Ich
► Das Ich und seine Aura

Wie der physische Körper im Gehirn, so hat die Seele im Ich ihren Mittelpunkt. Und dieses Ich ist der Mensch selbst. Er darf deshalb seinen Leib und seine Seele als die Hüllen bezeichnen, innerhalb deren er lebt. [1] Je mehr das Ich Herrscher ist über Leib und Seele, desto gegliederter, mannigfaltiger, farbenreicher ist die Aura. Die Wirkung des Ich auf die Aura kann der Sehende schauen. Das Ich selbst ist auch ihm unsichtbar: dieses ist wirklich in dem «verhangenen Allerheiligsten des Menschen». [2]

Man kann es noch heute bei sehr tiefstehenden Menschen bemerken, wie an einer Stelle, die wir im Inneren des Kopfes zu suchen haben, eine kleinere Aura in bläulicher Farbe entsteht. Diese kleinere Aura ist der äußere aurische Ausdruck des Selbstbewußtseins. Und je mehr der Mensch dieses Selbstbewußtsein durch sein Denken und durch seine Arbeit entwickelt hat, desto mehr breitet sich diese kleinere Aura über die andere aus, so daß sie oft beide in kurzer Zeit ganz anders werden. Der Mensch, der in der äußeren Kultur lebt, der ein gebildeter Kulturmensch ist, arbeitet an seiner Aura so, wie die Kultur ihn eben antreibt. Unsere gewöhnliche Erkenntnis, wie sie die Schule bietet, unsere Erfahrungen, die uns das Leben bringt, nehmen wir in uns auf, und sie verändern fortwährend unsere Aura. [3]

Kein Hellseher kann an derjenigen Stelle der Aura etwas sehen, die dem «Ich» entspricht. Das Ich-Bewußtsein wird in derselben durch ein dunkles Oval, durch ein völlig Finsteres bezeichnet. Könnte man dieses Oval für sich allein anschauen, so erschiene es völlig schwarz. Das kann man aber nicht. Denn man sieht es durch das, was (im Artikel über Aura) als erste und zweite Aura bezeichnet worden ist. Deswegen erscheint es blau. Als ein kleines blaues Oval erscheint das Ich des ganz unentwickelten Menschen. Mit der fortschreitenden Entwickelung des Menschen wird es immer größer; und beim Durchschnittsmenschen der Gegenwart hat es ungefähr die Größe der übrigen Aura. Innerhalb dieses blauen Ovals entspringt nun eine besondere Strahlung. Diese ist der Ausdruck dessen, was der Mensch aus sich selbst macht. Die erste Aura drückt dasjenige aus, was aus dem Animalischen in dem Menschen wirkt; die zweite dasjenige, was er durch die Eindrücke der Sinnenwelt in sich selbst erlebt; die dritte ist der Ausdruck des Wissens, das er sich von dieser Sinnenwelt erwirbt. Was aber innerhalb der dunklen Ich-Aura zu erstrahlen beginnt: das ist dasjenige, was sich der Mensch durch seine Arbeit an sich selbst erwirbt. Soviel von dem Geiste dem menschlichen Ich zuströmt, soviel erstrahlt in der Ich-Aura. Dasjenige, was in den anderen Auren sich auslebt, ist auch am Menschen vergänglich, das was in der Ich-Aura erstrahlt, ist der Ausdruck seines ewigen Geistes. Es ist das Bleibende in ihm, das in jeder folgenden Verkörperung (Inkarnation) wieder erscheint. [4] Das Ich gibt sich an den ewigen Allgeist hin. Die Stufen, die das Ich in dieser Hingabe an den Allgeist erreicht, werden durch die Farbennuancen der höheren Geist-Aura zum Ausdruck gebracht. Diese Nuancen sind in ihrem strahlenden Glanz nicht mit physischen Farben zu vergleichen. [5]

Wenn wir hellseherisch den Menschen in bezug auf seine anderen Regionen wiederum verfolgen, dann finden wir etwas höchst Eigentümliches. Während der ätherische und astralische Aurenteil bis zum Gehirn heraufgeht und da der astralische Aurenteil aufgehalten wird, der ätherische wie als Korona (siehe: Heiligenschein) heraustritt, sehen wir, daß der Ichteil des Menschen als innerliche Aura schon aufgehalten wird in der Herzgegend. Sie dringt nur bis in die Herzgegend herauf und verbindet sich mit einem der äußeren Aurenteile der entsprechenden makrokosmischen Aurenteile. Im Herzen verschlingen sich in der Tat zwei Elemente, das eine Element, welches aus dem Makrokosmos hereinkommt und welches mit der Ich-Aura zusammengeknüpft wird, die von unten herauf kommt, aber schon beim Herzen sich staut, schon beim Herzen aufgehalten wird. Daher kommt das eigentliche Ich-Bewußtsein des Menschen im Grunde genommen den Tatsachen nach nicht im Gehirn zustande. Was ich Ihnen gesagt habe für den alten atlantischen Menschen, daß sein Ich hineingezogen ist, das haben wir noch genauer vorzustellen als ein Hineinziehen des äußeren makrokosmische Ich, das seit der alten atlantischen Zeit nun vorgedrungen ist bis zum Herzen, sich da verbunden hat mit einer anderen Ich-Strömung, die von unten heraufströmt und die im Herzen zusammenkommt, so daß wir im Herzen organisiert haben den Ort, wo durch das Werkzeug des Blutes, das eigentliche Ich des Menschen, wie es in unserm Bewußtsein auftritt, zustande kommt. [6]

