Zarathustra

Der Ur-Zarathustra war selbst der eingeweihte Schüler des großen Sonnen-eingeweihten, der hinter den Rishis stand. Er konnte dadurch die große Lehre verkünden vom geistigen Wesen der Sonne, von Ahura Mazdao. [1] Griechische Geschichtsschreiben weisen immer wieder und wieder darauf hin, daß man Zarathustra hinaufzuversetzen hat weit – etwa 5 bis 6000 Jahre weit in die Zeit vor dem Trojanischen Krieg. Die Geisteswissenschaft muß aus ihren Voraussetzungen heraus tatsächlich auch das Leben des persischen Religions-stifters, des Zarathustra, so weit zurückverlegen, als dies die griechischen Schriftsteller schon im Altertum getan haben. [2] Der Begründer der zweiten nachatlantischen Kulturepoche, Zarathustra, war auch Schüler des Manu (wie die Begründer der 1. nachatlantischen Kulturepoche). Es ist aber ein großer Unterschied zwischen ihm und den Rishis. Letztere wußten durch Inspiration das Geheimnis der Planeten, aber nicht das Geheimnis der Sonne. Daher sprechen die Rishis von Vishvakarman, der Macht, die jenseits ihres Wissens steht und die gerade die Sonnenmacht, die spätere Christus-Macht ist. Gerade in diese weihte der Manu seinen Lieblingsschüler Zarathustra ein. [3]

Auf ganz anderem Wege (als beispielsweise der Buddha) erlangen solche Persönlichkeiten wie der ursprüngliche Zarathustra die Möglichkeit, Menschheitsführer zu werden. Wenn wir eine solche Persönlichkeit an dem Platze, wo sie uns in der Welt entgegentritt, studieren, so ist zunächst in ihr keine Individualität, welche durch eigene Verdienste besonders hoch gestiegen wäre, sondern eine solche Persönlichkeit wird ausersehen, Träger zu sein, Hülle zu sein für eine geistige Wesenheit, für eine geistige Individualität, die sich nicht selber in der Welt fleischlich inkarnieren kann, die nur in eine menschliche Hülle hineinleuchten und innerhalb derselben wirken kann. Etwa in folgender Weise war die Zarathustra-Persönlichkeit dazu ausersehen, Träger zu sein einer höheren Wesenheit, die sich nicht selbst inkarnieren sollte. Es war gleichsam bestimmt von den geistigen Welten: In dieses Kind soll hineinversenkt werden eine göttlich-geistige Wesenheit, die in diesem Menschen wirken kann, sich seines Gehirns, seiner Werkzeuge und seines Willens bedienen kann, wenn dieses Kind herangewachsen ist. Dazu muß allerdings von vornherein etwas ganz anderes mit dem Menschen geschehen, als sonst in der menschlichen individuellen Entwickelung geschieht. [4]

Das ist ja der göttlichen, der geisterfüllten Persönlichkeiten Schicksal, daß sie als Fremdlinge heranwachsen, daß ihre Umgebung keinen Sinn und keine Empfindung hat, um sie recht zu verstehen. Gewöhnlich sind nur ganz wenige, vielleicht ist sogar nur eine Persönlichkeit vorhanden, die eine Ahnung davon haben kann, was mit einem solchen Menschen heranwächst. Leicht dagegen entwickeln sich Konflikte mit der Umwelt, und es tritt dann nicht erst in späteren Jahren das auf, was ich Ihnen mit der Versuchungsgeschichte des Buddha geschildert habe, was entsteht, wenn der Mensch in die eigene Wesenheit hinuntersteigt. Vor allen Dingen stellt sich heraus – und zwar stellt es sich immer heraus, es wird nur nicht beachtet, weil man heute nicht psychische, geistige Tatsachen betrachtet –, daß die Umgebung von der wahren Natur eines solchen Kindes nichts weiß, dagegen ganz instinktiv Haß gegen einen solchen Menschen empfindet, nicht mag, was da heranwächst. Das ist der schärfste Konflikt, der dem hellsichtigen Auge entgegentritt: daß ein solches Kind, das eigentlich zu einem Heilande der Menschheit geboren ist, rings herum Stürme von Haß entfesselt. Das muß sein. Denn dadurch, daß es so anders ist, kommen die großen Impulse in die Menschheit hinein. Solche Dinge werden uns dann erzählt für entsprechende Persönlichkeiten, wie sie uns bei Zarathustra erzählt werden. Da wird erzählt, daß Zarathustra eines kann, was sonst erst nach Wochen beim Menschen auftritt: daß er so sehen kann auf die Harmonie der Welt, daß er sein «Zarathustra-Lächeln» entwickelt.

