Biographische Berichte festgehalten durch Schüler Rudolf Steiners
► Rudolf Steiner als Schauspieler

Besonders erfrischend ist mir (Ralph Kux) im Gedächtnis die außerordentliche Lebhaftigkeit, die Rudolf Steiner während des «Lauteurythmie-Kurses» an den Tag legte. Als er z. B. den Tierkreis in Bewegungsformen stellte, stieg er mit dem leichtesten Schwung selbst auf die Bühne und zeigte jeder Eurythmistin die charakteristische Bewegung, die sie für das betreffende Tierkreisbild zu machen hatte. Glühende Begeisterung lag dabei in seinen Augen und Gesten, als er sich unter den Künstlerinnen mit jugendlichem Elan bewegte. Man hatte den Eindruck eines großen Erziehers, der in seinen Schülern Schwung und Tatkraft entfachen möchte!

Dann ist mir aus dem «Dramatischen Kurs» erinnerlich, wie Rudolf Steiner aus «Danton» von Robert Hamerling Stellen vortrug. Wie er sich dabei in die eigentümlichen Charaktere der französischen Revolution hineinlebte, ließ den größten Bühnenkünstler in ihm erkennen.Vor allem waren es die Straßentypen, die er mit wahrhaft goldenem Humor erfaßte und gestaltete. In solchen Kursen, in denen er mit Künstlern und jungen Menschen zu tun hatte, sprudelte sein volksverbundener Humor, der stets eine lebendige und freie Stimmung erzeugte. [1]

Auch die Eurythmieproben durften die Abreisenden (einberufenen Russen Pozzo und Bugajeff) besuchen. Wir arbeiteten gerade an der Szene der «Grablegung», dem Kampf der Engel mit Mephisto um Fausts Entelechie. Wie immer sprach Dr. Steiner die Szene von der Bühne aus vor. ─ Meine deutschen Sprachkenntnisse waren damals zwar schon etwas fortgeschritten, doch vor allem in bezug auf Dr. Steiners Vorträge; Goethes Sprache nahm ich stimmungsmäßig auf, bis das Verständnis allmählich hinzukam. Nun mußten wir uns als Engel um Dr. Steiner herumbewegen, der den Mephisto sprach. Doch warum wurde er so fremd? … Ja, er wirkte sogar unsympathisch und direkt abstoßend! … Gott sei Dank, die Szene war zu Ende und er wieder der alte. Erst viel später verstand ich die an Unanständigkeit grenzenden Reden des Mephisto und worauf es dabei ankam. [2]

Zitate:

[1]  Kux, Seite 5f   (Ausgabe 1976, 0 Seiten)
[2]  Tu2, Seite 82f   (Ausgabe 1972, 0 Seiten)

Quellen:

Kux:  Ralph Kux: Erinnerungen an Rudolf Steiner (1976)
Tu2:  Assja Turgenjeff: Erinnerungen an Rudolf Steiner und die Arbeit am ersten Goetheanum (1972)