Das Ich ist nicht nur ein Punkt, der sich allmählich durch Herauswachsen der Stirnpartie und das Einziehen des Ätherleibes an der oberen Nasenwurzel vereinigt hat, sondern es existiert noch ein zweiter Punkt vor ihm. Die Verbindungslinie (aber) zu diesem wechselt, (weil) die Richtung dieser Linie weist nach dem Mittelpunkt der Sonne. Je mehr sich der Mensch entwickelt, desto näher kommen sich die beiden Punkte. Der sich entwickelnde Mensch muß sich in diesen zweiten Punkt versetzen, das heißt nach außen, und er muß lernen, auf seinen Körper zu blicken, wie auf sonst etwas Physisches außer ihm. [7]

Der Mensch hat sich als ein Extrakt aus den Kräften des Kosmos herausgebildet. Das Sonnenlicht ist nicht nur physisch, es ist auch seelisch-geistig; als letzteres löste es sich los vom Kosmischen und wurde Ich. So sind wir im Schlaf in der geistigen Welt nicht angewiesen auf die kosmische Sonnenwirkung; unser Ich verrichtet, was sonst die Sonne tut. [8] Das menschliche Ich ist überall Mittelpunkt, wo der Mensch steht; das mineralische Ich ist überall im Umkreis: genau das Entgegengesetzte wie beim Menschen. [9] (Siehe auch: Kristallhimmel).

Jeder Stern strahlt von seinem Mittelpunkte aus Kräfte, von denen das Ich irgendeiner Wesenheit gestaltet ist. Die Erde als Stern impulsiert von ihrem Mittelpunkte aus das menschliche Ich. In der alten Sonnenzeit hat die Erde, (die ja damals selbst Sonne war), die Fähigkeit empfangen, die Ich-Impulse der Menschheit zu entfalten. Es ist das Geistige aus dieser Zeit, das sich die Erde aus dem Sonnenhaften bewahrt hat, das aber durch die gegenwärtige Sonnenwirkung vor dem Ersterben bewahrt wird. [10]

Das Ich war in der Mitte der lemurischen Zeit wie ein Loch, das in die Materie hineingebohrt wurde. Alle unsere Iche waren damals solche Löcher in der Materie, die wir seitdem ausgefüllt haben. In der nächsten Runde (Jupiterzeit), wird der Inhalt als Pflanze herauskommen, denn in dieser Runde geschieht mit dem Pflanzenreich dasselbe, was jetzt mit dem Mineralreich geschieht. [11]

Was wir beim Menschen sehen, ist – äußerlich geformt, auf physische Weise geformt – das Ich. Daher erscheint er auch zum Beispiel für die Augenwahrnehmung, für die Sichtbarkeit, der Mensch nach außen in seinem Inkarnat in einer Farbe, die sonst nicht vorhanden ist. Es ist ja zunächst nur die Außenseite des Ich, die wir sehen. Innerlich würde das Ich nur durch Intuition wahrzunehmen sein. [12] Beim Menschen sind gerade die an der Peripherie liegenden Organe am allermeisten von dem Ich durchdrungen und von dem Ich gestaltet. [13]

Zitate:

[1]  GA 9, Seite 48f   (Ausgabe 1961, 214 Seiten)
[2]  GA 9, Seite 50   (Ausgabe 1961, 214 Seiten)
[3]  GA 53, Seite 260   (Ausgabe 1981, 508 Seiten)
[4]  GA 34, Seite 133f   (Ausgabe 1960, 627 Seiten)
[5]  GA 34, Seite 136   (Ausgabe 1960, 627 Seiten)
[6]  GA 129, Seite 200f   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[7]  GA 264, Seite 193f   (Ausgabe 1984, 476 Seiten)
[8]  GA 140, Seite 153   (Ausgabe 1980, 374 Seiten)
[9]  GA 105, Seite 55   (Ausgabe 1983, 208 Seiten)
[10]  GA 26, Seite 226f   (Ausgabe 1976, 270 Seiten)
[11]  GA 93a, Seite 210   (Ausgabe 1972, 286 Seiten)
[12]  GA 214, Seite 39   (Ausgabe 1980, 208 Seiten)
[13]  GA 312, Seite 270   (Ausgabe 1976, 392 Seiten)

Quellen:

GA 9:  Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung (1904)
GA 26:  Anthroposophische Leitsätze. Der Erkenntnisweg der Anthroposophie – Das Michael-Mysterium (1924/1925)
GA 34:  Lucifer – Gnosis. Grundlegende Aufsätze zur Anthroposophie und Berichte aus den Zeitschriften «Luzifer» und «Lucifer – Gnosis» 1903 – 1908 (1903-1908)
GA 53:  Ursprung und Ziel des Menschen. Grundbegriffe der Geisteswissenschaft (1904/1905)
GA 93a:  Grundelemente der Esoterik (1905)
GA 105:  Welt, Erde und Mensch, deren Wesen und Entwickelung sowie ihre Spiegelung in dem Zusammenhang zwischen ägyptischem Mythos und gegenwärtiger Kultur (1908)
GA 129:  Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen (1911)
GA 140:  Okkulte Untersuchungen über das Leben zwischen Tod und neuer Geburt. Die lebendige Wechselwirkung zwischen Lebenden und Toten (1912/1913)
GA 214:  Das Geheimnis der Trinität. Der Mensch und sein Verhältnis zur Geistwelt im Wandel der Zeiten (1922)
GA 264:  Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914. Briefe, Rundbriefe, Dokumente und Vorträge (1904-1914)
GA 312:  Geisteswissenschaft und Medizin (1920)