Dieses Lächeln des eben geborenen Zarathustra wird uns geschildert als das erste, was ihn uns zeigt als etwas ganz anderes als die übrigen Menschen rings um ihn herum. Das zweite ist, daß sich ein Feind, eine Art König Herodes in dem Gebiete fand, wo Zarathustra geboren war. Duransarum hieß er; und eigenhändig – nachdem er ausgekundschaftet hatte die Geburt des Zarathustra, die ihm von den Magiern, den Chaldäern, verraten worden war versuchte er, das Kind zu ermorden. Nun erzählt die Legende: In dem Augenblick, da er das Schwert erhob und das Kind töten wollte, erlahmte ihm die Hand, und er mußte davon ablassen. – Das alles sind nur Bilder, die das geistige Bewußtsein hätte sehen können, Bilder von geistigen Realitäten. –Weiter wird erzählt, wie dieser Feind des Zarathustra-Kindes, weil er es nicht auf diese Weise töten konnte, es hinaustragen ließ durch einen Diener zu den wilden Tieren in die Wüste, damit diese es umbrächten. Aber als man es dann sucht, hat kein wildes Tier es angerührt, sondern man findet das Kind ruhig schlafen. Als auch dieser Versuch mißglückt ist, läßt der Feind das Zarathustra-Kind so aussetzen, daß eine ganze Herde von Kühen und Ochsen darüberlaufen muß, die es zertrampeln sollen. Aber das erste Tier, so erzählt die Legende, nahm das Kind zwischen die Beine, trug es fort, so daß die ganze Herde vorüberlaufen mußte, und setze es dann nieder. So geschah im nichts. Dasselbe wiederholte sich mit einer Herde von Pferden. Und als letztes versuchte der Feind, daß man einer Schar von wilden Tieren, nachdem man ihnen alle Jungen weggerissen hatte, statt denen das Zarathustra-Kind hinlegte. Aber es stellte sich heraus, daß auch diese Tiere dem Kinde nichts getan hatten, sondern daß sogar, wie es in der Legende heißt, das Zarathustra-Kind von den «himmlischen Kühen» durch lange Zeiten genährt worden ist. Wir brauchen zunächst in einer solchen Summe von Angaben nichts anderes zu sehen, als daß durch die Anwesenheit des geistigen Wesens, der geistigen Individualität, die in eine solche Seele hineinfährt, ganz besondere Kräfte wachgerufen werden, um ein solches Kind mit seiner Umgebung in eine Disharmonie zu bringen, die notwendig ist, damit der Menschheits-entwickelung Impulse nach aufwärts gegeben werden können. Denn immer sind Disharmonien notwendig, wenn wirklich zur Vollkommenheit geschritten werden soll. Dann aber soll darauf hingewiesen werden, wie diese Kräfte nun auch so sind, daß sie trotzdem einer solchen Wesenheit, einem solchen Kinde nützen, um es hinaufzuführen zu den Zusammenhängen mit der geistigen Welt, in die es kommen soll. Wodurch erlebt aber das Kind selber alle diese Konflikte. Stellen Sie sich vor, daß dieses Hineingehen der Seele in die eigene Wesenheit ein Moment des Aufwachens wäre. Wenn die Seele in sich erleben kann den physischen Leib und Ätherleib, dann macht sie die Entwickelung durch, die ich bei Buddha charakterisiert habe. Denken Sie sich nun das Einschlafen bewußt. So wie es heute ist, verliert der Mensch beim Einschlafen das Bewußtsein, denken Sie aber, der Mensch behielte beim Einschlafen sein Bewußtsein. Dann würde er umgeben sein von einer geistigen Welt, in die sich der Mensch eben im Schlafe ergießt. Da ist der große Hüter der Schwelle, der uns nicht hineinläßt in die geistige Welt, solange wir unreif sind und gewissen Gefahren ausgesetzt sind. Diese bestehen darin, daß wir, statt in dieser geistigen Welt das Objektive zu sehen, was da drinnen ist, nur das sehen würden, was wir selber mit unseren Phantastereien, mit unseren Gedanken, Empfindungen und Gefühlen hineintragen. Und wir tragen gerade dasjenige hinein, was das Schlechteste an uns ist, was nicht der Wahrheit entspricht. Es ist immer das Zeichen eines phantastischen Sehens, wenn der Mensch beim Aufsteigen in die geistige Welt Tiergestalten sieht. Denn diese Tiergestalten bedeuten seine eigenen Phantastereien. [5]

