kosmischen Zusammenhang zu haben, nicht persönlich-individuell. [44]

In meinen Einleitungen zu «Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften» ist auf keine hellseherische Erkenntnis Rücksicht genommen, aber es ist gezeigt, inwieweit der Mensch ohne hellseherische Erkenntnis zur Anerkennung der Realität von Farbe, Ton usw. kommen kann. Dies hat man nicht verstanden. [45]

Im Grunde genommen hatte sich mir die Idee zur «Philosophie der Freiheit»* gebildet beim Durchgehen, das ich ja seit langen Jahren zu pflegen hatte, durch die Goethesche Weltanschauung. [46] Aber gerade in dieser Zeit reiften die ersten Gedanken zu meiner später erschienenen «Philosophie der Freiheit» heran. In dem Sendschreiben (an die Pessimistin Marie Eugenie) delle Grazie über «Die Natur und unsere Ideale» liegt in den folgenden Sätzen die Urzelle dieses Buches: «Unsere Ideale sind nicht mehr flach genug, um von der oft so schalen, so leeren Wirklichkeit befriedigt zu werden. – Dennoch kann ich nicht glauben, daß es keine Erhebung aus dem tiefen Pessimismus gibt, der aus dieser Erkenntnis hervorgeht. Diese Erhebung wird mir, wenn ich auf die Welt unseres Innern schaue, wenn ich an die Wesenheit unserer idealen Welt näher herantrete. Sie ist eine in sich abgeschlossene, in sich vollkommene Welt, die nichts gewinnen, nichts verlieren kann durch die Vergänglichkeit der Außendinge». [47]

(In dieser Zeit trat auch schon die Theosophie* in das Gesichtsfeld): Ich hatte gerungen mit dem Rätsel der wiederholten Erdenleben des Menschen. Manche Anschauung in dieser Richtung war mir aufgegangen, wenn ich Menschen nahegetreten war, die in dem Habitus ihres Lebens, in dem Gepräge ihrer Persönlichkeit unschwer die Spuren eines Wesensinhaltes offenbaren, den man nicht in dem suchen darf, was sie durch die Geburt ererbt und seit dieser erfahren haben. Aber in dem Mienenspiel, in jeder Gebärde (des Dichters) Fercher von Steinwand zeigte sich mir die Seelenwesenheit, die nur gebildet sein konnte in der Zeit vom Anfange der christlichen Entwickelung, da noch griechisches Heidentum nachwirkte in dieser Entwickelung. Eine solche Anschauung gewinnt man nicht, wenn man über die zunächst sich aufdrängenden Äußerungen einer Persönlichkeit sinnt; man fühlt sie erregt durch die solche Äußerungen scheinbar begleitenden, in Wirklichkeit aber sie unbegrenzt vertiefenden, in die Intuition eintretenden Züge der Individualität. Man gewinnt sie auch nicht, wenn man sie sucht, während man mit der Persönlichkeit zusammen ist, sondern erst dann, wenn der starke Eindruck nachwirkt und wie eine belebte Erinnerung wird, in der das im äußeren Leben Wesentliche sich auslöscht und das sonst «Unwesentliche» beginnt eine ganz deutliche Sprache zu reden. Wer Menschen «beobachtet», um ihre vorangegangenen Erdenleben zu enträtseln, der kommt ganz gewiß nicht zum Ziele. Solche Beobachtung muß man wie eine Beleidigung empfinden, die man den Beobachteten zufügt; dann erst kann man hoffen, daß wie durch eine von der geistigen Außenwelt kommende Schicksalsfügung sich das Langvergangene des Menschen in dem Gegenwärtigen enthüllt. In der Zeit, in der sich mir über die wiederholten Erdenleben konkrete Anschauungen immer mehr herausbildeten, lernte ich die theosophische Bewegung kennen, die von H. P. Blavatsky ausgegangen ist. Sinnetts «Esoterischer Buddhismus» kam mir durch einen Freund in die Hände, zu dem ich über diese Dinge sprach. Dieses Buch, das erste, das ich aus der theosophischen Bewegung kennen lernte, machte auf mich gar keinen Eindruck. Und ich war froh darüber, dieses Buch nicht gelesen zu haben, bevor ich Anschauungen aus dem eigenen Seelenleben heraus hatte. Denn sein Inhalt war für mich abstoßend; und die Antipathie gegen diese Art, das Übersinnliche darzustellen, hätte mich wohl verhindert, auf dem Wege, der mir vorgezeichnet war, zunächst weiter fortzuschreiten. [48]

Ich blickte zurück auf die Zeit, in der Goethe und die mit ihm Wirkenden den Idealismus auf eine menschenwürdige Höhe gebracht hatten. Ich erkannte die Notwendigkeit, durch das Tor dieses Idealismus in die wirkliche Geistwelt einzudringen. Mir erschien dieser Idealismus als der herrliche Schatten, den nicht die Sinnenwelt hinein in die Seele des Menschen wirft, sondern als derjenige, der aus einer geistigen in das Innere des Menschen fällt, und der eine Aufforderung darstellt, von dem Schatten aus die Welt zu erreichen, die den Schatten wirft. [49]

(Zu den Grundlagen des philosophischen Hauptwerkes «Philosophie der Freiheit» können wir lesen): Hegel und die, die ähnlich wie er dachten, fanden den Inhalt der Kunst in dem sinnlichen Erscheinen der «Idee». Wenn die «Idee» im sinnlichen Stoffe erscheint, so offenbart sie sich als das Schöne. Dies war ihre Ansicht. Aber die auf diesen Idealismus folgende Zeit wollte ein Wesenhaftes der «Idee» nicht mehr anerkennen. Weil die Idee der idealistischen Weltanschauung, so wie sie im Bewußtsein der Idealisten lebte, nicht auf eine Geistwelt hinwies, konnte sie sich bei den Nachfolgern nicht als etwas behaupten, das Wirklichkeitswert hatte. Und so entstand die «realistische» Ästhetik, die nicht auf das Scheinen der Idee im sinnlichen Bilde beim Kunstwerk hinsah, sondern nur auf das sinnliche Bild, das aus den Bedürfnissen der Menschennatur heraus im Kunstwerk eine unwirkliche Form annimmt.

Ich wollte im Kunstwerk als das Wesentliche dasjenige ansehen, was den Sinnen erscheint. Aber mir zeigte sich der Weg, den der wahre Künstler in seinem Schaffen geht, als ein Weg zum wirklichen Geiste. Er geht aus von dem, was sinnlich wahrnehmbar ist; aber er gestaltet dieses um. Bei dieser Umgestaltung läßt er sich nicht von einem bloß subjektiven Drang leiten, sondern er sucht dem sinnlich Erscheinenden eine Form zu geben, die es so zeigt, als ob das Geistige selbst da stehe. Nicht die Erscheinung der Idee in der Sinnenform ist das Schöne, so sagte ich mir, sondern die Darstellung des Sinnlichen in der Form des Geistes. So erblickte ich in dem Dasein der Kunst ein Hereinstellen der Geist-Welt in die sinnliche. Der wahre Künstler bekennt sich mehr oder weniger unbewußt zum Geiste. Und es bedarf nur – so sagte ich mir damals immer wieder – der Umwandlung derjenigen Seelenkräfte, die im Künstler an dem sinnlichen Stoffe wirken, zu einem sinnenfreien, rein geistigen Anschauen, um in die Erkenntnis der geistigen Welt einzudringen.

Es gliederten sich mir dazumal die wahre Erkenntnis, die Erscheinung des Geistigen in der Kunst und das sittliche Wollen im Menschen zu einem Ganzen zusammen. In der menschlichen Persönlichkeit mußte ich einen Mittelpunkt sehen, in dem diese ganz unmittelbar mit dem ursprünglichsten Wesen der Welt zusammenhängt. Aus diesem Mittelpunkt heraus quillt das Wollen. Und wirkt in dem Mittelpunkt das klare Licht des Geistes, so wird das Wollen frei. Der Mensch handelt dann in Übereinstimmung mit der Geistigkeit der Welt die nicht aus einer Notwendigkeit, sondern nur in der Verwirklichung des eigenen Wesens schöpferisch wird. In diesem Mittelpunkte des Menschen werden nicht aus dunklen Antrieben heraus, sondern aus «moralischen Intuitionen» Tatenziele geboren, aus Intuitionen, die in sich so durchsichtig sind wie die durchsichtigsten Gedanken. So wollte ich durch das Anschauen des freien Wollens den Geist finden, durch den der Mensch als Individualität in der Welt ist. Durch die Empfindung des wahren Schönen wollte ich den Geist schauen, der durch den Menschen wirkt, wenn er im Sinnlichen sich so betätigt, daß er sein eigenes Wesen nicht bloß geistig als freie Tat darstellt, sondern so, daß dieses sein Geistwesen hinausfließt in die Welt, die zwar aus dem Geiste ist, aber diesen nicht unmittelbar offenbart. Durch die Anschauung des Wahren wollte ich den Geist erleben, der sich in seinem eigenen Wesen offenbart, dessen geistiger Abglanz die sittliche Tat ist, und zu dem das künstlerische Schaffen durch das Gestalten einer sinnlichen Form hinstrebt. Eine «Philosophie der Freiheit», eine Lebensansicht von der geistdurstenden, in Schönheit strebenden Sinneswelt, eine geistige Anschauung der lebendigen Wahrheitswelt schwebte vor meiner Seele. [50] Der Schreiber hat dabei nur die Gelegenheit gegeben, daß die Gedanken sich selbst gedacht haben. Da sind die einzelnen Gedanken aus vollem sinnlichkeitsfreiem Denken aus sich selbst geworden, aus sich selbst gegliedert, so daß kein Gedanke weggenommen werden könnte von da, wo er steht und an eine andere Stelle gesetzt werden könnte, genau so wenig wie die Hand vom Körper abgeschnitten und an eine andere Stelle gesetzt werden könnte. Das ist der Weg des sinnlichkeitsfreien Denkens. [51] Ich habe es sogar einmal erleben müssen, als ich energisch behauptete: Ich bin mir wohl bewußt, daß ich denken kann, ohne daß Worte mitklingen –, daß der (Philosoph Eduard von) Hartmann mir sagte: Das ist ein Unsinn, das gibt es gar nicht. Der Mensch kann nicht denken, ohne daß er in Worten denkt. [52]

