Jesuiten

Ebenso wie man die Freimaurer zu rechnen hat zu dem weltlich-christlichen Charakter der symbolischen Verbrüderungen, hat man die Jesuiten zu rechnen zu der kirchlich-symbolischen Verbindung. Denn der Jesuit wird ebenso durch drei Grade durchgeführt, ebenso mit einer Symbolik versehen und er lernt gerade durch diese Symbolik jenes ungeheuer Wirksame in seiner Sprache. [1] Es trat ein Orden auf, der die weibliche (priesterliche) Weisheit wieder zurückerobern will. Es geht um die Herrschaft der Welt, die erobert werden soll. Will jemand die alte Weisheit lassen, wie sie ist, so muß er die Welt für die alten Kräfte erobern. Einen solchen Orden gibt es: Es ist der Jesuitenorden. Er hat sich bewußt diese Aufgabe gestellt. Daher stehen sich so schroff gegenüber Jesuiten und Freimaurer. [2] Den Jesuiten selber zunächst zu einem Soldaten zu machen für den Generalissimus Jesus Christus, das bezwecken alle die Meditationen, die Ignatius von Loyola vorgeschrieben hat, und die getreulich gerade von Jesuiten beobachtet werden. [3] Zum Lesen der Apokalypse das Dabeisein mit dem Wollen gehört. Und das ist auch natürlich, denn die Apokalypsen sind immer entstanden durch Inspirationen des Willens. Es gibt heute schon Leute, die in gewisser Beziehung apokalyptisch erzogen werden, aber sie werden apokalyptisch so erzogen, daß sie eine Art und Weise der Willenserziehung erhalten, die spezifisch auf die römisch-katholische Kirche hinorientiert ist: das sind die Jesuiten. In der Jesuitenerziehung, namentlich in den Jesuitenexerzitien, liegt etwas stark Apokalyptisches. Die Jesuitenexerzitien enthalten eine Schulung des Willens, wie sie immer dem Schauen des Apokalyptischen zugrunde liegt. Ein sehr einseitiger Impuls für den Willen ist gegeben worden durch Ignatius von Loyola, zwar in großartiger Weise, aber in außerordentlich einseitiger Weise. Heute ist das schon ahrimanisch verhärtet, aber gerade bei der Betrachtung des Ignatius von Loyola zeigt sich, wie falsch wir die Welt anschauen, wenn wir sie nicht geisteswissenschaftlich erkennen. Die Leute führen die heutige Jesuitenent-wickelung noch immer auf Ignatius von Loyola zurück. Das ist aber nicht richtig. Ignatius von Loyola war längst wieder da in einer neuen Verkörperung und hat sich damit natürlich ganz herausgelöst aus der früheren Strömung. Er hat wieder gelebt als Emanuel Swedenborg, und die Jesuitenentwickelung ist seit jener Zeit völlig ins Ahrimanische hineingesegelt; sie knüpft nicht mehr an Ignatius an, sondern sie ist heute in ahrimanischem Sinne wirksam. [4]

Es ist gesehen worden, wie das Denken schattenhaft wird, und daher ist im Jesuitenorden eine Methode geschaffcn worden, welche von einer gewissen Seite her Leben in dieses Denken hineinbringt. Die jesuitischen Exerzitien gehen darauf hinaus, Leben in dieses Denken hineinzubringen. Aber sie tun es, indem sie altes Leben wiederum erneuern, indem sie vor allen Dingen nicht auf die Imagination hin und durch die Imagination arbeiten, sondern durch den Willen arbeiten, der ja insbesondere in den jesuitischen Exerzitien eine große Rolle spielt. Die Menschheit der Gegenwart sollte begreifen und begreift viel zu wenig, wie in einer solchen Gemeinschaft, wie es die jesuitische ist, alles Seelenleben etwas radikal anderes wird, als es bei den anderen Menschen ist. Die anderen Menschen der Gegenwart sind alle im Grunde genommen in anderer Seelenverfassung als diejenigen, die Jesuiten werden. Die Jesuiten arbeiten aus einem Weltenwillen heraus, das ist nicht zu leugnen. Sie sehen daher gewisse Zusammenhänge, die da sind, und höchstens werden solche Zusammenhänge von manchen anderen Orden noch gesehen, die wiederum von den Jesuiten bis aufs Messer bekämpft werden. Aber dieses Bedeutungsvolle, wodurch Realität hineinkommt in das schattenhafte Denken, das ist es, was den Jesuiten zu einem Menschen anderer Art macht, als es die modernen Zivilisationsmenschen sind, die überhaupt nurmehr in Schattenbildern denken und daher im Grunde genommen schlafen, weil das Denken nicht ergreift ihren Organismus, weil es nicht vibriert in ihrem Blute, weil es nicht eigentlich wirklich durchflutet ihr Nervensystem. Noch niemals wird jemand, wie ich glaube, einen begabten Jesuiten nervös gesehen haben, währenddem die moderne Gelehrsamkeit und die moderne Bildung immer mehr nervös werden. Wann wird man nervös? Wenn die physischen Nerven sich geltend machen. Dann macht sich etwas geltend, was eigentlich physisch gar keine Berechtigung hat, sich geltend zu machen, weil es bloß da ist, um das Geistige durchzuleiten. Diese Sachen hängen innig zusammen mit der Verkehrtheit unseres modernen Bildungswesens. [5] Man lasse die Jesuiten überall hinein, aber man gebe überall den Menschen die Möglichkeit, in freier Weise sich ebenso tief geistig zu unterrichten, wie die Jesuiten unterrichtet sind; dann werden die Jesuiten ungefährlich sein.184.318

Die Jesuiten sind große Geister auf dem Felde der physisch-sinnlichen Wissenschaft. Der Jesuitismus rechnet damit, daß man die Furcht vor dem Geistigen sozialisieren kann dadurch, daß man gewissermaßen den Menschen sagt: Du kannst und du sollst nicht an das Geistige heran; wir verwalten dir das Geistige, wir bringen es in der rechten Weise an dich heran. [6]

Innerhalb des jesuitischen Ordens sind unzählige Menschen vorhanden, die Lichter wären, wenn sie als einzelne Menschen auftreten würden. [7]

Zitate:

[1]  GA 167, Seite 102   (Ausgabe 1962, 312 Seiten)
[2]  GA 93, Seite 227   (Ausgabe 1979, 370 Seiten)
[3]  GA 185, Seite 189   (Ausgabe 1982, 254 Seiten)
[4]  GA 346, Seite 86f   (Ausgabe 1995, 343 Seiten)
[5]  GA 204, Seite 173f   (Ausgabe 1979, 328 Seiten)
[6]  GA 181, Seite 397   (Ausgabe 1967, 480 Seiten)
[7]  GA 198, Seite 132   (Ausgabe 1984, 320 Seiten)

Quellen:

GA 93:  Die Tempellegende und die Goldene Legende als symbolischer Ausdruck vergangener und zukünftiger Entwickelungsgeheimnisse des Menschen (1904/1906)
GA 167:  Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste (1916)
GA 181:  Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben. Bewußtseins-Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft (1918)
GA 185:  Geschichtliche Symptomatologie (1918)
GA 198:  Heilfaktoren für den sozialen Organismus (1920)
GA 204:  Perspektiven der Menschheitsentwickelung. Der materialistische Erkenntnisimpuls und die Aufgabe der Anthroposophie (1921)
GA 346:  Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, V. Apokalypse und Priesterwirken (1924)