Wenn ein solches Kind wie das Zarathustra-Kind von einer höheren Wesenheit ausgefüllt ist, so ist natürlich das Körperchen unreif und muß erst reif gemacht werden. Da ist das, was die menschliche Organisation ist, die Verstandes- und Sinnesorganisation, gleichsam aufgeplustert. Ein solches Kind ist in einer Welt, welche ganz gut wirklich mit dem «bei wilden Tieren sein» dargestellt werden kann. Wir haben schon öfter dargestellt, wie bei derartigen Schilderungen Historisches und Bildliches nur zwei verschiedene Seiten derselben Sache sind. Da spielen sich die Geschehnisse so ab, daß dasjenige, was die spirituellen Mächte sind, wenn es äußerlich als Feindliches sich geltend macht wie beim Zarathustra-Kinde, sich zum Beispiel in der Person des Königs Duransarum zeigt. Das Ganze ist aber auch in seinem Urbilde in der geistigen Welt vorhanden, so daß die äußeren Handlungen dem entsprechen, was innerhalb der geistigen Welt geschieht. Diese Seele des Zarathustra-Kindes wurde also wirklich in früher Jugend in große Gefahren geführt; aber zu gleicher Zeit standen ihr helfend zur Seite, wie es in der Legende heißt, die himmlischen Kühe; die stärkten sie. Bei allen großen Weltanschauungsstiftern in dem ganzen Gebiet vom Kaspischen Meer durch unsere Gegenden hindurch bis zum Westen Europas können Sie diese Erscheinung finden, daß solche Persönlichkeiten, ohne daß sie durch ihre eigene Entwickelung emporgestiegen wären, durchdrungen werden von einer geistigen Wesenheit, um zu Menschheitsführern zu werden. Das keltische Volk hatte solche Sagen in ziemlich großer Anzahl. Von einem keltischen Religionsstifter Habich wird geschildert, wie er auch ausgesetzt und von himmlischen Kühen gesäugt wurde, wie feindliche Angriffe sich geltend machten, wie die Tiere zurückweichen vor ihm, kurz (alle) diese Schilderungen der Gefahren sind so, daß man sagen könnte: Es sind von den 7 Zarathustra-Wundern einige ausgewählt. Einige Züge aus den Zarathustra-Wundern finden Sie immerdar, durch Griechenland hindurch bis in die keltischen Gegenden. Sie brauchen nur an Romulus und Remus zu denken, um ein konkretes Beispiel zu haben. [6]