Ich sprach mich in den Schriften und Aufsätzen, die ich damals veröffentlichte, stets so aus, daß die menschliche Seele in der Betätigung eines Denkens, das sie nicht aus der Sinneswelt schöpft, sondern in freier, über die Sinneswahrnehmung hinausgehender Tätigkeit entfaltet, als eine wahre Wirklichkeit erscheint. Dieses «sinnlichkeitsfreie» Denken stellte ich als dasjenige hin, mit dem die Seele in dem geistigen Wesen der Welt darinnen steht. Aber ich machte auch scharf geltend, daß der Mensch, indem er in diesem sinnlichkeitsfreien Denken lebt, auch wirklich sich bewußt in den geistigen Urgründen des Daseins befinde. Das Reden von Erkenntnisgrenzen hatte für mich keinen Sinn. Erkennen war mir das Wiederfinden der durch die Seele erlebten Geistes-Inhalte in der wahrgenommenen Welt. Wenn jemand von Erkenntnisgrenzen sprach, so sah ich darinnen das Zugeständnis, daß er die wahre Wirklichkeit nicht geistig in sich erleben und sie deshalb auch in der wahrgenommenen Welt nicht wiederfinden könne. Auf die Widerlegung der Anschauung von Erkenntnisgrenzen kam es mir beim Vorbringen meiner eigenen Einsichten in erster Linie an. Ich wollte den Erkenntnisweg ablehnen, der auf die Sinneswelt sieht und der dann nach außen durch die Sinneswelt zu einer wahren Wirklichkeit durchbrechen will. Ich wollte darauf hindeuten, daß nicht in einem solchen Durchbrechen nach außen, sondern in dem Untertauchen in das Innere des Menschen das wahre Wirkliche zu suchen sei. Wer nach außen durchbrechen will, und dann sieht, daß dies eine Unmöglichkeit ist, der spricht von Erkenntnisgrenzen. Es ist aber nicht deshalb eine Unmög-lichkeit, weil das menschliche Erkenntnisvermögen begrenzt ist, sondern deshalb, weil man etwas sucht, von dem man bei gehöriger Selbstbesinnung gar nicht sprechen kann. Man sucht da gewissermaßen, indem man weiter in die Sinneswelt hineinstoßen will, eine Fortsetzung des Sinnlichen hinter dem Wahrgenommenen. Es ist, wie wenn der in Illusionen Lebende in weiteren Illusionen die Ursachen seiner Illusionen suchte. Der Sinn meiner Darstellungen war damals dieser: Der Mensch tritt, indem er sich im Erdendasein von der Geburt an weiter entwickelt, der Welt erkennend gegenüber. Er gelangt zuerst zur sinnlichen Anschauung. Aber diese ist erst ein Vorposten des Erkennens. Es offenbart sich in dieser Anschauung noch nicht alles, was in der Welt ist. Die Welt ist wesenhaft; aber der Mensch gelangt zuerst noch nicht zu diesem Wesenhaften. Er verschließt sich noch vor demselben. Er bildet sich, weil er sein eigenes Wesen noch nicht der Welt gegenüberstellt, ein Weltbild, das des Wesens entbehrt. Dieses Weltbild ist in Wahrheit eine Illusion. Sinnlich wahrnehmend steht der Mensch vor der Welt als einer Illusion. Wenn aber aus seinem Innern zu der sinnlichen Wahrnehmung das sinnlichkeitsfreie Denken nachrückt, dann durchtränkt sich die Illusion mit Wirklichkeit; dann hört sie auf, Illusion zu sein. Dann trifft der in seinem Innern sich erlebende Menschengeist auf den Geist der Welt, der für den Menschen nun nicht hinter der Sinneswelt verborgen ist, sondern in der Sinneswelt webt und west. Den Geist in der Welt zu finden, sah ich damals nicht als eine Sache des logischen Schließens oder der Fortsetzung des sinnlichen Wahrnehmens an; sondern als etwas, das sich ergibt, wenn der Mensch vom Wahrnehmen zum Erleben des sinnlichkeitsfreien Denkens sich fortentwickelt.

Von solchen Anschauungen durchdrungen ist, was ich im zweiten Bande meiner Ausgabe der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes im Jahre 1888 schrieb: «Wer dem Denken seine über die Sinnesauffassung hinausgehende Wahrnehmungsfähigkeit zuerkennt, der muß ihm notgedrungen auch Objekte zuerkennen, die über die bloße sinnenfällige Wirklichkeit hinaus liegen. Diese Objekte des Denkens sind aber die Ideen. Indem sich das Denken der Idee bemächtigt, verschmilzt es mit dem Urgrunde des Weltdaseins; das, was außen wirkt, tritt in den Geist des Menschen ein: er wird mit der objektiven Wirklichkeit auf ihrer höchsten Potenz eins. Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit ist die wahre Kommunion des Menschen. — Das Denken hat den Ideen gegenüber dieselbe Bedeutung wie das Auge dem Lichte, das Ohr dem Ton gegenüber. Es ist Organ der Auffassung.» Mir kam es damals weniger darauf an, die Welt des Geistigen so darzustellen, wie sie sich ergibt, wenn das sinnlichkeitsfreie Denken über das Sich-selbst-Erleben zur geistigen Anschauung fortschreitet, als vielmehr darauf, zu zeigen, daß das Wesen der in der sinnenfälligen Anschauung gegebenen Natur das Geistige ist. Ich wollte zum Ausdrucke bringen, daß die Natur in Wahrheit geistig ist. Das lag darin begründet, daß mich mein Schicksal zu einer Auseinandersetzung mit den Erkenntnistheoretikern der damaligen Zeit geführt hat. Diese stellten sich als ihre Voraussetzung eine geistlose Natur vor und hatten demgemäß die Aufgabe, zu zeigen, inwiefern der Mensch berechtigt ist, sich in seinem Geiste ein geistiges Bild der Natur zu gestalten. Ich wollte dem eine ganz andere Erkenntnistheorie gegenüberstellen. Ich wollte zeigen, daß der Mensch denkend nicht Bilder über die Natur wie ein ihr Außenstehender formt, sondern daß Erkennen Erleben ist, so daß der Mensch erkennend in dem Wesen der Dinge steht. [53]

Am Ende dieses meines ersten Lebensabschnittes stellte sich in meinem Innern die Notwendigkeit ein, zu gewissen Orientierungen der Menschenseele ein deutlich-sprechendes Verhältnis zu gewinnen. Eine dieser Orientierungen war die Mystik. So wie diese in den verschiedenen Epochen der geistigen Entwickelung der Menschheit, in der orientalischen Weisheit, im Neuplatonismus, im christlichen Mittelalter, in den kabbalistischen Bestrebungen, mir vor das Seelenauge trat, konnte ich, durch meine besondere Veranlagung, nur schwer ein Verhältnis zu ihr gewinnen. Der Mystiker schien mir ein Mensch zu sein, der mit der Welt der Ideen, in der sich für mich das Geistige darlebte, nicht zurecht kommt. Ich empfand es als einen Mangel an wirklicher Geistigkeit, wenn man mit den Ideen, um zur seelischen Befriedigung zu gelangen, in das ideenlose Innere untertauchen will. Ich konnte darinnen keinen Weg zum Lichte, sondern eher einen solchen zur geistigen Finsternis sehen. Wie eine Ohnmacht im Erkennen erschien es mir, wenn die Seele die geistige Wirklichkeit, die in den Ideen zwar nicht selbst webt, die sich aber durch die Ideen vom Menschen erleben läßt, durch die Flucht vor den Ideen erreichen will.

Und dennoch zog mich auch etwas zu den mystischen Bestrebungen der Menschheit hin. Es ist die Art des inneren Erlebens der Mystiker. Sie wollen mit den Quellen des menschlichen Daseins im Innern zusammenleben, nicht bloß auf diese durch die ideengemäße Beobachtung als etwas Äußerliches schauen. Der gewöhnliche Mystiker ist in bezug auf die menschliche Ideen-Erkenntnis gleichen Sinnes mit dem Materialisten. Er behauptet, daß Ideen nicht an das Geistige heranreichen, daß man deshalb mit der Ideen-Erkenntnis stets außerhalb des Geistigen bleiben müsse. Da er aber nun doch zum Geiste gelangen will, so wendet er sich an ein ideenfreies inneres Erleben. So gibt er dem materialistischen Naturbetrachter Recht, in dem er das Ideen-Erkennen auf die Erkenntnis des bloß Natürlichen einschränkt. Mit einer solchen Anschauung kann sich der materialistische Naturbetrachter dann einverstanden erklären, wenn er nicht alles Reden vom Geiste als ein phantastisches Spiel mit Worten ansieht, die nichts Wirkliches bedeuten. Er sieht dann in seiner auf das Sinnenfällige gerichteten Ideenwelt die einzige berechtigte Erkenntnisgrundlage und in der mystischen Beziehung des Menschen zum Geiste etwas rein Persönliches, zu dem man neigt oder nicht neigt. Indem ich mir dieses vor das Seelenauge stellte, wurden die Kräfte in meiner Seele, die zur Mystik in innerer Opposition standen, immer stärker. Die Anschauung des Geistigen im inneren Seelen-Erlebnis war mir viel sicherer als diejenige des Sinnenfälligen; Erkenntnisgrenzen gegenüber diesem Seelen-Erlebnis zu setzen, war mir eine Unmöglichkeit. Den bloßen Gefühlsweg zum Geistigen lehnte ich mit aller Entschiedenheit ab. Und dennoch – wenn ich darauf blickte, wie der Mystiker erlebt, so empfand ich wieder ein entfernt Verwandtes mit meiner eigenen Stellung zur geistigen Welt. Ich suchte das Zusammensein mit dem Geiste durch die vom Geiste durchleuchteten Ideen auf dieselbe Art wie der Mystiker durch Zusammensein mir einem Ideenlosen. Ich konnte auch sagen: Meine Anschauung beruhe auf «mystischem» Ideen-Erleben.

Ich kam zu der Meinung, daß die Ausdrucksformen auf dem Gebiete der Naturwissenschaft in inhaltsvollen Ideen bestanden, wenn auch zunächst der Inhalt ein materialistisch gedachter war. Ich wollte Ideen bilden, die in ähnlicher Art auf das Geistige deuten, wie die naturwissenschaftlichen auf das sinnlich Wahr-nehmbare. Dadurch konnte ich den Ideen-Charakter für das beibehalten, was ich zu sagen hatte. Ein gleiches schien mir bei dem Gebrauch von mystischen Formen unmöglich. Denn diese weisen im Grunde nicht auf das Wesenhafte außer dem Menschen, sondern sie beschreiben nur die subjektiven Erlebnisse im Menschen. Ich wollte nicht menschliche Erlebnisse beschreiben, sondern zeigen, wie eine geistige Welt durch Geistorgane im Menschen sich offenbart. Aus solchen Untergründen heraus bildeten sich die Ideengestalten, aus denen dann später meine «Philosophie der Freiheit» erwuchs. Ich wollte keine mystischen Anwandlungen in mir beim Bilden dieser Ideen walten lassen, trotzdem mir klar war, daß das letzte Erleben dessen, was in Ideen sich offenbaren sollte, von der gleichen Art im Innern der Seele sein mußte wie die innere Wahrnehmung des Mystikers. Aber es bestand doch der Unterschied, daß in meiner Darstellung der Mensch sich hingibt und die äußere Geistwelt in sich zur objektiven Erscheinung bringt, während der Mystiker das eigene Innenleben verstärkt und auf diese Art die wahre Gestalt des objektiven Geistigen auslöscht. [54]

Daß die Freiheit im unbefangenen Bewußtsein als etwas Tatsächliches lebt und doch für das Erkennen zur Rätselfrage wird, ist eben darin begründet, daß der Mensch das eigene wahre Sein, das echte Selbstbewußtsein nicht von vornherein gegeben hat, sondern erst nach einer Verständigung seines Bewußtseins mit sich selbst erringen muß. Was des Menschen höchsten Wert ausmacht: die Freiheit, das kann erst nach entsprechender Vorbereitung begriffen werden. Meine «Philosophie der Freiheit» ist in einem Erleben begründet, das in der Verständigung des menschlichen Bewußtseins mit sich selbst besteht. Im Wollen wird die Freiheit geübt; im Fühlen wird sie erlebt; im Denken wird sie erkannt. Nur darf, um das zu erreichen, im Denken nicht das Leben verloren werden. [55]

