Mineralien

Wie steht es mit dem sogenannten toten Gestein? Hat auch das etwas wie ein Ich oder wie höhere Glieder? Wenn wir den Stein betrachten, so finden wir, daß er in dieser Welt nur den physischen Leib hat. Der Ätherleib des Minerals umgibt das Mineral und hüllt es von allen Seiten ein. Wenn Sie zum Beispiel einen Bergkristall nehmen, so müssen Sie sich vorstellen, daß diese ganze Form ausgespart ist, wie ein ätherischer Hohlraum ist, und daß erst da, wo die physische Substanz aufhört, das Ätherische beginnt; wie die Pflanze oben von dem Astralischen umspült wird, so ist das Mineral von allen Seiten vom Ätherischen umgeben. Dieses Ätherische ist zu Hause in der Astralwelt (siehe: Astralplan). So sieht der Hellseher den Ätherleib des Minerals in der astralischen Welt. Wo ist nun der Astralleib des Minerals? Er nimmt sich aus wie ganz eigentümlich geformte Strahlen. Denken Sie sich solche Strahlen, die sich wie Spitzen in den Ätherleib hineinbohren, denken Sie sich solche Lichtgebilde, welche immer breiter und breiter werden, und dann sich sozusagen hineinbohren in den Ätherleib des Minerals. So haben Sie astralische Strahlenfiguren, die von jedem Mineral ausstrahlen. Ein Ende finden Sie da nicht, denn diese Figuren strahlen ins Unbestimmte in den Weltenraum hinaus. Wenn Sie also einen Bergkristall betrachten, so sehen Sie zunächst den Raum, der physisch ausgefüllt ist; hellseherisch sehen Sie die physische Form umgeben vom Lichte des Ätherleibes und dann wie eingebohrt allerlei Strahlengebilde, die sich nach allen Seiten hin unendlich hinauserstrecken in den Raum. Hier wird Ihnen der Blick erweitert von jedem Punkte des Raumes, der von irgendeiner mineralischen Substanz erfüllt ist, in das Unendliche hinaus. Kein Punkt des Raumes, der außer Zusammenhang mit dem Weltenall wäre. Es ist, wie wenn jedes einzelne in unserer Welt an tausend und tausend Lichtfäden geistiger Art hinge, Lichtfäden, die sich in den unendlichen Raum hinaus erstrecken, und Sie können sich vorstellen, wenn sich das immer mehr und mehr erweitert, wie dann alle diese Lichter ineinanderfließen müssen. Sie sehen sie verschwinden wie in einer Hohlkugel; von jedem Mineral aus können Sie sich den Mittelpunkt denken von einer solchen Hohlkugel, und diese sind überall, in der ganzen Welt vorhanden. Solche Hohlkugeln stecken ineinander, und wenn wir uns vorstellen, daß sich das hellseherische Vermögen mehr und mehr erhebt bis dahin, wo diese Strahlen sich vereinigen, da kommen wir zu dem, wo uns von allen Seiten des Weltenraumes entgegenstrahlen die Iche der Mineralien. Dem hellseherischen Vermögen zeigen sich diese Iche, wenn es die höheren Partien des devachanischen Planes betritt (siehe: Devachan oberes). Während die Strahlen selbst in den niederen Partien sind, also auch der Astralleib, ist das Ich in der höchsten devachanischen Welt. Das menschliche Ich ist überall Mittelpunkt, wo der Mensch steht; das mineralische Ich ist überall im Umkreise; genau das Entgegengesetzte wie beim Menschen. [1]

Wenn wir die ureigene Gestalt des Mineralischen ins Auge fassen, so ist sie die Kristallgestalt, die polyedrische Gestalt. Wir müssen uns, damit wir überhaupt von den Mineralien sprechen können, gleichgültig ob diese Kräfte von außen hereinwirken oder von innen heraus, wir müssen uns vorstellen, daß diese Kräfte in Winkeln zueinander stehen. Dann aber, wenn sie wirksam sind, dann müssen sie auch auf den physischen Leib des Menschen wirken, und der physische Leib des Menschen muß in sich die Tendenz haben, polyedrisch zu werden. Er wird nur nicht in Wirklichkeit polyedrisch, weil er noch seinen Ätherleib, seinen astralischen Leib hat, die den Menschen nicht dazu kommen lassen, ein Würfel oder ein Oktaeder und so weiter zu werden. Aber die Tendenz ist im Menschen, so etwas zu werden. [2]

Alles das, was sich als Polyedrisches in die Erde hineingestaltet hängt mit dem Monde zusammen. [3] Während der astralische Leib, sagen wir, beim Menschen oder Tier das Ätherische von innen zusammenhält, wird beim Mineral das Ätherische vom astralischen Leib, der außerhalb des Minerals ist, gleichsam zusammengeschoben, nicht zusammengezogen wie beim Menschen oder Tier. Während das Ätherische selber von dem Planeten dirigiert wird, wird es hineingeschoben und zusammengehalten im Mineral oder Kristall von der Sonne aus, von jenen Kräften aus, die zur Sphäre der Geister der Weisheit, Kyriotetes gehören. [4] Ein Kristall wird in seine Form gegossen durch Kräfte, die sich der höheren Anschauung gegenüber ausnehmen wie ein Trieb, der im Menschen wirkt. Durch ähnlich Kräfte wird der Saft durch die Gefäße der Pflanze geleitet, werden die Blüten zur Entfaltung, die Samenkapseln zum Aufspringen gebracht. [5]