Zarathustra ist die erste nachatlantische Persönlichkeit als historische Persönlichkeit –, die in jene Form des Mysterien-Wissens, das eigentlich nachatlantisch ist, eingeweiht war, in welcher das Wissen so präpariert wird, daß es im Grunde genommen erst verständlich wird für Vernunft und Verstand der nachatlantischen Menschheit. [7]

Zarathustra war es, der in uralten Zeiten – bald nach der atlantischen Katastrophe – mit den Gütern, die er aus den heiligen Mysterien heraustragen konnte, jenes Volk durchdrang, das den Drang hatte, zu durchweben die äußere Kultur mit menschlicher Geisteskraft. Dazu sollte Zarathustra diesen Völkern, die nicht mehr die atlantischen Fähigkeiten hatten, hineinzuschauen in die geistige Welt, neue Aussichten und neue Hoffnungen auf die geistige Welt geben. So eröffnete Zarathustra jenen Weg, auf dem die Völker einsehen sollten, daß in dem äußeren Sonnenlicht-Leib nur gegeben ist der äußere Leib eines hohen geistigen Wesens welches er, im Gegensatz zu der kleinen menschlichen Aura, die «Große Aura», Ahura Mazdao nannte. Er wollte damit andeuten, daß dieses, zwar jetzt noch weit entfernte Wesen, einstmals heruntersteigen würde auf die Erde, um innerhalb der Menschheitsgeschichte sich substantiell mit der Erde zu vereinigen und im Menschheitswerden weiter zu wirken. Damit wurde für diese Menschen von Zarathustra auf dieselbe Wesenheit hingewiesen, die später in der Geschichte als der Christus lebte.

Zarathustra hatte nun einen bedeutsamen Beschützer, welcher mit dem später üblich gewordenen Namen Guschtasb bezeichnet werden kann. Wir haben also in Zarathustra eine mächtige priesterhafte Natur, welche auf den großen Sonnengeist, auf Ahura Mazdao, hinweist, auf jene Wesenheit, welche der Führer sein soll für die Menschen aus dem äußeren Physischen zurück zum Geistigen. Und in Guschtasb haben wir die königliche Natur dessen, der geneigt war, alles zu tun auf dem äußeren Gebiete, was die großen Inspirationen Zarathustras in der Welt verbreiten konnte. Es entstand einer der größten Kriege, die es in der Welt gegeben hat zwischen Iran und Turan. [8]

Der Zarathustra, der in Persien in der Sonnenaura den Gott der Sonne erblickte, hatte sich in früheren Verkörperungen wohl vorbereiten müssen, um diesen Gott erblicken zu können. Er hatte schon in der Zeit, die noch erfüllt war von den Lehren der heiligen Rishis, hohe, erhabene In(itia)tionserlebnisse hinter sich. Er war eingeweiht in die Lehren der heiligen Rishis. Er hatte sie nach und nach empfangen in sieben aufeinanderfolgenden Inkarnationen. Dann wurde er geboren in einem Leibe, der blind und taub war und möglichst wenig Beziehungen zur Außenwelt hatte. Als ein Mensch, der geradezu unempfänglich war für äußere Sinneseindrücke, mußte Zarathustra geboren werden; und da kam ihm aus seinem Innern heraus die Erinnerung an die Lehre der heiligen Rishis, die er einstmals empfangen hatte. Und gerade da konnte der große Sonnengott etwas in ihm anzünden, was über die Lehre der Rishis hinausging. Das erstand wieder bei der nächsten Inkarnation und da war es, wo Ahura Mazdao sich von außen dem Zarathustra offenbarte. [9]