Goethes Ideen sind nicht abstrakte Gedanken, sondern auf gedankliche Art in der Seele lebende Bilder. Goethe stand, indem er über die Natur sprach, im Geiste drinnen. Er fürchtete, abstrakt zu werden, wenn er von diesem lebendigen Drinnen-stehen weitergegangen wäre zu einem Leben in Gedanken über dieses Drinnenstehen. Er wollte sich selbst im Geiste empfinden; aber er wollte sich selbst nicht im Geiste denken. [56] Oft empfand ich, ich würde der Goethe’schen Denkungsart untreu, wenn ich nun doch Gedanken über seine Weltanschauung zur Darstellung brachte. Und ich mußte mir fast bei jeder Einzelheit, die ich in bezug auf Goethe zu interpretieren hatte, immer wieder die Methode erobern, über Goethe in Goethes Art zu sprechen. Meine Darstellung von Goethes Ideen war ein Jahre lang dauerndes Ringen, Goethe durch die Hilfe eigenen Gedanken immer besser zu verstehen. Indem ich auf dieses Ringen zurückblicke, muß ich mir sagen: ich verdanke ihm viel für die Entwickelung meiner geistigen Erkenntnis-Erlebnisse. Diese Entwickelung ging dadurch viel langsamer vor sich, als es der Fall gewesen wäre, wenn sich die Goethe-Aufgabe nicht schicksalsgemäß auf meinen Lebens-gang hingestellt hätte. Ich hätte dann meine geistigen Erlebnisse verfolgt und sie ebenso dargestellt, wie sie vor mich hingetreten wären. Ich wäre schneller in die geistige Welt hineingerissen worden; ich hätte aber keine Veranlassung gefunden, ringend unterzutauchen in das eigene Innere. So erlebte ich durch meine Goethe-Arbeit den Unterschied einer Seelenverfassung, der sich die geistige Welt gewissermaßen wie gnadevoll offenbart, und einer solchen, die Schritt vor Schritt das eigene Innere immer mehr dem Geiste erst ähnlich macht, um dann, wenn die Seele sich selbst als wahrer Geist erlebt, in dem Geistigen der Welt darinnen zu stehen. In diesem Darinnenstehen empfindet man aber erst, wie innig in der Menschenseele Menschengeist und Weltengeistigkeit mit einander verwachsen können. Ich hatte in der Zeit, da ich an meiner Goethe-Interpretation arbeitete, Goethe stets im Geiste wie ein Mahner neben mir, der mir unaufhörlich zurief: Wer auf geistigen Wegen zu rasch vorschreitet, der kann zwar zu einem engumgrenzten Erleben des Geistes gelangen; allein er tritt an Wirklichkeitsgehalt verarmt aus dem Reichtum des Lebens heraus.

Ich konnte an meinem Verhältnis zur Goethe-Arbeit recht anschaulich beobachten «wie Karma im Menschenleben wirkt». Das Schicksal setzt sich zusammen aus zwei Tatsachengestaltungen, die im Menschenleben zu einer Einheit zusammenwachsen. Die eine entströmt dem Drange der Seele von innen heraus; die andere tritt von der Außenwelt her an den Menschen heran. Meine eigenen seelischen Triebe gingen nach Anschauung des Geistigen; das äußere Geistesleben der Welt führte die Goethe-Arbeit an mich heran. Ich mußte die beiden Strömungen, die in meinem Bewußtsein sich begegneten, in diesem zur Harmonie bringen. – Ich verbrachte die letzen Jahre meines ersten Lebensabschnittes damit, mich abwechselnd vor mir selbst und vor Goethe zu rechtfertigen. [57] Das Schicksal hatte mich so geführt, daß ich mich in meinem dreißigsten Lebensjahre von keinem äußeren «Berufe» umklammert sah. Ich trat auch in das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar nicht für eine Lebensstellung ein, sondern als ein freier Mitarbeiter an der Goethe-Ausgabe, die im Auftrage der Großherzogin Sophie von dem Archiv herausgegeben wurde. [58]

Solche Erlebnisse wie Reisen wurden mir vom Schicksal zugetragen; und ich konnte mir durch sie den Blick für die Außenwelt anerziehen, der mir nicht leicht geworden ist, während ich in dem geistigen Element mit einer gewissen Selbstverständlichkeit lebte. [59]

Goethe ist eine Höhe, aber auf derselben nicht ein Anfang, sondern ein Ende. Er zieht die Folgen aus einer Entwickelung, die bis zu ihm geht, in ihm ihre vollste Ausgestaltung findet, die aber nicht weiter fortgesetzt werden kann, ohne zu viel ursprünglicheren Quellen des geistigen Erlebens zu gehen, als sie in dieser Entwickelung enthalten sind.–In dieser Stimmung schrieb ich an dem letzten Teile meiner Goethe-Darstellungen. In dieser Stimmung lernte ich Nietzsches Schriften zuerst kennen. «Jenseits von Gut und Böse» war das erste Buch, das ich von ihm las. Ich war auch von dieser Betrachtungsart zugleich gefesselt und wieder zurückgestoßen. Ich konnte schwer mit Nietzsche zurecht kommen. Ich liebte seinen Stil, ich liebte seine Kühnheit; ich liebte aber durchaus die Art nicht, wie Nietzsche über die tiefsten Probleme sprach, ohne im geistigen Erleben mit der Seele bewußt in sie unterzutauchen. Nur kam mir wieder vor, wie wenn er viele Dinge sagte, die mir selbst im geistigen Erleben unermeßlich nahe standen. Und so fühlte ich mich seinen Kämpfen nahe und empfand, ich müsse einen Ausdruck für dieses Nahestehen finden. Wie einer der tragischsten Menschen der damaligen Gegenwart erschien mir Nietzsche. Und diese Tragik, glaubte ich, müsse sich der tiefer angelegten Menschenseele aus dem Charakter der geistigen Verfassung des naturwissenschaftlichen Zeitalters ergeben. Mit solchen Empfindungen verlebte ich meine letzten Wiener Jahre. [60]

Bei einem Vortrag über die Möglichkeit einer monistischen Weltauffassung unter Wahrung einer wirklichen Erkenntnis vom Geistigen, stellte ich dar, wie der Mensch durch die Sinne von außen die physische Seite der Wirklichkeit, durch die geistige Wahrnehmung «von innen» deren geistige Seite erfaßt, so daß alles, was erlebt wird, als einheitliche Welt erscheint, in der das Sinnliche den Geist abbildet, der Geist sich im Sinnlichen schaffend offenbart. [61]

Die Weltanschauungsrichtungen einer Reihe von Menschen stellten sich mir während meiner Weimarischen Zeit vor die Seele. Denn mit jedem, mit dem Gespräche über Welt- und Lebensfragen möglich waren, entwickelten sich solche im damaligen unmittelbaren Verkehre. Und durch Weimar kamen eben viele an derartigen Gesprächen interessierte Persönlichkeiten durch. Ich verlebte diese Zeit in dem Lebensalter, in dem die Seele sich, ihrer Neigung nach, intensiv dem äußeren Leben zuwendet, in dem sie ihren festen Zusammenschluß mit diesem Leben finden möchte. Mir wurden die sich darlebenden Weltanschauungen ein Stück Außenwelt. Und ich mußte empfinden, wie wenig ich im Grunde bis dahin mit einer Außenwelt gelebt hatte. Wenn ich mich von dem lebhaften Verkehre zurückzog, dann wurde ich gerade damals immer wieder gewahr, daß mir eine vertraute Welt bis dahin nur die geistige, die ich im Innern anschaute, gewesen ist. Mit dieser Welt konnte ich mich leicht verbinden. Und meine Gedanken gingen damals oft nach der Richtung, mir selbst zu sagen, wie schwer mir der Weg durch die Sinne zur Außenwelt während meiner ganzen Kindheit und Jugendzeit geworden ist. Ich habe immer Mühe gehabt, dem Gedächtnisse die äußeren Daten einzuverleiben, die sich anzueignen zum Beispiel auf dem Gebiete der Wissen-schaft notwendig ist. Ich mußte oft und oft ein Naturobjekt sehen, wenn ich wissen wollte, wie man es nennt, in welche Klasse es wissenschaftlich eingereiht ist usw. Ich darf schon sagen: die Sinneswelt hatte für mich etwas Schattenhaftes, Bildhaftes. Sie zog in Bildern vor meiner Seele vorbei, während der Zusammenhalt mit dem Geistigen durchaus den echten Charakter des Wirklichen trug.

Ich lebte ganz intensiv mit dem, was andere sahen und dachten; aber ich konnte in diese erlebte Welt meine innere geistige Wirklichkeit nicht hineinfließen lassen. Ich mußte mit meinem eigenen Wesen immer in mir zurückbleiben. Es war wirklich meine Welt wie durch eine dünne Wand von aller Außenwelt abgetrennt. Mit meiner eigenen Seele lebte ich in einer Welt, die an die Außenwelt angrenzt; aber ich hatte immer nötig, eine Grenze zu überschreiten, wenn ich mit der Außenwelt etwas zu tun haben wollte. Ich stand im lebhaftesten Verkehre; aber ich mußte in jedem einzelnen Falle aus meiner Welt wie durch eine Türe in diesen Verkehr eintreten. Das ließ mir die Sache so erscheinen, als ob ich jedesmal, wenn ich an die Außenwelt herantrat, einen Besuch machte. Das aber hinderte mich nicht, mich mit lebhaftestem Anteile dem hinzugeben, bei dem ich zu Besuch war; ich fühlte mich sogar ganz heimisch, während ich zu Besuch war. So war es mit Menschen, so war es mit Weltanschauungen. [62]

Ich sah in eine andere Wirklichkeit. In eine solche, die moralisch-geistig ebenso wie naturhaft zugleich ist. Mir erschien es als eine Schwäche des Erkenntnisstrebens nicht bis zu dieser Wirklichkeit vordringen zu wollen. Ich mußte mir, nach meiner geistgemäßen Anschauung, sagen: über dem Natur-geschehen und dem Geistig-Moralischen gibt es eine wahre Wirklichkeit, die sich moralisch offenbart, die aber im moralischen Tun zugleich die Kraft hat, sich in ein Geschehen umzusetzen, das so zur Geltung gelangt wie das Naturgeschehen. Dieses schien mir gegenüber dem Geistig-Moralischen nur deshalb gleichgültig zu sein, weil es aus seinem ursprünglichen Verbundensein mit ihm herausgefallen ist wie der Leichnam eines Menschen von seinem Verbundensein mit dem Beseelt-Lebendigen des Menschen. Mir war das gewiß: denn ich dachte es nicht bloß, ich sah es als Wahrheit in den geistigen Tatsachen und Wesenheiten der Welt. [63] Ich mußte, was mit meinen Anschauungen vom Geistigen zusammenhing, ganz allein mit mir abmachen. Ich lebte in der geistigen Welt; niemand aus meinem Bekanntenkreise folgte mir dahin. Mein Verkehr bestand in Exkursionen in die Welten der anderen. [64]

