Wasserstoff

Wenn Sie ins Auge fassen, daß das Herzsystem mit den Bildekräften des Wasserstoffes verwandt ist, so werden Sie ohne weiteres auch die Wichtigkeit zugeben, welche das Wasserstoffleben als solches für das ganze Obere des Menschen hat. Denn es wird gewissermaßen mit der Entwickelung des Wasserstoffes nach dem oberen Menschen hin dasjenige, was unten mehr tierisch ist, umgewandelt in das eigentlich Menschliche, in dasjenige, was nach den Vorstellungen und so weiter hingeht. [1]

In den Lebewesen sieht man, daß da in einem lebendigen Zusammenwirken desjenigen, was aus dem Geiste heraus im Kohlenstofflichen Gerüstgestalt annimmt, mit demjenigen, was aus dem Astralischen heraus im Stickstoffartigen das Gerüst durchsetzt mit Leben und es empfindend macht, daß da Leben drinnen wirksam ist im Sauerstofflichen. Dasjenige, was da der Geist in den Kohlenstoff hineingebaut hat, wofür er sich das Leben aus dem Sauerstoff heranzieht. Alles das muß wieder verschwinden können. Nicht nur so weit, als es auf der Erde verschwindet, sondern es muß in den Kosmos, in das Weltenall hinaus verschwinden können. Das macht ein Stoff, der, so nahe es nur möglich ist, verwandt ist mit dem Physischen, und wiederum, so nahe es nur möglich ist, verwandt ist mit dem Geistigen, das macht der Wasserstoff, in dem eigentlich, wenn wir richtig sprechen – trotzdem er selber das feinste ist, was physisch ist –, das Physische ganz zersplittert, vom Schwefel getragen hineinflutet in das Ununterscheidbare des Weltenalls. Der Wasserstoff trägt alles dasjenige, was irgendwie gestaltetes, belebtes Astralisches ist, wiederum in die Weiten des Weltenalls hinauf, so daß es so wird, daß es aus dem Weltenall wieder aufgenommen werden kann. Der Wasserstoff löst eigentlich alles auf. [2]

So schädlich es an einem Ende beim Lebewesen ist, beim Kopf, wenn man ihm den Sauerstoff entzieht, so schädlich ist es für die Fortpflanzung, wenn man ihr den Wasserstoff entzieht. Und jetzt sehen wir, warum in der Welt Wasserstoff überall wo wir hinschauen – wir können nach jeder Richtung schauen –, Wasserstoff vorhanden ist. In der ganzen Welt ist Wasserstoff vorhanden aus dem Grunde, weil die Welt sofort vernichtet werden müßte, wenn es keinen Wasserstoff gäbe. In allem, wo Fortpflanzung ist, muß auch der Wasserstoff wirken. Nun wird die Welt fortwährend zerstört. Sie sehen, die Welt geht überall fortwährend ins Tote über. Die Gesteine werden abgerieben, alles wird überall zerstäubt. Die lebendigen Wesen verfaulen, alle möglichen Gärungsprozesse, die auch Verfaulungsprozesse sind, entstehen in der Welt. Wir leben ja eigentlich dadurch, daß fortwährend in uns etwas gärt. Und nur dadurch, daß etwas gärt, dadurch kann dann das Höhere entstehen. Dasjenige, was macht, daß sich aus dem Verwesenden dasjenige erhebt, was Leben macht, ja, das ist eben der Wasserstoff. Wenn sich der Wasserstoff in der Finsternis bildet, und das ist beim Grubengas oder Sumpfgas der Fall, da wirkt er schädlich, wenn er vom Licht abgesperrt sich entwickelt. Wenn aber der Wasserstoff am Licht sich entwickelt, so wie er in der ganzen Welt im Licht ausgebreitet ist, da ist er das Belebende; da ruft er aus dem Verwesenden, aus dem Gärenden eben das neue Leben hervor. Denn der Wasserstoff, wie er allüberall ist, der ist im Grunde genommen dasselbe, was wir an unseren Streichhölzern haben, wenn wir sie anzünden: Phosphor. Gewiß, in der Chemie ist der Wasserstoff ein ganz anderer Stoff als der Phosphor; aber nur weil die Chemie nicht so weit gehen kann, den Phosphor umzuwandeln in den Wasserstoff. Aber eben, wenn die Chemie weitergehen sollte, als sie heute ist, würde sie den Phosphor in Wasserstoff umwandeln können. Der Wasserstoff, der im Umkreis der Welt ausgebreitet ist, das ist der Weltphosphor. [3]

Der Wasserstoff ist nur nützlich im Weltenall, wenn zu gleicher Zeit in der Erde Soda vorhanden ist. Denn durch dieses Zusammenwirken wird der Tod von allem verhindert. Wenn man auf die kleine Erzeugung schaut, dann entsteht das neue Leben auf Erden durch das, was im männlichen Samen an Soda und Phosphor drinnen ist. [4]

Zitate:

[1]  GA 312, Seite 234   (Ausgabe 1976, 392 Seiten)
[2]  GA 327, Seite 74ff   (Ausgabe 1963, 306 Seiten)
[3]  GA 351, Seite 67f   (Ausgabe 1966, 270 Seiten)
[4]  GA 351, Seite 72   (Ausgabe 1966, 270 Seiten)

Quellen:

GA 312:  Geisteswissenschaft und Medizin (1920)
GA 327:  Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft. (Landwirtschaftlicher Kursus) (1924)
GA 351:  Mensch und Welt. Das Wirken des Geistes in der Natur. Über das Wesen der Bienen (1923)