Zarathustra sah überhaupt nicht zuerst die physische Sonne, sondern er sah an der Stelle, wo wir heute durch das gewöhnliche Bewußtsein die physische Sonne sehen, einen großen umfassenden Weltengeist. Und dieser Weltengeist, der übte auf eine spirituelle Art seinen Einfluß auf Zarathustra aus. Und er wußte dadurch, wie mit dem Schein, mit dem Glanz der Sonne, mit den Strahlen der Sonne auf die Erde auch die göttlich-geistigen Gnadenstrahlen kommen, welche in der Seele, in dem Geist des Menschen entzünden den höheren Menschen, zu dem sich der gewöhnliche Mensch hinaufringen soll. Und da man in jenen alten Zeiten die Initiierten nicht mit äußeren Namen nannte, sondern mit denjenigen Namen, die ihnen zukamen durch das, was sie wußten, so wurde dieser große Eingeweihte von seinen Schülern genannt und so nannte er sich: Zarathustra, Zoroaster, der strahlende Stern. Aber gemeint war die strahlende Gottheit, die die Strahlen der Weisheit auf die Erde sendet. Es war im Verhältnis zu allen späteren Einweihungen, zu allen späteren Initiationen eine höhere Initiation. Denn in demjenigen, was Zarathustra in der geistigen Weltensonne sah, lagen ja alle Kräfte, welche auf der Erde die Steine erhärten lassen, welche die Pflanzen aus ihren Keimen hervorwachsen lassen, welche die verschiedenen Tierarten über die Erde ausbreiten, welche den Menschen wachsen und gedeihen lassen. Alles dasjenige, was auf der Erde geschah, wußte der älteste Zarathustra – der strahlende Stern – durch dasjenige, was er von der Sonne als geistiges Wesen erlebte. [10]

Der heilige Zarathustra hätte nicht nachdenken können über das, was ihm in hohen entrückten Augenblicken gegeben wurde. Er empfing da die Einwirkung des Sonnengeistes in unmittelbarer Weise, er sah die (große)Aura (Ahura) Mazdao und in ihr den Christus. Er bereitete vor den Impuls, den der Christus auf die Erde bringen sollte. Seinen Schüler Moses weihte er so ein: an einem Tage am Mittag, es war Neumond, ließ er ihn schauen durch eine Kraft, die er ihm auf seinen Kopf sandte, den Mondengeist: das devachanische Tönen des reflektierten Sonnenlichtes. Und den Hermes weihte er direkt ein in das Geheimnis des Sonnengeistes. Er ließ ihn um Mitternacht der Weihenacht durch die durchsichtige Erde hindurch – nachdem er vorher durch ihn empfangen hatte die Kraft des Sonnengeistes – schauen die Sonne um Mitternacht. Der Osiris-Isis-Horus-Dienst fließt da heraus. Zarathustra erschien wieder als Zarathos oder Nazarathos und war der Lehrer des Pythagoras, der in der griechischen Zeit die Mysterien leitete als letzte Vorbereitung auf das Erscheinen des Christus. [11]

Zarathustra hatte (die späteren) Moses und Hermes zu Schülern und er gab seinen Astralleib dem Hermes, seinen Ätherleib dem Moses. Und Zarathustra wurde innerhalb der chaldäischen Lande wiedergeboren, 600 Jahre vor Christus und wurde der Lehrer des Pythagoras – als Zarathos oder Nazarathos. [12] Pythagoras hat auf seinen Reisen die Einweihungsstätten seines Lehrers Nazarathos besucht. Zarathas begründete eine Schule, wo er die Zeichen lehrte, die am Himmel geschehen mußten, wenn der Christus auf die Erde kommen sollte. Aus dieser Schule gingen die drei Weisen aus dem Morgenlande hervor. [13] Pythagoras selbst wird wiedergeboren als einer der drei Weisen aus dem Morgenlande. Der Zarathustra, der geopfert hat einmal seinen Astralleib und einmal seinen Ätherleib, der ist nun fähig, die äußere Hülle auch dem abzugeben, den er dereinst verkündigt hat. Jesus von Nazareth konnte dem Sonnengeist selber seinen Körper zur Verfügung stellen, er konnte sagen: «Ich bin das Licht der Welt!» [14] Die Ichheit des Zarathustra wurde wiederverkörpert in dem Kinde, von dem uns der Matthäus-Evangelist erzählt, daß es geboren wurde von einem Elternpaare Joseph und Maria, welche aus der königlichen Linie, aus der salomonischen Linie des davidischen Geschlechtes stammte und ursprünglich schon in Bethlehem wohnte. [15] Für Hermes hatte Zarathustra hingeopfert seinen astralischen Leib, für Moses seinen Ätherleib. Das Dritte, was ihm noch bevorstand, war die Hinopferung des physischen Leibes. [16]

