Paradies

Diesen Zeitpunkt, wo der Mensch aus reinen geistigen Höhen, ohne die irdische Verdichtung zu haben, heruntergestiegen ist auf die Erde, hält die biblische Urkunde sehr schön in der Paradiesessage fest. Das Paradies liegt trotz aller Forschung gar nicht auf dem Erdboden, sondern im Umkreise der Erde. Der Mensch stieg erst später von dem Paradies auf die Erde nieder, nachdem er seine abgeschlossene Form erhalten hatte. [1] In der biblischen Überlieferung wird die Zeit vor der Einwirkung der luziferischen Wesen als die paradiesische Zeit geschildert und das Herabsteigen auf die Erde, das Verstricktwerden der Menschen in die Sinneswelt, als die Vertreibung aus dem Paradies. [2] So wahr die Schwere und Elektrizität und der Magnetismus Kräfte sind, die heute in gröberem Stile teilnehmen an der Erdenbildung, so wahr ist das, was wir den luziferischen Einfluß nennen, eine Kraft, ohne welche das Erdenwerden nicht hätte vor sich gehen können. Und wir müssen unter die die Erde konstituierenden Kräfte diesen luziferischen Einfluß hinzuzählen. Namentlich morgenländische Schöpfungs-berichte verlegen daher das Paradies auch – nicht so fein, wie es in der Bibel geschieht – in den Umkreis der Erde, nicht auf den Erdboden selbst, und sie fassen die Vertreibung aus dem Paradiese als ein Herabsteigen aus dem Erdenumkreis auf die Erdoberfläche auf. [3]

Das, was als materialistische Hauptsache beim Menschen angesehen wird (der Stoffwechsel), ist eine rein luziferische Tat, ist überhaupt nichts anderes als das Produkt einer Verschiebung zwischen Astralleib und Ätherleib, so daß der Astralleib etwas abbekommen hat an Tätigkeit durch Luzifer, wodurch er ein Übergewicht erlangt hat über den Ätherleib. Der Mensch war gar nicht dazu bestimmt, grobe Nahrungsmittel aufzunehmen. Wunderbar drückt uns diese Tatsache aus, daß durch die Versuchung des Luzifer bewirkt worden ist, was wir nennen können die Vertreibung aus dem Paradiese. Denn im Paradiese sein heißt nichts anderes, als ein geistiges Wesen zu sein und nicht nötig zu haben, physische Nahrungsmittel aufzunehmen und sie in sich zu verarbeiten. Das ist die Vertreibung aus dem Paradiese, was den weitaus meisten, materialistisch gesinnten Menschen als die höchste Lust erscheint. So sehr haben sich die Menschen verändert, daß sogar das Sein außer dem Paradies für sie die größte Lust geworden ist. [4]

Wenn Sie sich nun vorstellen, daß die Vertreibung aus dem Paradies in Wahrheit zurückführt auf ein Herabsteigen aus dem Umkreise, dann haben Sie fast bis zur Wörtlichkeit geschildert, wie der Mensch durch seine eigene Schwere herabfällt aus dem Umkreise der Erde und zurücklassen muß die Kräfte und Wesenheiten, die die Wolken und den Blitz bilden, die Cherubime mit dem blitzenden Schwert. [5]

Zitate:

[1]  GA 105, Seite 100   (Ausgabe 1983, 208 Seiten)
[2]  GA 13, Seite 259f   (Ausgabe 1962, 444 Seiten)
[3]  GA 122, Seite 156   (Ausgabe 1961, 200 Seiten)
[4]  GA 134, Seite 56   (Ausgabe 1979, 126 Seiten)
[5]  GA 122, Seite 157   (Ausgabe 1961, 200 Seiten)

Quellen:

GA 13:  Die Geheimwissenschaft im Umriß (1910)
GA 105:  Welt, Erde und Mensch, deren Wesen und Entwickelung sowie ihre Spiegelung in dem Zusammenhang zwischen ägyptischem Mythos und gegenwärtiger Kultur (1908)
GA 122:  Die Geheimnisse der biblischen Schöpfungsgeschichte. Das Sechstagewerk im 1. Buch Moses (1910)
GA 134:  Die Welt der Sinne und die Welt des Geistes (1911/1912)