Knochensystem

Die Pflanze ist aus dem Kosmos heraus gebaut, und nur die Wurzel ist aus irdischen Kräften aufgebaut. Die ganze Form der Pflanze ist geistige Wirklichkeit, ist übersinnliche Wirklichkeit; nur ist das Übersinnliche ausgefüllt mit Materie.. Und so ist es, daß auch die menschlichen Organsysteme nur mit physischen Substanzen ausgefüllt sind. In Wirklichkeit ist physisch nur das Knochensystem, ätherisch das Muskelsystem, astralisch das Organsystem. [1]

Hätten Sie die übersinnlichen Wahrnehmungsorgane entwickelt, so würden Sie finden, daß alles Tote vom Lebendigen kommt, daß auch der Bergkristall und der Diamant, überhaupt alles Tote, vom Lebendigen herstammt. In der äußeren Natur ist das Versteinern ein ähnlicher Prozeß wie die Entstehung des Knochensystems in uns. Alles Knochensystem ist eine Art von beginnendem Leblosen im Menschen. [2] Was uns heute als Knochensystem entgegentritt, wo sich uns in einer innerlich festen, gleichsam erdigen Weise der Ernährungsprozeß zeigt, das ging früher tatsächlich auch in einer weicheren Substanz vor sich und hat sich erst später verhärtet und zum festen Knochensystem herausgebildet. Das kann noch durch die äußere Wissenschaft nachgewiesen werden, die uns lehren kann, wie gewisse Gebilde, die später deutliche Knochen im menschlichen Organismus sind, im kindlichen Alter noch weich, knorpelhaft auftreten. In dem Knochensystem, das der ganzen menschlichen Organisation zugrunde liegt, haben wir das, was am letzten Punkte seiner Evolution, soweit der Mensch heute in Betracht kommt, angelangt ist, was ein letztes Umwandlungsprodukt vorstellt. [3] Wir verehren in diesem Knochensystem einen letzten Abschluß der menschlichen physischen Organisation. Und schauen wir auf unser Blutsystem, so können wir sagen: Wir sehen in ihm einen Anfang, etwas, das erst anfangen konnte, nachdem alle anderen Systeme vorangegangen sind für diese menschliche Organisation. Das älteste der Kraftsysteme des menschlichen Organismus haben wir im Knochensystem in uns, somit liegt dieses Knochensystem unserer Organisation zugrunde.

Unser pulsierendes Blut ist unser Leben; unser Knochensystem ist dasjenige, was sich dem unmittelbaren Leben – weil es ein so alter Herr ist – schon entzogen hat, was sich schon ausgeschaltet hat und nur noch als Stütze dienen will, nur noch Form geben will. Während wir in unserem Blute leben, sind wir im Grunde genommen in unserem Knochensystem schon gestorben. – Unser Knochensystem ist wie ein Gerüst, wie das am wenigsten lebende, nur uns stützende Gerüst in uns. Mit dem Zahnwechsel hat das Knochensystem sich im wesentlichen seine Form gegeben; dann wächst es nur noch die Formen aus, die es erhalten hat. Die Zahnbildung um das siebente Jahr herum haben wir als letztes, was aus dem Knochensystem noch entstehen kann. [4]

Zitate:

[1]  GA 316, Seite 96f   (Ausgabe 1980, 246 Seiten)
[2]  GA 96, Seite 35   (Ausgabe 1974, 350 Seiten)
[3]  GA 128, Seite 120f   (Ausgabe 1978, 186 Seiten)
[4]  GA 128, Seite 122f   (Ausgabe 1978, 186 Seiten)

Quellen:

GA 96:  Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft. Christliche Esoterik im Lichte neuer Geist-Erkenntnis (1906/1907)
GA 128:  Eine okkulte Physiologie (1911)
GA 316:  Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (1924)