Daher wird das althebräische Volk hinübergeführt in die babylonische Gefangenschaft da, wo gerade damals, 600 Jahre vor unserer Zeitrechnung in den Geheimschulen der Babylonier der Zarathos oder Nazarathos in seiner damaligen Inkarnation der Lehrer war. Und da kamen in diesen Geheimschulen in Berührung diejenigen, die die hervorragendsten Führer des althebräischen Volkes waren, mit dem großen Lehrer der alten Zeiten, mit Zarathos. Da wurde er ihr Lehrer, da verband er sich mit ihnen, da nahmen sie auf den großen Impuls, der so wirkte, daß in den letzten 14 Generationen dieses Volk vorbereitet wurde für die Geburt des Jesus. [17]

Alles, was Zarathustra lehren und der Welt bringen konnte, das zielte, wie wir gesehen haben, auf die äußere Welt ab, um in die äußere Welt Ordnung und Harmonie zu bringen. Daher war auch die Kunst, Reiche zu bilden und zu organisieren, wie es dem Fortgange der Menschheit entspricht, und was die soziale Ordnung möglich macht, die Mission des Zarathustra. Und daher können diejenigen, die zu den Schülern des Zarathustra gehörten, mit Recht nicht nur große Magier, große Eingeweihte, sondern auch immer Könige genannt werden, das heißt solche, welche die Kunst der Herstellung äußerer sozialer Organisation und Ordnung kennen. Eine ungeheure Anhänglichkeit entwickelte sich in den Schulen der Chaldäer zu der Individualität – nicht zu der Persönlichkeit – des Zarathustra. Sie fühlten sich verwandt, diese Weisen des Morgenlandes, mit ihrem großen Führer. Sie sahen in ihm den Stern der Menschheit; denn Zoroaster ist eine Umschreibung des Wortes: «Goldstern» oder «Stern des Glanzes». Sie sahen in ihm einen Abglanz der Sonne selbst. Und aus ihrer tiefen Weisheit heraus konnte es ihnen nicht verborgen bleiben, als ihr Meister in Bethlehem wiedererschien. Da wurden sie durch ihren Stern geführt und brachten ihm die äußeren Zeichen für das Beste, was er den Menschen hatte geben können. [18]

Alles einzelne mußte der Zarathustra jetzt zusammennehmen, was einst an Kräften in ihm war. An die ägyptische und an die althebräische Kultur – an Hermes und an Moses – hatte er abgegeben, was in seinem Astralleibe und in seinem Ätherleibe war. Damit mußte er sich wieder vereinigen. Er mußte gleichsam wieder zurückholen die Kräfte seines Astralleibes aus Ägypten. Der Jesus der salomonischen Linie des Hauses David, der der wiederverkörperte Zarathustra ist, muß nach Ägypten geführt werden. Deshalb die «Flucht nach Ägypten» und das, was geistig geschah, die Aufsaugung aller der Kräfte, die er jetzt brauchte, um kraftvoll der Menschheit in verjüngter Form das wiederzugeben, was er ihr in den verflossenen Zeiten gegeben hatte. [19]

Indem Zarathustra die dreifache Leiblichkeit des Jesus von Nazareth im 30. Jahre verläßt, läßt er zurück die drei Leiber: physischer Leib, Ätherleib und Astralleib (für den Christus). Alles dasjenige aber, was Zarathustra als Individualität durch diese Werkzeuge hat gewinnen können, das geht in die Individualität des Zarathustra hinein, lebt mit dieser Individualität weiter. [20]

