Persische Kulturepoche

Die ursprünglichen Initiatoren, die auch die altindische Lehre begründeten, waren auch die Lehrer der zweiten Unterrasse, der urpersischen Rasse. [1] Die urpersische Kultur ist eine Metamorphose des Chinesischen, wo das Obere und das Untere unterschieden worden sind. [2]

In der urpersischen Epoche war die Lebendigkeit der Anschauung des kosmischen Ich nicht mehr so wie in der urindischen. Da war gewissermaßen diese Anschauung schon abgedämpft. Aber der Mensch erlebte in dieser Zeit in intensiver Weise den Jahreslauf mit. [3] Wie er sich im Winter verbunden fühlte mit den klugen Geistern der Erde, so fühlte er sich während der Hochsommerzeit verbunden mit den immerdar im Kosmos, ich möchte sagen tanzenden und jubelnden, frohen Geistern, welche die Erde umschwammen. [4]

Im ersten nachatlantischen Zeitraum hörte man wenigstens noch einen Nachklang und sah einen Nachschein der Welt, in der man lebt zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, indem man in gewissen Bewußtseinszuständen (atavistisches Hellsehen) die Natur anschaute. Im zweiten nachatlantischen Zeitraum war es schon etwas anders. Da verlor sich für diese atavistischen Zustände das Wort (also die Inspiration). Die Gestalten sprachen sich nicht mehr aus, aber sie waren noch da, lichterfüllte Gestalten waren noch da, nur waren sie stumm geworden. Dasjenige, was äußerlich vor den Sinnen lag, das empfand man als Dunkelheit in diesem lichterfüllt Gestalteten im Inneren, und seinen eigenen Leib empfand man als ein Stück von der Dunkelheit. So daß man sich sagen konnte: Licht und Dunkelheit! Der eigene Leib ist von Dunkelheit beherrscht. Indem er aus dem Lichte kommt und in die Dunkelheit geht, geht er durch Geburt oder Empfängnis in das Erdenleben hinein; indem er durch die Todespforte geht, geht er durch die dunkle Welt wiederum ins Licht. In der Welt ist ein Kampf zwischen Lichtheit und Dunkelheit, zwischen Ormuzd und Ahriman. So sprach Zarathustra, der der Lehrer war dieser 2. Kulturepoche nach der Atlantis, zu seinen Schülern. Man versteht dasjenige, was der Zarathustrismus mit seiner Ormuzd- und Ahriman-Lehre meint, nicht, wenn man es nicht bezieht auf die Art der damaligen Anschauung der Menschen. [5] Der Mensch ist immer darauf aus in dieser alten Zeit, alle Dinge so sich zu interpretieren, daß er Abstimmungen eines Lichten, Hellen und eines Finsteren, Dunklen überall erblickt. Jene Abstraktionen, in denen wir heute leben, sind jener alten Erdenbevölkerung noch völlig fremd. Es ist noch etwas von einer universellen Gesamtanschauung vorhanden, ein Bewußtsein des Durchdrungenseins alles Anschaubaren vom Lichte und seines Abschattierens in Dunkelheiten. So sah man auch die moralische Weltordnung an. Man empfand einen Menschen, der wohlwollend war, gütig war, als licht, als hell, einen Menschen, der mißtrauisch war, eigensüchtig war, als einen dunklen Menschen. Man sah gewissermaßen noch aurisch um den Menschen herum dasjenige, was seine moralische Individualität war. Naturordnung in unserem Sinne gab es in seiner Licht- und Schattenwelt nicht. Denn für ihn war (nur) Licht- und Schattenwelt da, und er nannte zum Beispiel in der Tonwelt auch eine gewisse Nuance des Tönens hell, licht, eine gewisse Nuance des Tönens dunkel, schattig. Für ihn war die Welt eine Licht- und Schattenwelt. Und das, was sich ausdrückte durch dieses Hell-Dunkel, das waren ihm geistige und zugleich Naturgewalten. [6] Jeder der innerhalb der urpersischen Kultur etwas aß, fühlte auch, wieviel Licht er damit in sich aufnimmt. [7] In dem Prinzip des Lichtes und der Finsternis, da haben wir das Religionsbewußtsein der urpersischen Kulturperiode. Da stellten die großen Eingeweihten zwei Wesenheiten, von denen sie die eine in der Sonne personifiziert sahen, die andere im Monde, die stellten sie einander gegenüber. Ahura Mazdao, Ormuzd, die Lichtaura, ist das Wesen, das die Perser als den höchsten Gott verehrten; Ahriman ist der böse Geist, der Repräsentant aller der Wesen, die die Erde plus Mond besaß (siehe dazu: Erdentwickelung). Eine Erinnerung an die zweite Erdepoche ist die Religion der Perser. [8]

Zitate:

[1]  GA 93a, Seite 254   (Ausgabe 1972, 286 Seiten)
[2]  GA 325, Seite 106   (Ausgabe 1969, 173 Seiten)
[3]  GA 276, Seite 14   (Ausgabe 1961, 160 Seiten)
[4]  GA 276, Seite 16   (Ausgabe 1961, 160 Seiten)
[5]  GA 174b, Seite 240f   (Ausgabe 1974, 398 Seiten)
[6]  GA 194, Seite 103f   (Ausgabe 1983, 254 Seiten)
[7]  GA 190, Seite 91   (Ausgabe 1980, 238 Seiten)
[8]  GA 106, Seite 35   (Ausgabe 1978, 180 Seiten)

Quellen:

GA 93a:  Grundelemente der Esoterik (1905)
GA 106:  Ägyptische Mythen und Mysterien. im Verhältnis zu den wirkenden Geisteskräften der Gegenwart (1908)
GA 174b:  Die geistigen Hintergründe des Ersten Weltkrieges (1914-1921)
GA 190:  Vergangenheits- und Zukunftsimpulse im sozialen Geschehen (1919)
GA 194:  Die Sendung Michaels. Die Offenbarung der eigentlichen Geheimnisse des Menschenwesens (1919)
GA 276:  Das Künstlerische in seiner Weltmission. Der Genius der Sprache. Die Welt des sich offenbarenden strahlenden Scheins – Anthroposophie und Kunst. Anthroposophie und Dichtung (1923)
GA 325:  Die Naturwissenschaft und die weltgeschichtliche Entwickelung der Menschheit seit dem Altertum (1921)