Schulung esoterische
► Wirkungen auf den Ätherleib und deren Wahrnehmung

Sowohl diejenigen Anweisungen, die gegeben werden zur Pflege der moralischen Gefühle, wie auch die Anweisungen, die zur Konzentration des Denkens, zur Meditation gegeben werden, alle streben zuletzt auf das eine Ziel hin: das geistige Gefüge, durch das der Ätherleib und der physische Leib des Menschen zusammenhängen, zu lockern. Alle Übungen streben dieses Herausheben, diese Lockerung des Ätherleibes an. Dadurch aber wird eine andere Verbindung auch zwischen dem Astralleib und dem Ätherleib herbeigeführt. Dadurch, daß in unserm gewöhnlichen Leben der Ätherleib und der physische Leib bis zu einem hohen Grade in einer festen Verbindung sind, kann unser Astralleib in diesem alltäglichen gewöhnlichen Leben gar nicht alles das empfinden, gar nicht erleben, was in seinem Ätherleibe vorgeht. Der Ätherleib steckt zu sehr im physischen Leibe drinnen, als daß er als eine selbständige Wesenheit, als ein selbständiges Erkenntniswerkzeug und auch Gefühls- und Willenswerkzeug von dem Menschen im gewöhnlichen Leben empfunden werden könnte. [1]

Der Geistesschüler fühlt sein Muskelsystem, außer dem, daß es lebendiger wird, noch wie mit einem schwachen inneren Bewußtsein durchdrungen. Es ist, als ob das Bewußtsein sich tatsächlich ausdehnte über das Muskelsystem. Man gelangt allmählich dazu im Laufe der esoterischen Entwickelung, die einzelnen Muskeln und ihr System wie innerlich traumhaft zu empfinden; man trägt sein Muskelsystem immer so mit sich herum, daß man von der Tätigkeit dieses Muskelsystems mitten im Tagwachen zwischendurch schwach träumt. Es ist sehr interessant, gerade diese Veränderung der physischen Hülle ins Auge zu fassen aus dem Grunde, weil man in dieser Wahrnehmung etwas hat, was einen am besten zunächst in gewisser Beziehung unterrichten kann darüber, daß man einen gewissen Fortschritt gemacht hat. Wenn man beginnt, die einzelnen Muskeln so zu fühlen, daß man zum Beispiel beim Beugen und Strecken derselben ein schwaches Bewußtsein davon hat, was da geschieht. Wenn man träumt von seinen Muskelbewegungen, dann ist dies ein Beweis davon, daß man beginnt, den in den physischen Leib hinein imprägnierten Ätherleib nach und nach zu fühlen; denn das, was man da eigentlich fühlt, sind die Kräfte des Ätherleibes, die in den Muskeln tätig sind. Es ist schon gewissermaßen ein Träumen wie von einer Art Gliederpuppe, zu der man da aufsteigt, wenn man beginnt, das ätherische Wesen wahrzunehmen. [2]

Dasjenige, in dem der Mensch lebt, nachdem er elementarisch wahrnehmen kann, ist sein elementarischer Leib. Aber den hat er früher auch schon gehabt. Der Unterschied des elementarischen Leibes vor und nach dem übersinnlichen Beobachten ist nur der, daß der elementarische Leib durch die Initiation gleichsam auferweckt wird. Während er früher geschlafen hat, ist er nachher auferweckt. Sind für die Sinneswelt die Augen einmal präpariert, so sehen sie alles mögliche; sind die Ohren einmal präpariert, so hören sie alles gleich. So ist es nicht in der elementarischen Welt. Da müssen Sie von Stück zu Stück, von Wesensart zu Wesensart immer neu die Teile Ihres elementarischen Leibes präparieren, da muß man für jedes neue Wesen den Ätherleib immer wieder und wieder erwecken. Denn man stellt nur eine Beziehung, eine Verwandtschaft her zu dem, was man einmal gesehen hat, wofür man einmal den Ätherleib erweckt hat, und muß immer neue Beziehungen erwecken. Das kann der Ätherleib allein nicht, er kann immer nur zu demselben Wesen zurückkehren, oder er kann warten, bis er präpariert ist, um andere Wesen zu sehen. Ein Mensch, der die ersten Schritte auf dem Weg zur Initiation durchgemacht hat und dazu gelangt ist, dieses oder jenes Wesen, diesen oder jenen Vorgang zu sehen, kann sich noch nicht orientieren in der geistigen übersinnlichen Welt, er kann nicht, weil er nicht zu den Wesen beliebig den Zugang hat, frei vergleichen ein Wesen mit dem anderen. Dieses Orientieren muß man auch erst lernen. Man lernt es dadurch, daß man durch fortgesetztes Meditieren, Sich-Durchmoralisieren Kräfte zuwachsen fühlt, die man in ihrer Tätigkeit als etwas ganz Merkwürdiges empfindet. Dem elementarischen Leib steht man so gegenüber, daß man fühlt: das ist der enger gebundene Teil, der dem Gehirn entspricht, dies der weiter bewegliche Teil, der den Händen entspricht, dies der ganz bewegliche Teil, der den Füßen entspricht. Von alledem weiß man, aber das schläft an einem. Und indem man sich weiterentwickelt und die nötigen inneren seelischen Anstalten macht und hinkommt zur geistigen Welt, ist das ein fortwährendes Aufwecken. Einmal weckt man dieses Stück, ein andermal ein anderes Stück auf, einmal entzündet man diese Bewegung, einmal eine andere. Beim elementarischen Leibe geschieht nicht ein solches Nacheinander (von Schlafen und Wachen) sondern da ist es ein Gleichzeitiges, so daß nebeneinander sind die wachenden und die schlafenden Teile. Und darin besteht der Fortschritt, daß die schlafenden Teile immer mehr und mehr zu wachenden gemacht werden. Das ist es, was man eigentlich tut. [3]

Zitate:

[1]  GA 131, Seite 65f   (Ausgabe 1958, 244 Seiten)
[2]  GA 145, Seite 44f   (Ausgabe 1976, 188 Seiten)
[3]  GA 138, Seite 76ff   (Ausgabe 1986, 168 Seiten)

Quellen:

GA 131:  Von Jesus zu Christus (1911)
GA 138:  Von der Initiation. Von Ewigkeit und Augenblick. Von Geisteslicht und Lebensdunkel (1912)
GA 145:  Welche Bedeutung hat die okkulte Entwicklung des Menschen für seine Hüllen (physischer Leib, Ätherleib, Astralleib) und sein Selbst? (1913)