Das Zarathustra-Ich lebte bis zum 12. Jahre in dem Leibe des salomonischen Jesus. Dieses Kind starb ungefähr zur gleichen Zeit, als die Mutter des nathanischen Jesus starb. Es war eine wertvolle Ätherhülle, welche damals den Leib des salomonischen Jesus verließ. Wir wissen, daß der Ätherleib von jener Zeit an seine besondere Ausbildung erlangt, wenn ein Kind ungefähr das 7. Jahr überschritten hat, zwischen diesem und der Geschlechtsreife. Das war also ein Ätherleib, der durch die Kräfte ausgebildet war, die das Zarathustra-Ich hatte. Wir wissen, daß beim Tode der Ätherleib den physischen Leib verläßt, daß alles, was nicht für die Ewigkeit brauchbar ist, im normalen Menschenleben abgestreift wird und daß eine Art Extrakt von dem Ätherleibe mitgenommen wird. Bei dem salomonischen Jesusknaben war das denkbar größte Quantum des Ätherleibes für die Ewigkeit brauchbar. Der ganze Ätherleib dieses Kindes wurde von der Mutter des nathanischen Jesus in die geistige Welt mitgenommen. Und als das Ich des Zarathustra durch die Entwickelung des Jesus von Nazareth dann dessen Leib verließ (vor der Johannes-Taufe), da machten sich die Anziehungskräfte geltend zwischen dem Zarathustra-Ich und dem Ätherleibe, welcher dem salomonischen Jesuskinde entstammte. Die kamen wieder zusammen und bauten sich dann einen neuen physischen Leib auf. Das Zarathusta-Ich war so reif, daß es nicht einen weiteren Durchgang durch ein Devachan brauchte. Es konnte sich nach verhältnismäßig kurzer Zeit mit Hilfe jenes Ätherleibes einen neuen physischen Leib aufbauen. Und dadurch wurde nunmehr zum ersten Male dasjenige Wesen geboren, welches nachher immer wieder und wieder erschien, immer so erschien, daß verhältnismäßig kurze Zeiträume zwischen dem physischen Tode und einer neuen Geburt verliefen. Als sogenannter «Meister Jesus» wandelt diese Individualität durch die Zeitenwende. Er war seitdem auf unserer Erde immer wieder und wieder verkörpert (und) lebt zur Lenkung und Leitung jener Geistesströmung, die wir die christliche nennen. Er ist der Inspirator derjenigen, welche das sich lebendig entwickelnde Christentum verstehen wollen. Hinter den großen geistigen Gestalten des Christentums steht er, immerdar lehrend, was eigentlich das große Ereignis von Palästina bedeutet. [21] Ihm fällt die Aufgabe zu, das Mysterienprinzip wieder zu beleben. [22]

Johannes der Täufer hat Christus Jesus vorausverkündet in der Mitte der vierten Unterrasse. Jetzt leitet dagegen die Individualität des Meisters Jesus die Menschheit hinüber von der 5. in die 6. Unterrasse – wieder zu Johannes dem Täufer hin, dem Wassermann. Durch das Prinzip der brüderlichen Liebe, welches seinen Vertreter in dem Meister Jesus hat, wird der Zusammenschluß der Menschheit zu der 6. Unterrasse bewirkt, die, auf diesem brüderlichen Liebesprinzip fußend, in die Zukunft hineinwächst. [23] Meister Jesus war der «Unbekannte vom Oberland», der zu Tauler kam, der die Gnostiker lehrte und so weiter. [24] Meister Jesus ist immer inkarniert mit Pausen von höchstens 12 Jahren. [25] Meister Jesus und Christian Rosenkreutz lösen einander in jedem Jahrhundert ab. [26]