Ich konnte sehen, wie die materialistischen Denkwerte nicht etwas sind, das den Menschen nach dem Tode der göttlich-geistigen Welt entfremdet; sondern daß diese Entfremdung nur durch die materialistischen Willenswerte eintritt. Sowohl eine Seele, die mir in Wien nahegetreten war, sowie auch diejenige, die ich in Weimar geistig kennen lernte, waren nach dem Tode herrlich-leuchtende Geistgestalten, in denen der Seelen-Inhalt erfüllt war von den Bildern der geistigen Wesenheiten, die der Welt zum Grunde liegen. Und ihr Bekanntwerden mit den Ideen, durch die sie das Materielle genauer durchdachten während ihres letzten Erdenlebens, hat nur dazu beigetragen, daß sie auch nach dem Tode ein urteilgetragenes Verhältnis zur Welt entwickeln konnten, wie es ihnen nicht geworden wäre, wenn die entsprechenden Ideen ihnen fremd geblieben wären. In diesen zwei Seelen hatten sich Wesen in meinen Schicksalsweg hereinversetzt, durch die sich mir unmittelbar aus der geistigen Welt heraus die Bedeutung der naturwissenschaftlichen Denkart enthüllte. Ich konnte sehen, daß diese Denkart an sich nicht von einer geistgemäßen Anschauung hinwegführen muß. Bei den beiden Persönlichkeiten war dieses während ihres Erdenlebens deshalb geschehen, weil sie da keine Gelegenheit fanden, das naturwissenschaftliche Denken hinaufzuheben in die Sphäre, wo geistiges Erleben beginnt. Nach ihrem Tode hatten sie das in der allervollkommensten Art vollbracht. Ich sah, man kann dieses Hinaufheben auch bewirken, wenn man im Erdenleben inneren Mut und Kraft dazu aufbringt. Ich sah auch, durch ein Miterleben von Bedeutungsvollem in der geistigen Welt, daß die Menschheit sich zu der naturwissenschaftlichen Denkart hat entwickeln müssen. Frühere Denkweisen konnten die Menschenseele mit dem Geist der übersinnlichen Welt verbinden; sie konnten den Menschen wenn er überhaupt auf Selbst-Erkenntnis – die Grundlage aller Erkenntnis – einging, dazu führen, sich als ein Abbild, oder auch ein Glied der göttlich-geistigen Welt zu wissen; sie konnten ihn aber nicht dazu bringen, sich als eine selbständige, in sich geschlossene geistige Wesenheit zu erfühlen. Es mußte deshalb der Fortschritt zum Fassen einer Ideenwelt gemacht werden, die nicht am Geiste selbst entzündet, sondern an der Materie angeregt ist, die wohl geistig, aber nicht aus dem Geiste ist. Eine solche Ideenwelt kann im Menschen nicht angeregt werden in der geistigen Welt, in der er nach dem Tode, beziehungsweise vor einer neuen Geburt lebt, sondern allein im irdischen Dasein, weil er nur da der materiellen Form des Seins gegenübersteht. Was also der Mensch für sein Gesamt-Leben, auch das geistige, nach dem Tode, gewinnt durch das Verwobensein mit der naturwissenschaftlichen Denkungsart, das konnte ich an den beiden Menschenseelen erleben. Ich konnte aber auch sehen, an andern, die die Willenskonsequenzen der bloßen naturwissenschaftlichen Denkart im Erdenleben ergriffen hatten, daß sie sich der Geist-Welt entfremdeten, daß sie, sozusagen, zu einem Gesamt-Leben kommen, das mit der naturwissenschaftlichen Denkart weniger den Menschen in seinem Menschentum darstellt als ohne dieselbe. [65]

Mir aber kam aus dem Verkehr mit den beiden Seelen eine Erkräftigung für meine «Philosophie der Freiheit». Was in dieser angestrebt ist: es ist zum ersten ein Ergebnis meiner philosophischen Denkwege in den achtziger Jahren; es ist zur zweiten auch ein Ergebnis meines konkreten allgemeinen Hineinschauens in die geistige Welt. Zum dritten fand aber eine Bekräftigung durch das Mit-Erleben der Geist-Erlebnisse jener beiden Seelen. In ihnen hatte ich den Aufstieg vor mir, den der Mensch der naturwissenschaftlichen Weltanschauung verdankt. In ihnen hatte ich aber auch die Furcht edler Seelen vor einem Hineinleben in das Willenselement dieser Weltanschauung vor mir. Diese Seelen bebten vor den ethischen Folgen einer solchen Weltanschauung zurück. In meiner «Philosophie der Freiheit» habe ich nun die Kraft gesucht, die aus der ethisch neutralen naturwissenschaftlichen Ideenwelt in die Welt der sittlichen Impulse führt. Ich habe zu zeigen versucht, wie der Mensch, der sich als in sich geschlossenes, geistgeartetes Wesen weiß, weil er in Ideen lebt, die nicht mehr aus dem Geist erströmend, sondern an dem materiellen Sein angeregt sind, auch für das Sittliche aus seinem Eigenwesen Intuition entwickeln kann. Dadurch leuchtet das Sittliche in der frei gewordenen Individualität als individuelle ethische Impulsivität so auf wie die Ideen der Naturanschauung.

Die beiden Seelen waren nicht zu dieser moralischen Intuition vorgedrungen. Daher bebten sie unbewußt vor dem Leben zurück, das nur im Sinne der noch nicht erweiterten naturwissenschaftlichen Ideen hätte gehalten sein können. Ich sprach damals von «moralischer Phantasie» als dem Quell des Sittlichen in der menschlichen Einzel-Individualität. Ich wollte damit ganz gewiß nicht auf diesen Quell als auf etwas nicht Voll-Wirkliches hinweisen. Im Gegenteil, ich wollte in der «Phantasie» die Kraft kennzeichnen, die auf allen Gebieten der wahren geistigen Welt zum Durchbruch im individuellen Menschen verhilft. Soll es allerdings zum wirklichen Erleben des Geistigen kommen, so müssen dann die geistgemäßen Erkenntniskräfte: Imagination, Inspiration, Intuition eintreten. Der erste Strahl einer Geistoffenbarung an den individuell sich wissenden Menschen geschieht aber durch die Phantasie, die ja in der Art, wie sie sich von allem Phantastischen entfernt und zum Bilde des geistig Wirklichen wird, gerade an Goethe beobachtet werden kann. [66]

Ich lebte schon als Kind in der geistigen Welt als in der mir selbstverständlichen; ich mußte mir aber alles schwer erobern, was sich auf das Erkennen der Außenwelt bezieht. Dadurch bin ich für dieses auf allen Gebieten ein spät sich entwickelnder Mensch gewesen. Am Ende meiner weimarischen Zeit hatte ich 36 Lebensjahre hinter mir. Schon ein Jahr vorher hatte in meiner Seele ein tiefgehender Umschwung seinen Anfang genommen. Mit meinem Weggang von Weimar wurde er einschneidendes Erlebnis. Er war ganz unabhängig von der Änderung meiner äußeren Lebensverhältnisse, die ja auch eine große war. Das Erfahren von dem, was in der geistigen Welt erlebt werden kann, war mir immer eine Selbstverständlichkeit; das wahrnehmende Erfassen der Sinneswelt bot mir die größten Schwierigkeiten. Es war, als ob ich das seelische Erleben nicht so weit in die Sinnesorgane hätte ergießen können, um, was diese erlebten, auch vollinhaltlich mit der Seele zu verbinden. Das änderte sich völlig vom Beginne des 36. Lebensjahres angefangen. Mein Beobachtungsvermögen für Dinge, Wesen und Vorgänge der physischen Welt gestaltete sich nach der Richtung der Genauigkeit und Eindringlichkeit um. Das war sowohl im Wissenschaftlichen wie im äußeren Leben der Fall. [67] Ich wurde gewahr, daß ich einen menschlichen Lebensumschwung in einem viel späteren Lebensabschnitt erlebte als andere. Ich sah aber auch, daß das für das Seelenleben ganz bestimmte Folgen hat. Ich fand, wie die Menschen, weil sie früh vom seelischen Weben in der geistigen Welt zum Erleben des Physischen übergehen, zu keinem reinen Erfassen weder der geistigen, noch der physischen Welt gelangen. Sie vermischen fortdauernd ganz instinktiv dasjenige, was die Dinge ihren Sinnen sagen, mit dem, was die Seele durch den Geist erlebt und was dann von ihr mitgebraucht wird, um sich die Dinge «vorzustellen». Für mich war in der Genauigkeit und Eindringlichkeit der sinnenfälligen Beobachtung das Beschreiten einer ganz neuen Welt gegeben. Das von allem Subjektiven in der Seele freie, objektive Sich-Gegenüberstellen der Sinneswelt offenbarte etwas, worüber eine geistige Anschauung nichts zu sagen hatte. Das warf aber auch sein Licht auf die Welt des Geistes zurück. Denn indem die Sinneswelt im sinnlichen Wahrnehmen selbst ihr Wesen enthüllte, war für das Erkennen der Gegenpol da, um das Geistige in seiner vollen Eigenart, unvermischt mit dem Sinnlichen, zu würdigen. Besonders einschneidend in das Seelenleben wirkte dieses, weil es sich auch auf dem Gebiete des menschlichen Lebens zeigte. Meine Beobachtungsgabe stellte sich darauf ein, dasjenige ganz objektiv, rein in der Anschauung hinzunehmen, was ein Mensch darlebte. Mit Ängstlichkeit vermied ich, Kritik zu üben an dem, was die Menschen taten, oder Sympathie und Antipathie in meinem Verhältnis zu ihnen geltend zu machen: ich wollte «den Menschen, wie er ist, einfach auf mich wirken lassen». Ich fand bald, daß ein solches Beobachten der Welt wahrhaft in die geistige Welt hineinführt. Man geht im Beobachten der physischen Welt ganz aus sich heraus; und man kommt gerade dadurch mit einem gesteigerten geistigen Beobachtungsvermögen wieder in die geistige Welt hinein. [68]

Sobald ich die ganze Wesenhaftigkeit der Sinneswelt nicht dachte, sondern sinnlich anschaute, ward ein Rätsel als Wirklichkeit hingestellt. Und im Menschen selbst liegt dessen Lösung. Es lebte in meinem ganzen Seelenwesen die Begeisterung für dasjenige, was ich später «wirklichkeitsgemäße Erkenntnis» nannte. Und namentlich war mir klar, daß der Mensch mit einer solchen «wirklichkeitsgemäßen Erkenntnis» nicht in irgendeiner Weltecke stehen könne, während sich außer ihm das Sein und Werden abspielt. Erkenntnis wurde mir dasjenige, was nicht allein zum Menschen, sondern zu dem Sein und Werden der Welt gehört. Wie Wurzel und Stamm eines Baumes nichts Vollendetes sind, wenn sie nicht in die Blüte sich hineinleben, so sind Sein und Werden der Welt nichts wahrhaft Bestehendes, wenn sie nicht zum Inhalt der Erkenntnis weiterleben. Auf diese Einsicht blickend, wiederholte ich bei jeder Gelegenheit, bei der es angebracht war: der Mensch ist nicht das Wesen, das für sich den Inhalt der Erkenntnis schafft, sondern er gibt mit seiner Seele den Schauplatz her, auf dem die Welt ihr Dasein und Werden zum Teil erst erlebt. Gäbe es nicht Erkenntnis, die Welt bliebe unvollendet. In solchem erkennenden Einleben in die Wirklichkeit der Welt fand ich immer mehr die Möglichkeit, dem Wesen der menschlichen Erkenntnis einen Schutz zu schaffen gegen die Ansicht, als ob der Mensch in dieser Erkenntnis ein Abbild oder dergleichen der Welt schaffe. Zum Mitschöpfer an der Welt selbst wurde er für meine Idee des Erkennens, nicht zum Nachschaffer von etwas, das auch aus der Welt wegbleiben könnte, ohne daß diese unvollendet wäre. [69]