In den Kristallformen haben wir etwas, das uns hinausführt über unser Sonnensystem in den Weltenraum. Wenn wir auf die Gestalten des Mineralreichs unseren Blick richten, vorzugsweise auf diejenigen Gestalten, die es bis zur Lichtdurchlässigkeit bringen, so werden wir also hinausgeführt, daß wir eine Ahnung erhalten können von dem, was weit über unser Sonnensystem hinaus in der Welt vor sich geht. Das Mineralische hat ein universelles Dasein, und je höher die Wesenheiten stehen, desto mehr sind sie unserem Sonnen- und Erdensystem angepaßt. [6]

Alle Mineralien aus gemeinsamen Stoffen, wie Gold, Diamanten, Steine und so weiter haben eine gemeinsame Gruppenseele in der oberen Partie des Devachan. [7] Das Gruppen-Ich (oder die Gruppenseele) der Mineralien hat eigentlich nirgends so recht sein Ende, wenn wir in den Weltenraum hinausgehen: es ist im ganzen weiten Weltenraum und wirkt von da herein. Die Geister des Willens, Throne oder ihre Nachkommen geben dasjenige ab, was zum Gruppen-Ich der Mineralien führt und was im Grunde genommen von außen in das Planetensystem hereinwirkt. [8] Von der Sonne strömt in den Raum hinaus der astralische Leib des Minerals, vom Weltenraum herein strömt das Ich des Minerals. Indem sie zusammenströmen, wird etwas bewirkt, was modifiziert gleichsam sich ausdrückt in einer Befruchtung des Gruppen-Ichs mit dem astralischen Leib und wodurch erst das Mineral in seiner Vollständigkeit zustande kommt. [9] Eigentlich sind ja die Mineralien, die Erze, durchaus festgehaltene Prozesse. [10] (Siehe auch: Metalle).

Nicht das Pflanzenreich hat sich aus dem Gesteinreich entwickelt, sondern die Steine aus dem Pflanzenreich! Was Sie heute als Steinkohle herausgraben, ist ja nur eine Summe von versteinerten Pflanzen. Würden Sie noch weiter zurückgehen, so würden Sie sehen, daß auch die dichtesten Steine einst Pflanzen waren. Für den Seher stellt sich da folgendes heraus. Wenn Sie den Gneis untersuchen, so sagt Ihnen der Mineraloge, er besteht aus Feldspat, Hornblende und Glimmer. Was im Gneis als Feldspat sich findet, zeigt sich dem geistigen Auge noch klar als das Festgewordene der Pflanzen im Stengel und den grünen Blättern, woraus sich die Pflanze aufgebaut hat; und die Glimmeranlage hat etwas zu tun mit dem, was sich heute noch in den Kelchblättern und Blumenkronen der Pflanzen bildet. – Und so können wir von allen Mineralien sagen, wie sie sich von alten Pflanzen her gebildet haben. Denn Pflanzen waren es ja, die von dem Monde hergekommen sind, und erst in der flüssigen Erdmasse haben sie sich verdichtet. (Genau)so wie wenn Sie ein Gefäß mit Wasser vor sich haben und das Wasser anfängt, sich zu verfestigen, Eis zu bilden, haben sich da immer mehr feste Einschlüsse gebildet. [11]

Die Steinkohle ist heute ein Mineral, wir graben sie aus der Erde heraus. Was war sie auch nach naturwissenschaftlichen Begriffen früher? Große, mächtige Wälder. Wenn man das heute der Steinkohle gegenüber zugibt, wird man es auch nicht mehr gar zu lächerlich finden, wenn die Geisteswissenschaft darauf kommt, daß nun alles Gestein, das unsere Erde birgt, zuletzt aus der Pflanze entstanden ist. Alles Mineralische ist zunächst eine Verhärtung, dann eine Versteinerung des Pflanzlichen. [12] (Siehe auch: Geologie).

Zitate:

[1]  GA 105, Seite 54f   (Ausgabe 1983, 208 Seiten)
[2]  GA 208, Seite 140f   (Ausgabe 1981, 220 Seiten)
[3]  GA 208, Seite 145   (Ausgabe 1981, 220 Seiten)
[4]  GA 136, Seite 189f   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[5]  GA 10, Seite 166   (Ausgabe 1961, 232 Seiten)
[6]  GA 105, Seite 137   (Ausgabe 1983, 208 Seiten)
[7]  GA 95, Seite 45f   (Ausgabe 1978, 164 Seiten)
[8]  GA 136, Seite 198   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[9]  GA 136, Seite 202   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[10]  GA 319, Seite 70   (Ausgabe 1982, 256 Seiten)
[11]  GA 100, Seite 135   (Ausgabe 1981, 276 Seiten)
[12]  GA 60, Seite 166   (Ausgabe 1983, 496 Seiten)

Quellen:

GA 10:  Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (1904/1905)
GA 60:  Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins (1910/1911)
GA 95:  Vor dem Tore der Theosophie (1906)
GA 100:  Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis. Theosophie und Rosenkreuzertum – Das Johannes-Evangelium (1907)
GA 105:  Welt, Erde und Mensch, deren Wesen und Entwickelung sowie ihre Spiegelung in dem Zusammenhang zwischen ägyptischem Mythos und gegenwärtiger Kultur (1908)
GA 136:  Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen (1912)
GA 208:  Anthroposophie als Kosmosophie – Zweiter Teil:. Die Gestaltung des Menschen als Ergebnis kosmischer Wirkungen (1921)
GA 319:  Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin (1923/1924)