Gold

Wenn die Alten das Gold mit dem Sonnenlicht, das Silber mit dem Mondenlicht in Zusammenhang brachten, so beruhte das wirklich auf einer Beobachtung. [1] Kein Leben kann entstehen ohne den Lebensäther, der den Körper ausfüllt. Jeder Äther kann abgekühlt und dadurch fest werden. Das Gold rann früher in Klüften und noch früher war es gasförmig, war Feueräther, Lichtäther. Die Strahlen, die heute in der Sonne zu uns kommen, waren früher Äthermaterie. Alles Gold war damals Sonnenäther, Lichtäther. Gold ist verdichteter Sonnenäther, verdichtetes Sonnenlicht, Silber ist verdichtetes Mondenlicht. [2] Als Erde und Sonne noch eine Masse bildeten und alles noch reiner Äther war, da war alles aufgelöst, und zwar in einer Feinheit wie das Sonnenlicht. Da konnten die Minerale nicht gerinnen. Erst nachdem die Sonne sich abgetrennt hatte und als etwas von reinem Sonnenlicht bei der Erde verblieben war, verdichtet sich dieses in den Adern der Erde zum Gold. Das Gold ist verdichteter Sonnenstrahl und steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sonne. [3]

Die Sonne hält den Gleichgewichtszustand zwischen dem Geistigen im Weltenall und dem Materiellen im Weltenall. Daher entspricht die Sonne, ich möchte sagen, zu gleicher Zeit einem Weltenkörper, der Ordnung hält im planetarischen System, aber auch die Ordnung bewirkt von den Kräften her, die in unser materielles System hereindringen.

Die Alten haben wahrhaftig nicht das Gold geschätzt um seines ahrimanischen Wertes (Geldwert) willen, sondern um seines Zusammenhanges mit der Sonne willen, um seines Zusammenhanges mit dem Gleichgewicht zwischen Geist und Materie. Durch das Gold schaut das Geistige gewissermaßen rein in die äußere Welt herein. [4]

Es handelte sich (in älteren Zeiten) darum, daß, damit wir mit dem Salzigen, Merkurialen, mit dem Phosphorigen den Menschen behandeln können, wir das herausbringen, daß wir es also in einer gewissen Weise abtrennen von dem, womit es verbunden ist. Und auf diesen Prozeß wurde in der älteren Chemie (siehe: Alchimie) die größte Sorgfalt verwendet. Diesen Prozeß fand man am schwierigsten beim Golde. Daher der lateinische Ausspruch, der wirklich auch so etwas ist, was wiederum zur Verehrung des Alten führt: «Facilius est aurum facere quam destruere.» – «Leichter ist es Gold zu machen, als Gold zu zerstören.» Denn man dachte sich, daß im Golde die drei wesenhaften Naturprinzipien, das Salzartige, das Merkuriale, das Phosphorige, so fest miteinander verbunden sind, daß man sie aus dem Golde am allerschwersten herausbekommt. [5] Diejenigen Geister, die aus der Reihe der höheren Hierarchien heraus astralisch auf die Mineralien wirken, sind die Geister der Weisheit, Kyriotetes, während die Geister der Bewegung, Dynamis ätherisch wirken. Es sind aber Kyriotetes luziferisch geworden. Erreicht wird dieses Auflehnen dadurch, daß sie einfach die Entwickelung nicht mitmachen, die die anderen machen. Sie bleiben einfach zurück auf einer früheren Stufe. Die luziferischen Geister, die Weisheitsgeister aus der zweiten Hierarchie, welche nicht mitgemacht haben die Entwickelung, die strömen nun, statt daß sie von der Sonne auf die Mineralien astralische Strömungen aussenden, ätherische Ströme herunter auf die Erde. Dadurch aber geschah es, daß eine mineralische Substanz gebildet wurde, die direkt von der Sonne her ihre Innerlichkeit erhielt, das ist das Gold. Der Okkultist hat deshalb der Sonne direkt zugeteilt das Gold. Es ist jenes luziferische Mineral, welches in bezug auf seine Innerlichkeit nicht von den Planeten ätherisch bewirkt wird, sondern von der Sonne aus. Dadurch ist gerade dieses Metall in einer gewissen Beziehung etwas anderes als die anderen Metalle. Das Gleichgewicht der Erde in bezug auf das Mineralreich wäre dann vorhanden, wenn alle ätherischen Einflüsse auf die Mineralien von den Planeten kämen und nur die astralischen Einflüsse von der Sonne.