Aber auch zur «Mystik» hin wurde dadurch für mein Erkennen immer größere Klarheit geschaffen. Das Mit-Erleben des Weltgeschehens von Seiten des Menschen‚ wurde aus dem unbestimmten mystischen Erfühlen herausgezogen und in das Licht gerückt, in dem die Ideen sich offenbaren. Die Sinnenwelt, rein in ihrer Eigenart angeschaut, ist zunächst Ideen-los wie die Wurzel und der der Stamm des Baumes Blüte-los sind. Aber wie die Blüte nicht ein sich verdunkelndes Hinschwinden des Pflanzen-Daseins ist, sondern eine Umformung dieses Daseins selbst, so ist die auf die Sinneswelt bezügliche Ideenwelt im Menschen eine Umformung des Sinnesdaseins, nicht ein mystisch-dunkles Hineinwirken von etwas Unbestimmtem in die Seelenwelt des Menschen. So hell wie in ihrer Art die physischen Dinge und Vorgänge im Lichte der Sonne, so geistig hell muß erscheinen, was als Erkenntnis in der Menschen-Seele lebt. Es war ein ganz klares Seelen-Erleben, was in dieser Orientierung damals in mir vorhanden war. Doch im Übergehen dazu, diesem Erleben Ausdruck zu verschaffen, lag etwas außerordentlich Schwieriges. [70]

Im Zusammenhange mit dem Umschwung in meinem Seelenleben stehen für mich inhaltsschwere innere Erfahrungen. – Ich erkannte im seelischen Erleben das Wesen der Meditation und deren Bedeutung für die Einsichten in die geistige Welt. Ich hatte auch früher schon ein meditatives Leben geführt; doch kam der Antrieb dazu aus der ideellen Erkenntnis seines Wertes für eine geistgemäße Weltanschauung. Nunmehr trat in meinem Innern etwas auf, das die Meditation forderte wie etwas, das meinem Seelenleben eine Daseinsnotwendigkeit, wurde. Das errungene Seelenleben brauchte die Meditation, wie der Organismus auf einer gewissen Stufe seiner Entwickelung die Lungenatmung braucht.

Wie die gewöhnliche begriffliche Erkenntnis, die an der Sinnesbeobachtung gewonnen wird, sich zu der Anschauung des Geistigen verhält, das wurde mir in diesem Lebensabschnitt aus einem mehr ideellen Erleben zu einem solchen, an dem der ganze Mensch beteiligt ist. Das ideelle Erleben, das aber das wirkliche Geistige doch in sich aufnimmt, ist das Element, aus dem meine «Philosophie der Freiheit» geboren ist. Das Erleben durch den ganzen Menschen enthält die Geisteswelt in einer viel wesenhafteren Art als das ideelle Erleben. Und doch ist dieses schon eine obere Stufe gegenüber dem begrifflichen Erfassen der Sinneswelt. Im ideellen Erleben erfaßt man nicht die Sinneswelt, sondern eine gewissermaßen unmittelbar an sie angrenzende geistige Welt.

Indem all das damals nach Ausdruck und Erlebnis in meiner Seele suchte, standen drei Arten von Erkenntnis vor meinem Innern. Die erste Art ist die an der Sinnesbeobachtung gewonnene Begriffs-Erkenntnis. Sie wird von der Seele angeeignet und dann nach Maßgabe der vorhandenen Gedächtniskraft im Innern behalten. Wiederholungen des anzueignenden Inhaltes haben nur die Bedeutung, daß dieser gut behalten werden könne. Die zweite Art derErkenntnis ist die, bei der nicht an der Sinnesbeobachtung Begriffe erworben, sondern diese unabhängig von den Sinnen im Innern erlebt werden. Es wird dann das Erleben durch seine eigenen Wesenheit Bürge dafür, daß die Begriffe in geistiger Wirklichkeit gegründet sind. Zu dem Erfahren, daß Begriffe die Bürgschaft geistiger Wirklichkeit enthalten, kommt man mit derselben Sicherheit aus der Natur der Erfahrung bei dieser Art von Erkenntnis, wie man bei der Sinneserkenntnis die Gewißheit erlangt, daß man nicht Illusionen, sondern physische Wirklichkeit vor sich habe. Bei dieser ideell-geistigen Erkenntnis genügt schon nicht mehr – wie bei der sinnlichen – ein Aneignen, das dann dazu führt, daß man sie für das Gedächtnis hat. Man muß den Aneignungsvorgang zu einem fortdauernden machen. Wie es für den Organismus nicht genügt, eine Zeitlang geatmet zu haben, um dann (das) in der Atmung Angeeignete im weiteren Lebensprozeß zu verwenden, so genügt ein der Sinneserkenntnis ähnliches Aneignen für die ideell-geistige Erkenntnis nicht. Für sie ist notwendig, daß die Seele in einer fortdauernden lebendigen Wechselwirkung stehe mit der Welt, in die man sich durch diese Erkenntnis versetzt. Das geschieht durch die Meditation, die – wie oben angedeutet – aus der ideellen Einsicht in den Wert des Meditierens hervorgeht. Diese Wechselwirkung hatte ich schon lange vor meinem Seelenumschwunge (im fünfunddreißigsten Lebensjahre) gesucht. Was jetzt eintrat, war Meditieren als seelische Lebensnotwendigkeit. Und damit stand die dritte Art der Erkenntnis vor meinem Innern. Sie führte nicht nur in weitere Tiefen der geistigen Welt, sondern gewährte auch ein intimes Zusammenleben mit dieser. Ich mußte, eben aus innerer Notwendigkeit, eine ganz bestimmte Art von Vorstellungen immer wieder in den Mittelpunkt meines Bewußtseins rücken. Es war diese: Lebe ich mich mit meiner Seele in Vorstellungen ein, die an der Sinneswelt gebildet sind, so bin ich im unmittelbaren Erfahren nur imstande, von der Wirklichkeit des Erlebten so lange zu sprechen, als ich sinnlich beobachtend einem Dinge oder Vorgange gegenüberstehe. Der Sinn verbürgt mir die Wahrheit des Beobachteten, solange ich beobachte. Nicht so, wenn ich mich durch ideell-geistige Erkenntnis mit Wesen oder Vorgängen der geistigen Welt verbinde. Da tritt in der Einzel-Anschauung die unmittelbare Erfahrung von dem über die Anschauungsdauer hinausgehenden Bestand des Wahrgenommenen ein. Erlebt man zum Beispiel das «Ich» des Menschen als dessen ureigenste innere Wesenheit, so weiß man im anschauenden Erleben, daß dieses «Ich» vor dem Leben im physischen Leibe war und nach demselben sein wird. Was man so im «Ich» erlebt, offenbart dieses unmittelbar, wie die Rose ihre Röte im unmittelbaren Wahrnehmen offenbart. In einer solchen aus innerer geistiger Lebensnotwendigkeit geübten Meditation entwickelt sich immer mehr das Bewußtsein von einem «inneren geistigen Menschen», der in völliger Loslösung von dem physischen Organismus im Geistigen leben, wahrnehmen und sich bewegen kann. Dieser in sich selbständige geistige Mensch trat in meine Erfahrung unter dem Einfluß der Meditation. Das Erleben des Geistigen erfuhr dadurch eine wesentliche Vertiefung. Daß die sinnliche Erkenntnis durch den Organismus entsteht, davon kann die für diese Erkenntnis mögliche Selbstbeobachtung ein genügendes Zeugnis geben. Aber auch die ideell-geistige Erkenntnis ist von dem Organismus noch abhängig. Die Selbstbeobachtung zeigt dafür dieses: Für die Sinnesbeobachtung ist der einzelne Erkenntnisakt an den Organismus gebunden. Für die ideell-geistige Erkenntnis ist der einzelne Akt ganz unabhängig von dem physischen Organismus; daß aber solche Erkenntnis überhaupt durch den Menschen entfaltet werden kann, hängt davon ab, daß im allgemeinen das Leben im Organismus vorhanden ist. Bei der dritten Art von Erkenntnis ist es so, daß sie nur dann durch den geistigen Menschen zustande kommen kann, wenn er sich von dem physischen Organismus so frei macht, als ob dieser gar nicht vorhanden wäre. Ein Bewußtsein von alledem entwickelte sich unter dem Einfluß des geschilderten meditativen Lebens. Ich konnte die Meinung, man unterliege durch eine solche Meditation einer Art von Autosuggestion, deren Ergebnis die folgende Geist-Erkenntnis sei, für mich wirksam widerlegen. Denn von der Wahrheit des geistigen Erlebens hatte mich schon die allererste ideell-geistige Erkenntnis überzeugen können. Und zwar wirklich die allererste, nicht bloß die im Meditieren an ihrem Leben erhaltene, sondern die, welche ihr Leben begann. Wie man in besonnenem Bewußtsein ganz exakt Wahrheit feststellt, das hatte ich schon getan für das, was in Frage kommt, bevor überhaupt von Autosuggestion hat die Rede sein können. Es konnte sich bei dem, was die Meditation errungen hatte, also nur um das Erleben von etwas handeln, dessen Wirklichkeit zu prüfen ich vor dem Erleben schon völlig imstande war. [71]

(Durch meinen Seelenumschwung) fühlte ich, wie das Ideelle des voran-gehenden Lebens nach einer gewissen Richtung zurücktrat und das Willensmäßige an dessen Stelle kam. Damit das möglich ist, muß sich das Wollen bei der Erkenntnis-Entfaltung aller subjektiven Willkür enthalten können. Der Wille nahm in dem Maße zu, als das Ideelle abnahm. Und der Wille übernahm auch das geistige Erkennen das vorher fast ganz von dem Ideellen geleistet worden ist. Ich hatte ja schon erkannt, daß die Gliederung des Seelenlebens in Denken, Fühlen und Wollen nur eingeschränkte Bedeutung hat. In Wahrheit ist im Denken ein Fühlen und Wollen mitenthalten; nur ist über die letzteren das Denken vorherrschend. Im Fühlen lebt Denken und Wollen, im Wollen Denken und Fühlen ebenso. Nun wurde mir Erlebnis, wie das Wollen mehr vom Denken, das Denken mehr vom Wollen aufnahm.

