Empfindungsleib

Ein Teil des Ätherleibes ist feiner als der übrige, und dieser bildet eine Einheit mit der Empfindungsseele, während der gröbere eine Art Einheit mit dem physischen Leib bildet. Doch ragt die Empfindungsseele über den Seelenleib (Empfindungsleib) hinaus. [1] Wenn wir auf unsere Umwelt schauen, können wir darin die Kräfte sehen, die am Menschen die Fähigkeit herausgearbeitet haben, dieser Umwelt sich bewußt zu werden. So ist der ganze Empfindungsleib, das ganze Gefüge, wodurch wir in ein Verhältnis kommen zur Umwelt, herausgearbeitet aus den lebendigen Kräften der Umwelt. Daran haben wir als Mensch keinen Anteil. Es lebt das Ich im Empfindungsleib und saugt gleichsam die Substanz heraus für die Empfindungsseele. [2]

Der Entfaltung der Verstandesseele ging diejenige der Empfindungsseele und dieser die des Empfindungsleibes voraus. Werden die Tatsachen der Welt durch den Empfindungsleib wahrgenommen, so lebt alle Erkenntnis des Menschen in den Sinnen. [3] Was wir den Empfindungsleib nennen, nannte man (im alten Griechenland) mit einem sehr bezeichnenden Ausdruck: Aesthetikon. [4]

Die Welt wird farbig, tönend und so weiter wahrgenommen; aber in den Farben, Tönen, in den Wärmezuständen wird eine Welt von geistigen Wesenheiten gewußt. Eine besondere Entfaltung eines «Verstandes», der neben der Sinneswahrnehmung im Menschen lebte, gibt es in dem alten Zeitalter noch nicht. Der Mensch gibt sich entweder mit seinem Wesen an die Außenwelt hin, dann offenbaren sich ihm durch die Sinne die Götter. Oder er zieht sich in seinem Seelenleben von der Außenwelt zurück, dann fühlt er in seinem Innern ein dumpfes Lebensgefühl. [5]

Zitate:

[1]  GA 9, Seite 42   (Ausgabe 1961, 214 Seiten)
[2]  GA 58, Seite 227   (Ausgabe 1984, 352 Seiten)
[3]  GA 26, Seite 207   (Ausgabe 1976, 270 Seiten)
[4]  GA 114, Seite 142   (Ausgabe 1955, 225 Seiten)
[5]  GA 26, Seite 207f   (Ausgabe 1976, 270 Seiten)

Quellen:

GA 9:  Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung (1904)
GA 26:  Anthroposophische Leitsätze. Der Erkenntnisweg der Anthroposophie – Das Michael-Mysterium (1924/1925)
GA 58:  Metamorphosen des Seelenlebens – Pfade der Seelenerlebnisse. Erster Teil (1909/1910)
GA 114:  Das Lukas-Evangelium (1909)