Den stärkeren luziferischen Ätherkräften mußten entgegengestellt werden Kräfte, die diese Wirkung in einer gewissen Weise paralysieren, aufheben. Das konnte nur dadurch geschehen, daß der Ätherströmung, welche von der Sonne kam, eine andere entgegengestellt worden ist, die mit ihr in ein Wechselspiel tritt und ihre Wirkungen in einer gewissen Weise ausgleicht. [6] Sie sind nun dadurch geschaffen worden, daß aus der gestörten Gleichgewichtssubstanz der Erde ein Teil abgesondert wurde und als Mond die Erde umkreiste. So kommen den Ätherströmungen von der Sonne her jene Ätherströme entgegen, die nun von dem Mond von der ganz anderen Seite her auf die Erde fließen und das Gleichgewicht wieder herstellen. Andere Geister der Weisheit mußten darauf verzichten, von der Sonne aus zu wirken, vielmehr sich herbeilassen, ihre Kräfte dazu zu verwenden, um das Gleichgewicht herzustellen. Das heißt, eine Planetenkolonie wurde begründet auf dem Monde von dem nun ausströmten ätherische Strömungen nach der Erde hin, so daß eine Substanz erzeugt wurde, die in der Erde sein mußte, damit die direkte Goldkraft abgeschwächt wurde. Das geschah dadurch, daß der Mond von der Erde getrennt wurde. Und von den Geistern der Weisheit her, die den Mond abgetrennt haben und jetzt gewissermaßen die Gegner der luziferischen Geister der Weisheit von der Sonne geworden sind, durchströmen die Erde diejenigen Ätherkräfte, die nun zum Silber als Substanz geführt haben. [7]

Die alten Mysterienlehrer haben gesagt: Das menschliche Herz ist ein Ergebnis des Goldes, das im Lichte überall lebt, und das von dem Weltenall hereinströmt und eigentlich das menschliche Herz bildet. Die haben die Vorstellung gehabt: Da webt durch das Weltenall das Licht, und das Licht trägt das Gold. Überall im Lichte ist das Gold, das Gold webt und lebt im Lichte. Und wenn der Mensch im irdischen Leben steht, dann ist sein Herz – Sie wissen ja, nach sieben Jahren ändert es sich – nicht aus den Gurken und aus dem Salat und aus dem Kalbsbraten aufgebaut, die der Mensch inzwischen gegessen hat, sondern da wußten diese alten Lehrer: das ist aus dem Golde des Lichtes aufgebaut. Und die Gurken und der Salat, die sind nur die Anregung dazu, daß das im Lichte webende Gold vom ganzen Weltenall das Herz aufbaut. [8] Beim Golde nimmt man, äußeren Analogien nach, an, daß die Alten in dem Golde einen Repräsentanten der Sonne gesehen haben. Das war wahrhaftig nicht bloß ein äußerliches Analogiespiel, daß man die Sonne als etwas Wertvolles am Himmel und das Gold als etwas Wertvolles auf der Erde angesehen hat. Es ist ja im Grunde genommen dem modernen Menschen nichts zu dumm, wenn es sich darum handelt, die Alten für dumm zu halten.

Schaute man das Gold in seiner in sich geschlossenen glanzgelben Farbe, mit der Anspruchslosigkeit und dem Stolz nach außen, dann fühlte man in der Tat etwas, was man zunächst verwandt empfand der ganzen Blutzirkulation des Menschen. Man fühlte es der Qualität Gold gegenüber: da bist du drinnen, da fühlts du dich ein. Und durch diese Empfindung kam man dazu, die Natur des Sonnenhaften zu begreifen. Man fühlte die Verwandtschaft der Qualität Gold mit dem, was von der Sonne im Blute des Menschen wirkte. [9]

