Haeckel, Ernst

Nun wissen Sie, daß in Jena die Merkwürdigkeit vorliegt, daß aus ganz ähnlichen Jugendveranlagungen heraus, aus religiös-spirituellen Tendenzen – aber das Spirituelle methodisch vorstellenden Lebenstendenzen – sich einmal der deutsche Abt Hildebrand wandte nach Rom und der Papst Gregor der Siebente wurde, daß er von Rom aus einen starken Einfluß nach der Richtung hin nahm, von der aus alles organisiert wurde. Wir haben da einen starken römischen Impuls, der sich von Rom nach Europa ergießt, durch den ins Römische umgesetzten Cluniazenser Impuls. Das studieren Sie einmal. Das Merkwürdige ist dies, daß diese selbe Individualität im darauffolgenden Leben getrieben wird ebenso nach Jena, und als Ernst Haeckel wieder erscheint. [1] Ernst Haeckel ist bekannt als ein enthusiastischer Vertreter eines gewissen materialistischen Monismus, enthusiastisch, man könnte schon sagen bis zum Fanatismus. Ich brauche auch für ihn nicht, denn er ist ja hinlänglich bekannt, irgendwelche Charakteristiken hier vorzuführen. Wird man aber von dieser Persönlichkeit zurückgetrieben in die vorige Inkarnation, dann findet man jenen Papst, der aus dem Mönch Hildebrand geworden ist als Gregor VII. (auch Gregor der Heilige genannt). Das Beispiel führe ich Ihnen aus dem Grunde vor, damit Sie sehen, wie verschieden nach den Kulturverhältnissen eines bestimmten Zeitalters ein und dieselbe Individualität nach außen sich äußern kann. Man würde nicht leicht darauf kommen, in dem Vertreter des materialistischen Monismus im 19. Jahrhundert den wiederverkörperten Papst Gregor VII. zu suchen. Aber auf diese Dinge, wie man mit den äußeren Zivilisationsmitteln des physischen Planes sich darlebt, kommt, es ja der geistigen Welt in viel geringerem Grade an, als man denkt. Hinter der Persönlichkeit Haeckels und hinter der Persönlichkeit des Mönches Hildebrand liegt etwas, was viel gleicher, viel ähnlicher ist als das, worinnen sie verschieden sind, wenn der eine den Katholizismus in extremster Art zur Macht bringen will, der andere den Katholizismus in extremster Art bekämpft. Das ist für die geistige Welt keine so große Verschiedenheit. Bei der geistigen Welt kommt es auf ganz andere menschliche Hintergründe an als auf diese Dinge, die im Grunde genommen doch nur eine Bedeutung in der physischen Welt haben. [2] Denn, was sind denn diese Aufklärer, die Freidenker? Was wollen sie? Sie sind ja eigentlich religiöse Naturen. Sie wollen eine Religion begründen, sie wollen aus der modernen Wissenschaft selbst eine solche Religion hervorzaubern. Im Grunde genommen sind Moleschott, Haeckel und so weiter mit ihren Büchern, die eine Art materialistisches Evangelium für so viele begründet haben, nichts anderes als materialistische Religionsstifter. [3]

Zitate:

[1]  GA 317, Seite 175   (Ausgabe 1979, 200 Seiten)
[2]  GA 235, Seite 206f   (Ausgabe 1984, 228 Seiten)
[3]  GA 54, Seite 272   (Ausgabe 1966, 540 Seiten)

Quellen:

GA 54:  Die Welträtsel und die Anthroposophie (1905/1906)
GA 235:  Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge - Erster Band (1924)
GA 317:  Heilpädagogischer Kurs (1924)