Diejenigen, welche die Mission haben, aus der geisteswissenschaftlichen Bewegung heraus als Testamentsvollstrecker desjenigen zu wirken, was vom Mysterium von Golgatha in die Menschheit strömt, sie wissen, daß der Jesus, der den Christus in sich geborgen hat, jedes Jahr zur Osterzeit aufsucht die Stätte, wo sich abgespielt hat das Mysterium von Golgatha. Gleichgültig ob der Jesus im Fleisch ist oder nicht, er sucht jedes Jahr diese Stätte auf, und da können die Schüler, die die Reife erlangt haben, ihre Vereinigung mit ihm haben. Das empfand ein Dichter – Anastasius Grün. [27]

Zitate:

[1]  GA 104a, Seite 73   (Ausgabe 1991, 144 Seiten)
[2]  GA 60, Seite 254f   (Ausgabe 1983, 496 Seiten)
[3]  GA 109, Seite 289f   (Ausgabe 1979, 304 Seiten)
[4]  GA 124, Seite 99f   (Ausgabe 1963, 254 Seiten)
[5]  GA 124, Seite 101uf   (Ausgabe 1963, 254 Seiten)
[6]  GA 124, Seite 104ff   (Ausgabe 1963, 254 Seiten)
[7]  GA 124, Seite 55   (Ausgabe 1963, 254 Seiten)
[8]  GA 123, Seite 31f   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)
[9]  GA 109, Seite 136   (Ausgabe 1979, 304 Seiten)
[10]  GA 211, Seite 180   (Ausgabe 1986, 223 Seiten)
[11]  GA 266/1, Seite 439   (Ausgabe 1995, 622 Seiten)
[12]  GA 109, Seite 136f   (Ausgabe 1979, 304 Seiten)
[13]  GA 109, Seite 285f   (Ausgabe 1979, 304 Seiten)
[14]  GA 109, Seite 152   (Ausgabe 1979, 304 Seiten)
[15]  GA 114, Seite 102f   (Ausgabe 1955, 225 Seiten)
[16]  GA 123, Seite 70   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)
[17]  GA 117, Seite 184f   (Ausgabe 1966, 227 Seiten)
[18]  GA 114, Seite 111f   (Ausgabe 1955, 225 Seiten)
[19]  GA 114, Seite 113   (Ausgabe 1955, 225 Seiten)
[20]  GA 131, Seite 183   (Ausgabe 1958, 244 Seiten)
[21]  GA 114, Seite 145f   (Ausgabe 1955, 225 Seiten)
[22]  GA 93, Seite 40   (Ausgabe 1979, 370 Seiten)
[23]  GA 264, Seite 214f   (Ausgabe 1984, 476 Seiten)
[24]  GA 264, Seite 216   (Ausgabe 1984, 476 Seiten)
[25]  GA 264, Seite 239   (Ausgabe 1984, 476 Seiten)
[26]  GA 264, Seite 238   (Ausgabe 1984, 476 Seiten)
[27]  GA 130, Seite 288   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)

Quellen:

GA 60:  Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins (1910/1911)
GA 93:  Die Tempellegende und die Goldene Legende. als symbolischer Ausdruck vergangener und zukünftiger Entwickelungsgeheimnisse des Menschen (1904/1906)
GA 104a:  Aus der Bilderschrift der Apokalypse des Johannes (1907/1909)
GA 109:  Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusammenhang mit Wiederverkörperungsfragen. Ein Aspekt der geistigen Führung der Menschheit (1909)
GA 114:  Das Lukas-Evangelium (1909)
GA 117:  Die tieferen Geheimnisse des Menschheitswerdens im Lichte der Evangelien (1909)
GA 123:  Das Matthäus-Evangelium (1910)
GA 124:  Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums (1910/1911)
GA 130:  Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit (1911/1912)
GA 131:  Von Jesus zu Christus (1911)
GA 211:  Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung. Exoterisches und esoterisches Christentum (1922)
GA 264:  Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914. Briefe, Rundbriefe, Dokumente und Vorträge (1904-1914)
GA 266/1:  Aus den Inhalten der esoterischen Stunden. Band I (1904-1909)