Führt auf der einen Seite das Meditieren zu der Erkenntnis des Geistigen, so ist andererseits die Folge solcher Ergebnisse der Selbstbeobachtung die innere Verstärkung des geistigen, vom Organismus unabhängigen Menschen und die Befestigung seines Wesens in der Geisteswelt, so wie der physische Mensch seine Befestigung in der physischen Welt hat. – Nur wird man gewahr, wie die Befestigung des geistigen Menschen in der Geisteswelt sich ins Unermeßliche steigert, wenn der physische Organismus diese Befestigung nicht beschränkt, während die Befestigung des physischen Organismus in der physischen Welt – mit dem Tode – dem Zerfalle weicht, wenn der geistige Mensch diese Befestigung nicht mehr von sich aus unterhält. Mit solch einem erlebenden Erkennen ist nun jede Form einer Erkenntnistheorie unverträglich, die das Wissen des Menschen auf ein gewisses Gebiet beschränkt, und die «jenseits» desselben die «Urgründe», die «Dinge an sich» als für das menschliche Wissen Unzugängliches hinstellt.

Jedes «Unzugängliche» war mir ein solches nur «zunächst»; und es kann nur so lange unzugänglich verbleiben, als der Mensch in seinem Innern nicht das Wesenhafte entwickelt hat, das mit dem vorher Unbekannten verwandt ist und daher im erlebenden Erkennen mit ihm zusammenwachsen kann. Diese Fähigkeit des Menschen, in jede Art des Seins hineinwachsen zu können wurde für mich etwas, das der anerkennen muß, der die Stellung des Menschen zur Welt im rechten Lichte sehen will. Wer zu dieser Anerkennung sich nicht durchringen kann, dem vermag Erkenntnis nicht etwas wirklich zur Welt Gehöriges zu geben, sondern nur ein der Welt gleichgültiges Nachbilden irgend eines Teiles des Welt-Inhaltes. Bei solcher bloß nachbildenden Erkenntnis kann der Mensch aber nicht in sich ein Wesen ergreifen, das ihm als vollbewußte Individualität ein inneres Erleben davon gibt, er stehe im Weltenall fest. Mir kam es darauf an, von Erkenntnis so zu sprechen, daß das Geistige nicht bloß anerkannt, sondern so anerkannt werde, daß der Mensch es mit seinem Anschauen erreichen könne. Und wichtiger erschien es mir, festzuhalten, daß die «Urgründe» des Daseins innerhalb dessen liegen, was der Mensch in seinem Gesamterleben erreichen kann, als ein unbekanntes Geistiges in irgend einem «jenseitigen» Gebiet gedanklich anzuerkennen.

Deshalb lehnte mein Anschauen die Denkungsart ab, die den Inhalt der sinnenfälligen Empfindung (Farbe, Wärme, Ton usw.) nur für etwas hält, das eine unbekannte Außenwelt durch die Sinneswahrnehmung im Menschen hervorruft, während diese Außenwelt selbst nur hypothetisch vorgestellt werden könne. Die theoretischen Ideen, die dem physikalischen und physiologischen Denken nach dieser Richtung zugrunde liegen, empfand mein erlebendes Erkennen als ganz besonders schädlich.

Charles Lyell (ein schottischer Geologe), sein Grundsatz, die Erscheinungen in dem Teile des Erdenwerdens, der sich, weil er in der Vorzeit liegt, der sinnlichen Beobachtung entzieht, durch Ideen zu erklären, die sich an der gegenwärtigen Beobachtung dieses Werdens ergeben, schien mir nach der angedeuteten Richtung hin fruchtbar. (Oder)Verständnis suchen für den physischen Bau des Menschen durch Herleitung seiner Formen aus den tierischen, wie das Haeckels «Anthropogenie» in umfassender Art tut, hielt ich für eine gute Grundlage zur weiteren Entwickelung der Erkenntnis. Ich sagte mir: setzt sich der Mensch eine Erkenntnisgrenze, jenseits deren die «Dinge an sich» liegen sollen, so versperrt er sich damit den Zugang zur geistigen Welt; stellt er sich zur Sinneswelt so, daß eines das andere innerhalb ihrer erklärt (zum Beispiel) das gegenwärtig im Erdenwerden Vorsichgehende die geologische Vorzeit, (oder) die Formen der tierischen Gestalt diejenigen der menschlichen, so kann er bereit sein, diese Erklärbarkeit der Wesen und Vorgänge auch auf das Geistige auszudehnen. Auch für mein Empfinden auf diesem Gebiete kann ich sagen: «Das ist etwas, das sich als Anschauung gerade damals in mir befestigt hat, während es meine Begriffswelt lange schon durchpulst hatte.» [72]

Es kann sich, so sagte ich mir immer wieder, gar nicht darum handeln, die Frage zu beantworten: ist der Wille des Menschen frei oder nicht? Sondern die ganz andere; wie ist der Weg im Seelenleben beschaffen von dem unfreien, naturhaften Wollen zu dem freien, das heißt wahrhaft sittlichen? Und um auf diese Frage Antwort zu finden, mußte darauf hingeschaut werden, wie das Göttlich-Geistige in jeder einzelnen Menschenseele lebt. Von dieser geht das Sittliche aus; in ihrem ganz individuellen Wesen muß also der sittliche Impuls sich beleben.

Sittliche Gesetze – als Gebote –, die von einem äußeren Zusammenhang kommen, in dem der Mensch steht, auch wenn sie ursprünglich aus dem Gebiete der geistigen Welt stammen, werden nicht dadurch in ihm zu sittlichen Impulsen, daß er sein Wollen nach ihnen orientiert, sondern allein dadurch, daß er deren Gedankeninhalt als geistig-wesenhaft ganz individuell erlebt. Die Freiheit lebt in dem Denken des Menschen; und nicht der Wille ist unmittelbar frei sondern der Gedanke der den Willen erkraftet. So mußte ich schon in meiner «Philosophie der Freiheit» mit allem Nachdruck von der Freiheit des Gedankens in bezug auf die sittliche Natur des Willens sprechen. Auch diese Idee wurde im meditativen Leben ganz besonders verstärkt. Die sittliche Weltordnung stand immer klarer als die eine auf Erden realisierte Ausprägung von solcher Art Wirkens-Ordnungen vor mir, die in übergeordneten geistigen Regionen zu finden sind. Sie ergab sich als das, das nur derjenige in seine Vorstellungswelt hereinerfaßt, der Geistiges anerkennen kann. All diese Einsichten schlossen sich mir gerade in der hier geschilderten Lebensepoche mit der erklommenen umfassenden Wahrheit zusammen, daß die Wesen und Vorgänge der Welt nicht in Wahrheit erklärt werden, wenn man das Denken zum «Erklären» gebraucht; sondern wenn man durch das Denken die Vorgänge in dem Zusammenhange zu schauen vermag, in dem das eine das andere erklärt, in dem eines Rätsel, das andere Lösung wird, und der Mensch selbst das Wort wird für die von ihm wahrgenommene Außenwelt. Damit aber war die Wahrheit der Vorstellung erlebt, daß in der Welt und ihrem Wirken der Logos, die Weisheit, das Wort waltet. Ich vermeinte mit diesen Vorstellungen das Wesen des Materialismus klar durchschauen zu können. Nicht darin sah ich das Verderbliche dieser Denkungsart, daß der Materialist sein Augenmerk auf die stoffliche Erscheinung einer Wesenheit richtet, sondern darin, wie er das Stoffliche denkt. Er schaut auf den Stoff hin und wird nicht gewahr, daß er in Wahrheit Geist vor sich habe, der nur in der stofflichen Form erscheint. Er weiß nicht, daß Geist sich in Stoff metamorphosiert, um zu Wirkungsweisen zu kommen, die nur in dieser Metamorphose möglich sind. Geist muß sich zuerst die Form eines stofflichen Gehirnes geben, um in dieser Form das Leben der Vorstellungswelt zu führen, die dem Menschen in seinem Erdenleben das frei wirkende Selbstbewußtsein verleihen kann. Gewiß: im Gehirn steigt aus dem Stoffe der Geist auf; aber erst, nachdem das Stoffgehirn aus dem Geist aufgestiegen ist. Abweisend gegen die physikalische und physiologische Vorstellungsart mußte ich nur aus dem Grunde sein, weil diese ein erdachtes, nicht ein erlebtes Stoffliches zum äußerlichen Erreger des im Menschen erfahrenen Geistigen macht und dabei den Stoff so erdachte, daß es unmöglich ist, ihn dahin zu verfolgen, wo er Geist ist. Eine stoffliche Natur, die in der Seele bloß das erregte, was der Mensch an der Natur erlebt, macht die Welt «zur Illusion». Meine ganze Erkenntniswelt, ohne an ihrem Inhalte etwas Wesentliches zu ändern, in meiner Seele in einem gegenüber dem bisherigen wesentlich erhöhten Grade durch sie Lebensregsamkeit bekam. In dem «Logos» lebt die Menschenseele; wie lebt die Außenwelt in diesem Logos: das ist schon die Grundfrage meiner «Erkenntnistheorie der Goethe’schen Weltanschauung». [73]

Der in die Geistwelt Schauende findet sein eigenes Wesen immer veräußerlicht, wenn er Meinungen, Ansichten aussprechen soll. Er tritt in die Geistwelt nicht in Abstraktionen, sondern in lebendigen Anschauungen. Auch die Natur, die ja das sinnenfällige Abbild des Geistigen ist, stellt nicht Meinungen, Ansichten auf, sondern sie stellt ihre Gestalten und ihr Werden vor die Welt hin. [74] (So zum Beispiel ist) für denjenigen, der nicht wie ich erlebend in der Geistwelt steht, bedeutet ein Sich-Versenken in eine Denkrichtung eine bloße Gedankenbetätigung. Für den, der die Geist-Welt erlebt, bedeutet sie etwas wesentlich anderes. Er wird in die Nähe von Wesen in der Geist-Welt gebracht, die eine solche Denkrichtung zur allein herrschenden machen wollen. Da ist Einseitigkeit in der Erkenntnis nicht bloß der Anlaß zu abstrakter Verirrung; da ist geist-lebendiger Verkehr mit Wesen, was in der Menschenwelt (ein bloßer) Irrtum ist. Von ahrimanischen Wesenheiten habe ich später gesprochen, wenn ich in diese Richtung weisen wollte. Für sie ist absolute Wahrheit daß die Welt Maschine sein müsse. Sie leben in einer Welt, die an die sinnenfällige unmittelbar angrenzt. Mit meinen eigenen Ideen bin ich keinen Augenblick dieser Welt verfallen. Auch nicht im Unbewußten. Denn ich wachte sorgfältig darüber, daß sich all mein Erkennen im besonnenen Bewußtsein vollzog. Umso bewußter war auch mein innerer Kampf gegen die dämonischen Mächte, die nicht aus der Naturerkenntnis Geist-Anschauung, sondern mechanistisch-materialistische Denkart werden lassen wollten. Der nach geistiger Erkenntnis Suchende muß diese Welten erleben; bei ihm genügt nicht ein bloßes theoretisches Denken darüber. Ich mußte mir damals meine Geistanschauung in inneren Stürmen retten. Diese Stürme standen hinter meinem äußeren Erleben. Ich konnte in dieser Prüfungszeit nur weiter kommen, wenn ich mit meiner Geist-Anschauung die Entwickelung des Christentums mir vor die Seele rückte. Das Christentum, das ich suchen mußte, fand ich nirgends in den Bekenntnissen vorhanden. Ich mußte mich, nachdem die Prüfungszeit mich harten Seelenkämpfen ausgesetzt hatte, selber in das Christentum versenken, und zwar in der Welt, in der das Geistige darüber spricht.

