Entsagung

Wie kann man sich nun so ausbilden, daß man nicht nur den Teil des Astralplans kennenlernt, der in der Entbehrung (siehe: Kamaloka) zum Ausdruck kommt, sondern daß man die astralische Welt im besten Sinne erlebt, daß man jenen Teil erlebt, der wirklich diese Welt auch im guten und besten Sinne zum Ausdruck bringt? Durch die Ausbildung dessen, was das Gegenteil der Entbehrung ist, kann der Mensch in den anderen Teil der astralischen Welt hineinkommen. Das sind die Kräfte der Entsagung. Ebenso wie das Entbehren, so ist auch das Entsagen in mannigfachen Nuancen denkbar. Darum wird in den okkulten Überlieferungen so viel Gewicht darauf gelegt, daß der Schüler sich probeweise dies oder jenes entzieht, daß er Entsagung übt. Dadurch bekommt er Eintritt in die gute Seite der astralen Welt. Was wird dadurch bewirkt? Denken wir zunächst einmal an die Erfahrungen im Kamaloka. Denken wir, jemand geht durch den Tod oder durch andere Dinge aus dem physischen Leib heraus, so werden ihm die physischen Instrumente des Leibes fehlen. Dadurch fehlt ihm unbedingt das Werkzeug für irgendeine Befriedigung. Es tritt sofort Entbehrung ein, und diese tritt als imaginatives Bild in der astralischen Welt auf. Zum Beispiel erscheint ein rotes Fünfeck oder ein roter Kreis. Dies ist nichts anderes als das Bild dessen, was in das Gesichtsfeld der Menschen eintritt und dem Entbehren ebenso entspricht, wie in der physischen Welt ein Objekt auf dem physischen Plan dem entspricht, was man in der Seele als Vorstellung davon erlebt. Hat man sehr niedere Gelüste, sehr tiefstehende Begierden, dann treten grauenvolle Tiere dem Menschen entgegen, wenn er aus dem Leib heraus ist. Diese furchtbaren Tiere sind das Symbol für diese niederen Gelüste. Hat man aber Entsagung gelernt, dann verwandelt sich in dem Augenblick, wo man durch den Tod oder die Initiation aus dem Leib heraus ist, der rote Kreis, weil man das Rot mit dem Gefühl der Entsagung durchdringt, in nichts, und es entsteht ein grüner Kreis. Ebenso wird das Tier durch die Entsagungskräfte verschwinden, und ein edles Gebilde der astralischen Welt wird erscheinen. Die Entsagung zaubert heraus aus unbekannten Tiefen die wahren Gestalten der astralischen Welt. So darf also kein Mensch glauben, wenn er sich im echten Sinne in die astralische Welt hinaufschwingen will, daß dabei nicht das Mittun seiner Seelenkräfte notwendig sei. Er muß verzichten, auch auf alle Imagination. Wer verzichtet, der entsagt, und das ist dasjenige, was die wahre Gestalt der astralischen Welt hervorzaubert. [1]

Zitate:

[1]  GA 107, Seite 62f   (Ausgabe 1973, 328 Seiten)

Quellen:

GA 107:  Geisteswissenschaftliche Menschenkunde (1908/1909)