Sphärenmusik

Wenn wir in eine noch höhere Welt hinaufkommen, haben wir es nicht mehr mit bloßen Bildern zu tun, sondern mit den inneren Verhältnissen der Dinge, mit dem, was man mit den Worten Sphärenklang, Sphärenmusik, Welt der Töne benennt. Wenn wir den Astralplan durchwandern, haben wir im wesentlichen eine Welt von Bildern, die die Urbilder unserer Dinge hier sind. Je mehr wir uns erheben, desto mehr kommen wir in eine Welt der Klänge und Töne hinein, wobei Sie sich nicht vorstellen dürfen, daß die Welt der Töne eine im äußeren Sinne tönende Klangwelt ist. Nicht mit dem äußeren Ohre hören Sie die Devachanwelt. Nicht mit unseren physischen Tönen, die nur eine äußere Offenbarung der devachanisehen Tonwelt sind, können Sie das Wesen der tönenden geistigen Welt vergleichen. Die geistigen Töne sind Substanzen der Devachanwelt, der geistigen Welt, die da beginnt, wo die Welt der Bilder in die Welt der Töne übergeht. Diese Welten spielen durchaus ineinander. Hier, rings um die physische Welt, ist zugleich die astralische und die devachanische Welt; eine durchdringt die andere. Es verhält sich damit so, wie wenn Sie einen Blindgeborenen hier in den erleuchteten Raum hineinführen; um ihn sind die Farben und die brennenden Kerzen, aber er kann sie nicht wahrnehmen; erst wenn er durch eine glückliche Operation sehend wird, kann er das, was schon früher um ihn war, auch wahrnehmen. So wird auch die astrale und die geistige Welt um uns erst wahrgenommen, wenn die Sinne für sie geöffnet werden; dann wird auch wahrgenommen, daß diese Welten nicht aneinandergrenzen, sondern einander durchdringen. Man kann alles, was in der einen Welt ist, in den anderen Welten wahrnehmen. Was geistige Musik ist in der Devachanwelt, schattet sich ab in der astralen Welt und drückt sich aus durch Zahlen und Figuren. Was man pythagoreische Sphärenmusik nennt, wird gewöhnlich von den abstrakten Philosophen als ein Bild genommen. Es ist aber eine wahre, echte Wirklichkeit. Der Sphärenklang ist da, und derjenige, welcher sein Hören – der Ausdruck ist ja nicht ganz richtig, aber wir müssen ihn gebrauchen – ausbildet, um in den höheren Welten wahrzunehmen, nimmt nicht nur um sich die Bilder und Farben der astralen Welt wahr, sondern auch die Klänge und Harmonien der geistigen Welt. So wie die Dinge um uns herum auf dem physischen Plan Offenbarungen sind der astralischen Welt, so sind sie auch Offenbarungen der geistigen Welt, die sich durch die Vermittlung des Astralischen im Physischen ausdrücken. Es drückt sich in allen unseren physischen Dingen die geistige Welt aus, und je erhebender und bedeutungsvoller die sinnlichen Dinge sind, desto klarer, schöner, großartiger zeigen sie sich auch als Ausdruck der geistigen Welt. Wenn wir ein unbedeutendes Ding unseres physischen Planes nehmen, ist es in der Regel sehr schwer, das auf sein geistiges Urbild zurückzuführen. Dagegen zeigen sich mit großer Schönheit die geistigen Urbilder, wenn wir auf bedeutendere, auf erhebende Dinge der physischen Welt hinsehen. So haben wir zum Beispiel in dem Zusammenwirken der Planeten unseres Planetensystems einen Ausdruck der geistigen Welt gegeben. Was in unserem Planetensystem in der verschiedensten Art vorhanden ist, läßt sich für den, der diese Dinge erkennen kann, zurückführen auf das, was man Sphärenharmonie nennt. Die Bewegungen unserer Planeten sind so, daß derjenige, der das in der geistigen Welt wahrzunehmen vermag, die gegenseitigen Verhältnisse der Bewegungen unserer Planeten «hört». Es bewegt sich zum Beispiel – vom Gesichtspunkt höherer Welten angesehen – Saturn 2 ½ mal so schnell als der Jupiter. Diese Bewegung des Saturn wird in der geistigen Welt als ein entsprechend höherer Ton wahrgenommen, «mit Geistesohren», wie Goethe sich ausdrückt.

Wir wollen uns einmal die Verhältnisse der Bewegungen der Planeten in unserem Sonnensystem vergegenwärtigen. Wenn Sie die Schnelligkeit der Bewegung des Saturn zum Jupiter nehmen, so bewegt sich der Saturn 2 ½ mal so schnell wie der Jupiter, also im Verhältnis von 2 ½ : l, und die Schnelligkeit der Bewegung des Jupiter im Verhältnis zum Mars ist 5 : 1. Für das Geistesohr stellt sich also die Jupiterbewegung gegenüber der Marsbewegung als ein viel höherer Ton dar. Wenn Sie die Schnelligkeit der Bewegungen von Sonne, Merkur und Venus nehmen, die ungefähr gleich ist, so steht diese zur Marsbewegung im Verhältnis 2 : l, sie ist also gerade doppelt so groß. Nehmen Sie die Bewegung von Sonne, Merkur und Venus im Verhältnis zum Mond, so ist dies Verhältnis wie 12 : l, die Schnelligkeit ist also zwölfmal so groß. Wer vom geistigen Gesichtspunkt die Bewegung der ganzen uns sichtbaren Sterne betrachtet im Verhältnis zu ihrem Hintergrund, für den rückt der Sternenhimmel in einem Jahrhundert um einen Grad vor. Und die Schnelligkeit der Bewegung des Saturn gegenüber dem Sternenhimmel verhält sich wie 1200 : 1. Diese Verhältniszahlen drücken sich für die geistige Wahrnehmung durch Töne aus, die in der geistigen Welt für die Geistesohren wahrnehmbar sind. Das sind die realen Hintergründe dessen, was man «Sphärenmusik» nennt. Diese Zahlen geben Ihnen tatsächlich in der geistigen Welt real vorhandene Harmonien an. Sie sehen also, ebenso wie der Hellseher in der astralen Welt Bilder und Farben sieht, so hört der Hellhörende in der geistigen oder Devachanwelt die geistigen Harmonien der Dinge. [1]

Für den, dessen Geistesohr dafür ausgebildet ist, ergeben sich für alles das, was hier in der physischen Welt sich offenbart, als geistiger Hintergrund Tone. So ergeben für den Okkultisten die vier Elemente Erde, Wasser, Luft, Feuer verschiedene Tonverhältnisse, die der Wahrnehmung des gewöhnlichen Menschen ganz entrückt sind. Die Eingeweihten haben in der physischen Welt Ton-Verhältnisse nachgebildet, welche sie hören konnten aus dem geistigen Hintergrunde von Erde, Wasser, Luft, Feuer. Und das Ergebnis dieser Tonschwingungen ist festgehalten worden in der ursprünglichen Stimmung eines Musikinstrumentes, der Lyra. Bei der Lyra ist das Schwingungsverhältnis ihrer Saiten nachgebildet den Tönen, welche die Eingeweihten für die vier Elemente kannten. Es entsprach:

die Baß-Saite der Erde

die D-Saitedem Wasser

die A-Saiteder Luft

die G-Saitedem Feuer101.235

Zitate:

[1]  GA 101, Seite 232ff   (Ausgabe 1987, 288 Seiten)

Quellen:

GA 101:  Mythen und Sagen. Okkulte Zeichen und Symbole (1907)