Es gab ja solche Mysterienstätten, die so eingerichtet waren, daß eine Art besonders zubereiteten Oberlichtes vorhanden war, so daß man zu bestimmten Tageszeiten im abgedämpften Lichte zur Sonne aufsah, daß im sehr dämmerig abgedämpften Lichte man die Sonnenscheibe zu einer bestimmten Zeit des Tages vor sich hatte. Der Schüler wurde nun vorbereitet, diesen Blick auf die Sonnenscheibe in der richtigen Seelenverfassung in sich aufzunehmen. Mit diesem Eindruck hatte aber der Schüler auch etwas gewonnen, was ihm mehr Verständnis für gewisse Dinge geben konnte, als er sonst hatte. Und so wurde denn der Schüler, nachdem er vorbereitet war durch den majestätischen, großartigen Eindruck der Sonne, nun dazu geführt, die besondere Qualität der Substanz Gold auf sich wirken zu lassen. Nachdem er diese Vorbereitung hatte, fiel zunächst seine Aufmerksamkeit darauf, daß das Gold unempfänglich ist für dasjenige, was sonst für die Organismen Lebensluft ist, und wofür viele Metalle, die meisten anderen Metalle, durchaus empfänglich sind: Sauerstoff verändert das Gold nicht. Diese Unempfänglichkeit, die Hartnäckigkeit des Goldes gegenüber dem, wovon der Mensch sein Leben hat, das übte einen tiefen Eindruck aus auf den alten Mysterienschüler. Und so bekam er vom Golde den Eindruck: An das Leben kann das Gold nicht heran. An das Leben unmittelbar kann aber auch die Sonne nicht heran. Und es ist gut, daß weder Gold noch Sonne an das Leben unmittelbar herankönnen. Der Schüler kam nach und nach darauf, daß das Gold gerade dadurch, daß es gar keine Verwandtschaft zu dem Sauerstoff hat, wenn es in einer gewissen Dosierung in den menschlichen Organismus eingeführt wird, eine ganz besondere Wirkung auf den menschlichen Organismus hat. Es hat keine Relation zum ätherischen Leib, keine Relation zum astralischen Leib unmittelbar, sondern eine unmittelbare Relation zu dem, was im menschlichen Denken liegt. Und das Gold, in der richtigen Dosierung in den menschlichen Organismus eingefügt, dieses Gold, das bringt wiederum dem Denken Macht zurück, daß das Denken in den astralischen Leib, ja in den Ätherleib hinunterwirken kann. Vom Denken aus wird der Mensch durch das Gold belebt. Durch das Gold wird die Ichorganisation fähig, bis hinunter in den Ätherleib zu wirken. Der Ätherleib kann dann auf den physischen Leib weiter wirken. Aber das Gold bewirkt, daß man tatsächlich die Gedanken bis in den Ätherleib hinein mächtig erhalten kann. [10] Der Kohlenstoff, der hat gerade die entgegengesetzten Eigenschaften vom Golde. [11]

Zitate:

[1]  GA 166, Seite 110   (Ausgabe 1982, 142 Seiten)
[2]  GA 95, Seite 150   (Ausgabe 1978, 164 Seiten)
[3]  GA 97, Seite 298   (Ausgabe 1981, 340 Seiten)
[4]  GA 312, Seite 133   (Ausgabe 1976, 392 Seiten)
[5]  GA 312, Seite 134   (Ausgabe 1976, 392 Seiten)
[6]  GA 136, Seite 191f   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[7]  GA 136, Seite 193   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[8]  GA 228, Seite 55f   (Ausgabe 1964, 155 Seiten)
[9]  GA 232, Seite 169   (Ausgabe 1974, 222 Seiten)
[10]  GA 232, Seite 205uf   (Ausgabe 1974, 222 Seiten)
[11]  GA 232, Seite 209   (Ausgabe 1974, 222 Seiten)

Quellen:

GA 95:  Vor dem Tore der Theosophie (1906)
GA 97:  Das christliche Mysterium (1906/1907)
GA 136:  Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen (1912)
GA 166:  Notwendigkeit und Freiheit im Weltengeschehen und im menschlichen Handeln (1916)
GA 228:  Initiationswissenschaft und Sternenerkenntnis. Der Mensch in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vom Gesichtspunkt der Bewußtseinsentwickelung (1923)
GA 232:  Mysteriengestaltungen (1923)
GA 312:  Geisteswissenschaft und Medizin (1920)