Vor dieser Jahrhundertwende (zum 20. Jahrhundert) stand die geschilderte Prüfung der Seele. Auf das geistige Gestanden-Haben vor dem Mysterium von Golgatha in innerster ernstester Erkenntnis-Feier kam es bei meiner Seelen-Entwickelung an. [75] Ich darf sagen, daß ich selber wenig Momente von solcher Ergriffenheit gehabt habe während des geisteswissenschaftlichen Forschens, wie diesen, wo mir – lassen Sie mich das Wort gebrauchen – aus grauen Geistestiefen heraus dieser Zusammenhang zwischen dem 33. Jahre (der Entwickelungsfähigkeit) der Menschheit im 4. nachatlantischen Zeitraum und dem 33. Lebensjahre des ChristusJesus, in dem der Tod auf Golgatha eintritt, als Ergebnis heraufgestiegen ist. [76]

Ich mußte mich, sollte ich eine öffentliche Tätigkeit für Geist-Erkenntnis entfalten, entschließen mit der Tradition (der Geheimhaltung der esoterischen Geist-Erkenntnis) zu brechen. Ich sah mich vor die Bedingungen des geistigen Lebens der Gegenwart gestellt. Denen gegenüber sind Geheimhaltungen, wie sie in älteren Zeiten selbstverständlich waren, eine Unmöglichkeit. Wir leben in der Zeit, die Öffentlichkeit will, wo irgend ein Wissen auftritt. Und die Anschauung von der Geheimhaltung ist ein Anachronismus. Einzig und allein möglich ist, daß man Persönlichkeiten stufenweise mit der Geist-Erkenntnis bekannt macht und niemand zuläßt zu einer Stufe, auf der die höheren Teile des Wissens mitgeteilt werden, wenn er die niedrigeren noch nicht kennt. Das entspricht ja auch den Einrichtungen der niederen und höheren Schulen. (Das gilt übrigens auch für den Selbstunterricht, denn die höheren Wissensstufen sind in den niederen verborgen und können nur durch deren gründliches Verständnis aktiviert werden). Ich hatte auch niemand gegenüber eine Verpflichtung zur Geheimhaltung. Denn ich nahm von «alter Weisheit» nichts an; was ich an Geist-Erkenntnis habe, ist durchaus Ergebnis meiner eigenen Forschung. Nur, wenn sich mir eine Erkenntnis ergeben hat, so ziehe ich dasjenige heran, was von irgend einer Seite an «altem Wissen» schon veröffentlicht ist, um die Übereinstimmung (zum Beispiel in der Terminologie) und (damit) zugleich den Fortschritt zu zeigen, der der gegenwärtigen Forschung möglich ist. [77] Ich selber zum Beispiel würde niemals es als meinen Beruf darstellen, sagen wir, durch das Studium des Paracelsus auf irgend etwas zu kommen, sondern ich habe manchmal stark das Bedürfnis, nachzuschlagen bei Paracelsus, wie sich etwas ausnimmt, was ich selber gefunden habe. [78]

Und gegenüber den Persönlichkeiten, die geltend machten daß gerade das «wahre Wissen» die Unmöglichkeit eines Gesamtbildes des Daseins in einer Weltanschauung beweise, mußte ich sagen: «Ginge es nach der Meinung der Leute, die solche Stimmen vernehmen lassen, so würde man sich begnügen, die Dinge und Erscheinungen zu messen, zu wägen, zu vergleichen, sie mit den vorhandenen Apparaten zu untersuchen; niemals aber würde die Frage erhoben nach dem höheren Sinn der Dinge und Erscheinungen.» Das ist meine Seelenstimmung, aus der heraus die Tatsachen verstanden werden müssen, die meine anthroposophische Tätigkeit innerhalb der Theosophischen Gesellschaft herbeiführten. [79]

Wenn ich davon gesprochen habe, daß es möglich war, im Rahmen der Theosophischen Gesellschaft die Menschen zu finden, die auf Mitteilungen aus der Geist-Welt hören wollten, so ist damit nicht gemeint, daß als solche Persönlichkeiten vor allem in Betracht kamen die damals als Mitglieder in der Theosophischen Gesellschaft eingeschriebenen. Viele von diesen erwiesen sich bald als verständnisvoll gegenüber meiner Art der Geist-Erkenntnis. Aber ein großer Teil der Mitglieder waren fanatische Anhänger einzelner Häupter der Theosophischen Gesellschaft. Sie schworen auf die Dogmen, die von diesen stark im sektiererischen Sinn wirkenden Häuptern ausgegeben wurden. Mich stieß dieses Wirken der Theosophischen Gesellschaft(-en, durch Sezessionen schon damals entstanden) durch die Trivialität und den Dilettantismus, die darinnen steckten, ab. Nur innerhalb der englischen Theosophen fand ich inneren Gehalt, der noch von Blavatsky herrührte und der damals von Annie Besant und anderen sachgemäß gepflegt wurde. Ich hätte nie in dem Stile, in dem diese Theosophen wirkten, selber wirken können. Aber ich betrachtete, was unter ihnen lebte, als ein geistiges Zentrum, an das man würdig anknüpfen durfte, wenn man die Verbreitung der Geist-Erkenntnis im tiefsten Sinne ernst nahm. [80] Es gab ja immer eine Tradition über solche Lehren, die auf alte Mysterien-Schulen zurückgehen. Diese Tradition wird in allerlei Gesellschaften gepflegt, die streng darüber wachen, daß von den Lehren aus den Gesellschaften nichts hinausdringe. Aber von irgend einer Seite wurde es für angemessen gehalten, an H. P. Blavatsky solche Lehren mitzuteilen. Sie verband dann, was sie da erhielt, mit Offenbarungen, die ihr im eigenen Innern aufgingen. Denn sie war eine menschliche Individualität, in der das Geistige durch einen merkwürdigen Atavismus wirkte, wie es einst bei den Mysterien-Leitern gewirkt hat, in einem Bewußtseinszustand, der gegenüber dem modernen von der Bewußtseinsseele durchleuchteten ein ins Traumhafte herabgestimmter war. So erneuerte sich in dem «Menschen Blavatsky» etwas, das in uralter Zeit in den Mysterien heimisch war.

Für den modernen Menschen gibt es eine irrtumsfreie Möglichkeit, zu entscheiden, was von dem Inhalte des geistigen Schauens weiteren Kreisen mitgeteilt werden kann. Mit Allem kann das geschehen, das der Forschende in solche Ideen kleiden kann, wie sie der Bewußtseinsseele eigen und wie sie ihrer Art nach auch in der anerkannten Wissenschaft zur Geltung kommen.

Nicht so steht die Sache, wenn die Geist-Erkenntnis nicht in der Bewußtseinsseele lebt, sondern in mehr unterbewußten Seelenkräften. Diese sind nicht genügend unabhängig von den im Körperlichen wirkenden Kräften. Deshalb kann für Lehren, die so aus unterbewußten Regionen geholt werden, die Mitteilung gefährlich werden. Denn solche Lehren können ja nur wieder von dem Unterbewußten aufgenommen werden. Und Lehrer und Lernender bewegen sich da auf einem Gebiete, wo das, was dem Menschen heilsam, was schädlich ist, sehr sorgfältig behandelt werden muß. Das alles kommt für Anthroposophie deshalb nicht in Betracht, weil diese ihre Lehren ganz aus der unbewußen Region heraushebt. [81]

Ich arbeitete, während in Gemeinschaft mit Marie von Sivers (spätere Marie Steiner) die Einrichtungen für die äußere Wirksamkeit getroffen wurden, meine Ergebnisse der geistigen Schauung aus. Ich hatte ja auf der einen Seite zwar ein vollkommenes Drinnenstehen in der Geist-Welt; aber ich hatte etwa 1902, und für vieles auch noch die folgenden Jahre zwar Imaginationen, Inspirationen und Intuitionen. Doch schlossen sich diese erst allmählich zu dem zusammen, was dann in meinen Schriften vor die Öffentlichkeit trat. [82] Für mich waren die Jahre etwa von 1901 bis 1907 oder 1908 eine Zeit, in der ich mit allen Seelenkräften unter dem Eindruck der an mich herankommenden Tatsachen und Wesenheiten der Geistwelt stand. Aus dem Erleben der allgemeinen Geist-Welt wuchsen die besonderen Erkenntnisse heraus. Man erlebt viel, indem man ein solches Buch wie die «Theosophie» (GA 9) aufbaut. Es war bei jedem Schritte mein Bestreben, nur ja im Zusammenhange mit dem wissenschaftlichen Denken zu bleiben. [83]

Ein anthroposophisches Buch ist darauf berechnet, in innerem Erleben aufgenommen zu werden. Dann tritt schrittweise eine Art Verstehen auf. Dieses kann ein sehr schwaches sein. Aber es kann – und soll – da sein. Und das weitere befestigende Vertiefen durch die Übungen, die in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» (GA 10) geschildert sind, ist eben ein befestigendes Vertiefen. Zum Fortschreiten auf dem Geisteswege ist das notwendig; aber ein richtig verfaßtes anthroposophisches Buch soll ein Aufwecker des Geistlebens im Leser sein, nicht eine Summe von Mitteilungen. Sein Lesen soll nicht bloß ein Lesen, es soll ein Erleben mit inneren Erschütterungen, Spannungen und Lösungen sein. [84]

Diejenigen Regeln, die in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» gegeben sind entstammen uralten Traditionen, und aus dem Grunde, weil es heute notwendig ist gegenüber den Dingen, die von allen Seiten an die Menschen herandringen, weil es notwendig ist gegenüber diesen Anweisungen, einmal ein Bild von der Wahrheit zu geben, deshalb haben die Meister der Weisheit die Erlaubnis gegeben zur Veröffentlichung solcher Regeln. Was Sie in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» finden, hat zum Unterschied von vielem anderen die Eigenschaft, unschädlich zu sein. Nur solche Dinge sind mitgeteilt worden, welche – auch wenn sie nicht mit Geduld und Standhaftigkeit durchgeführt werden – dem Menschen keinen Schaden bringen. [85]

Ich weiß, wie weit das, was ich in Büchern gegeben habe, davon entfernt ist, durch seine innere Kraft ein solches Erleben in den lesenden Seelen auszulösen. Aber ich weiß auch, wie bei jeder Seite mein innerer Kampf darnach ging, nach dieser Richtung hin möglichst viel zu erreichen. Ich schildere dem Stile nach nicht so, daß man in den Sätzen mein subjektives Gefühlsleben verspürt. Ich dämpfe im Niederschreiben, was aus Wärme und tiefer Empfindung heraus ist, zu trockener, mathematischer Stilweise, Aber dieser Stil kann allein ein Aufwecker sein, denn der Leser muß Wärme und Empfindung in sich selbst erwachen lassen. Er kann diese nicht in gedämpfter Besonnenheit einfach aus dem Darsteller in sich hinüberfließen lassen. [86]

Man hat gesagt, man könne meinem Stil ansehen, daß ich mit der Schreibmaschine schreibe, weil mir bei Tag die Zeit dazu fehle. Diese Kritik kann ganz gewiß nicht recht haben. Ich habe mir noch nie ins Bett, wo ich meine meisten Sachen schreibe, eine Schreibmaschine gestellt. [87]

Das Sich-nicht-Erfüllen mit einem geistigen Gehalt führt zu einer Einkapselung des einzelnen Individuums. Es gibt zahlreiche Wege zur Anthroposophie. Man sollte darüber hinauskommen, sich zu stoßen an dem Wesen einzelner Menschen, die Anthroposophen sein wollen, und sollte versuchen, die Anthroposophie wirklich zu erleben. In der Gegenwart ist eigentlich Anthropo-sophie das einzige, das nicht dogmatisiert, und das nicht darauf erpicht ist, etwas in ganz bestimmter Weise hinzustellen, sondern das bestrebt ist, etwas von verschiedenen Seiten anzuschauen. Die Hauptsache der Anthroposophie liegt im Leben und nicht in der Form. Man ist ja wohl gezwungen, wenn man verstanden werden will, Formen anzuwenden, die gegenwärtig üblich sind. Ein Amerikaner fragte mich einmal: Ich habe Ihre Schriften gelesen, auch Ihre sozialen. Glauben Sie, daß sie auch noch für kommende Zeitalter gelten? Ich habe ihm geantwortet: Sie sind so aufgebaut, daß sie sich metamorphosieren können, und dann können ganz andere Folgerungen für die kommende Zeit sich ergeben als für die jetzige. Es kommt darauf an, daß Leben Leben findet. [88]

Ich habe nie geglaubt, wenn ich zu einem Auditorium von fünfzig Menschen gesprochen habe oder zu einem Auditorium von fünfhundert – ich habe auch schon zu größeren Auditorien (vor 7000) gesprochen –, daß man etwa die Hälfte oder ein Viertel davon belehren kann, sondern ich habe angenommen, unter fünfhundert werden vielleicht fünf sein zunächst auf den ersten Anhub, deren Herzen man anspricht mit dem, was man zu sagen hat, die gewissermaßen zunächst prädestiniert sind dazu. Unter fünfzig einer und unter fünf Menschen ein Zehntel von einem Menschen. Darauf muß man sich einstellen. Es gehört eine gewisse Resignation dazu, nicht in diesem Machtgefühl zu leben: man will belehren, man will den anderen überzeugen. Aber diese Resignation muß man unbedingt haben. [89]

Die anthroposophische Bewegung beruht ja darauf, daß aus der geistigen Welt reale Offenbarungen über den Inhalt der geistigen Erkenntnisse herunterfließen. Wenn man das Werk der anthroposophischen Bewegung tun will, so kann man nicht allein Menschenwerk tun. Man muß offen sein für das, was herunterfließt aus den geistigen Welten. Die Gesetze der geistigen Welten sind ganz bestimmte, nicht anzutastende. Sie müssen streng eingehalten werden. Und es ist schwierig, das, was in unserer heutigen Zeit ein äußeres Amt verlangt, und sei es auch dasjenige des Vorsitzenden der Anthroposophischen Gesellschaft, zu vereinigen mit den okkulten Pflichten gegenüber den Offenbarungen der geistigen Welt. So daß man schon die Frage dazumal (bei der Weihnachtstagung 1923) sich vor die Seele zu stellen hatte: Werden die geistigen Mächte, welche die Anthroposophische Gesellschaft bisher begnadet haben mit demjenigen, was herunterfließen kann von ihnen, werden diese geistigen Mächte auch weiter, ich möchte sagen, in dieser Weise die anthroposophische Bewegung begnaden? [90]

Zitate:

[1]  GA 353, Seite 12f   (Ausgabe 1968, 308 Seiten)
[2]  GA 28, Seite 22   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[3]  GA 260a, Seite 295   (Ausgabe 1966, 748 Seiten)
[4]  GA 28, Seite 23   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[5]  GA 352, Seite 55f   (Ausgabe 1967, 196 Seiten)
[41]  GA 188, Seite 140   (Ausgabe 1982, 262 Seiten)
[42]  GA 28, Seite 182   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[43]  GA 317, Seite 173   (Ausgabe 1979, 200 Seiten)
[44]  GA 243, Seite 137   (Ausgabe 1983, 246 Seiten)
[45]  GA 326, Seite 91   (Ausgabe 1977, 196 Seiten)
[46]  GA 185, Seite 126   (Ausgabe 1982, 254 Seiten)
[47]  GA 28, Seite 130   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[48]  GA 28, Seite 135ff   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[49]  GA 28, Seite 140   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[50]  GA 28, Seite 141ff   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[51]  GA 98, Seite 49   (Ausgabe 1983, 272 Seiten)
[52]  GA 192, Seite 54   (Ausgabe 1964, 403 Seiten)
[53]  GA 28, Seite 162uf   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[54]  GA 28, Seite 169uf   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[55]  GA 28, Seite 178   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[56]  GA 28, Seite 174f   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[57]  GA 28, Seite 176   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[58]  GA 28, Seite 196   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[59]  GA 28, Seite 189   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[60]  GA 28, Seite 185   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[61]  GA 28, Seite 218   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[62]  GA 28, Seite 233ff   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[63]  GA 28, Seite 241   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[64]  GA 28, Seite 243   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[65]  GA 28, Seite 289f   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[66]  GA 28, Seite 292f   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[67]  GA 28, Seite 315   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[68]  GA 28, Seite 317f   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[69]  GA 28, Seite 320f   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[70]  GA 28, Seite 321   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[71]  GA 28, Seite 323ff   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[72]  GA 28, Seite 327uf   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[73]  GA 28, Seite 333uf   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[74]  GA 28, Seite 373   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[75]  GA 28, Seite 364ff   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[76]  GA 176, Seite 20   (Ausgabe 1982, 392 Seiten)
[77]  GA 28, Seite 389f   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[78]  GA 312, Seite 208   (Ausgabe 1976, 392 Seiten)
[79]  GA 28, Seite 399   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[80]  GA 28, Seite 412f   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[81]  GA 28, Seite 424f   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[82]  GA 28, Seite 430   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[83]  GA 28, Seite 432   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[84]  GA 28, Seite 435   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[85]  GA 53, Seite 198   (Ausgabe 1981, 508 Seiten)
[86]  GA 28, Seite 435   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[87]  GA 217a, Seite 158   (Ausgabe 1981, 246 Seiten)
[88]  GA 217a, Seite 44   (Ausgabe 1981, 246 Seiten)
[89]  GA 342, Seite 41f   (Ausgabe 1993, 164 Seiten)
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[10]  GA 237, Seite 102   (Ausgabe 1959, 186 Seiten)
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[12]  GA 72, Seite 321   (Ausgabe 1990, 438 Seiten)
[13]  GA 72, Seite 324   (Ausgabe 1990, 438 Seiten)
[14]  GA 28, Seite 44   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[15]  GA 310, Seite 92   (Ausgabe 1965, 184 Seiten)
[16]  GA 28, Seite 190   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[17]  GA 28, Seite 106uf   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[18]  GA 314, Seite 286   (Ausgabe 1975, 328 Seiten)
[19]  GA 28, Seite 59   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[20]  GA 28, Seite 51   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[21]  GA 350, Seite 165f   (Ausgabe 1962, 314 Seiten)
[22]  GA 28, Seite 60   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[23]  GA 28, Seite 62   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[24]  GA 28, Seite 64   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[25]  GA 28, Seite 66   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[26]  GA 28, Seite 69f   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[27]  GA 28, Seite 72   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[28]  GA 28, Seite 73   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[29]  GA 28, Seite 76   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[30]  GA 28, Seite 54   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[31]  GA 28, Seite 93   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[32]  GA 28, Seite 94uf   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[33]  Euro 3/2, Seite 22   (Ausgabe 1999, 0 Seiten)
[34]  GA 28, Seite 98   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[35]  GA 28, Seite 98uf   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[36]  GA 81, Seite 110   (Ausgabe 1994, 226 Seiten)
[37]  GA 28, Seite 110   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[38]  GA 349, Seite 90   (Ausgabe 1961, 264 Seiten)
[39]  GA 28, Seite 112uf   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)
[40]  GA 28, Seite 116   (Ausgabe 1962, 520 Seiten)

Quellen:

Euro 3/2:  Zeitschrift: Der Europäer, Jahrgang 3. Heft Nr. 2/3 (1998/1999)
GA 28:  Mein Lebensgang (1923-1925)
GA 53:  Ursprung und Ziel des Menschen. Grundbegriffe der Geisteswissenschaft (1904/1905)
GA 72:  Freiheit – Unsterblichkeit – Soziales Leben. Vom Zusammenhang des Seelisch-Geistigen mit dem Leiblichen des Menschen (1917-1918)
GA 74:  Die Philosophie des Thomas von Aquino (1920)
GA 81:  Erneuerungs-Impulse für Kultur und Wissenschaft. Berliner Hochschulkurs (1922)
GA 98:  Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt (1907/1908)
GA 176:  Menschliche und menschheitliche Entwicklungswahrheiten. Das Karma des Materialismus (1917)
GA 185:  Geschichtliche Symptomatologie (1918)
GA 188:  Der Goetheanismus, ein Umwandlungsimpuls und Auferstehungsgedanke. Menschenwissenschaft und Sozialwissenschaft (1919)
GA 192:  Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen (1919)
GA 217a:  Die Erkenntnis-Aufgabe der Jugend (1920/1924)
GA 237:  Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge - Dritter Band. Die karmischen Zusammenhänge der anthroposophischen Bewegung (1924)
GA 239:  Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge - Fünfter Band (1924)
GA 243:  Das Initiaten-Bewußtsein. Die wahren und die falschen Wege der geistigen Forschung (1924)
GA 260a:  Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Der Wiederaufbau des Goetheanum (1924-1925)
GA 310:  Der pädagogische Wert der Menschenerkenntnis und der Kulturwert der Pädagogik (1924)
GA 312:  Geisteswissenschaft und Medizin (1920)
GA 314:  Physiologisch-Therapeutisches auf Grundlage der Geisteswissenschaft. Zur Therapie und Hygiene (1920/1924)
GA 317:  Heilpädagogischer Kurs (1924)
GA 326:  Der Entstehungsmoment der Naturwissenschaft in der Weltgeschichte und ihre seitherige Entwickelung (1922/1923)
GA 342:  Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, I. Anthroposophische Grundlagen für ein erneuertes christlich-religiöses Wirken (1921)
GA 349:  Vom Leben des Menschen und der Erde. Über das Wesen des Christentums (1923)
GA 350:  Rhythmen im Kosmos und im Menschenwesen. Wie kommt man zum Schauen der geistigen Welt? (1923)
GA 352:  Natur und Mensch in geisteswissenschaftlicher Betrachtung (1924)
GA 353:  Die Geschichte der Menschheit und die Weltanschauungen der Kulturvölker (1924)